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Berlinale-Beitrag „Manodrome“Gesuchte Provokation

Frauenhassende Männer? Daraus will der Regisseur John Trengove im Wettbewerbsbeitrag „Manodrome“ großes Kino machen und bleibt in Klischees hängen.

Adrien Brody spielt in „Manodrome“ den Anführer der Männergruppe Foto: Wyatt Garfield

Ralphie (Jessie Eisenberg) fühlt sich unter Männern am wohlsten. Wann immer er sich einer Begegnung mit seiner Freundin Sal (Odessa Young) nicht gewachsen fühlt, flüchtet er in ein Fitnessstudio. In seiner Komfortzone fragen Männer im Vorbeigehen: „Alles in Ordnung, Kumpel?“, und er antwortet mit vagen Gesten der Zustimmung.

Die Fluchten werden häufiger: Seine Freundin ist schwanger. Ralphie hat sie überzeugt, das Kind auszutragen, zweifelt aber an sich, an der Beziehung und der Aussicht, Vater zu werden. Als er eine Frau in seinem Uber durch die Stadt fährt, beobachtet er sie verschämt im Rückspiegel, wie sie ihrem Kind die Brust gibt. Die Frau bemerkt seinen Blick, lässt ihn anhalten und verlässt schimpfend das Auto. Wieder geht Ralphie Hanteln stemmen.

Über Jason, einen Freund, mit dem zusammen er vor Kurzem einen Job verloren hat, lernt er „Manodrome“ kennen – eine sektenartige Gruppe Männer, die sich der „Gynosphäre“ entzieht. Die Männer bestärken sich gegenseitig darin, ihre Macht gegenüber ihren Partnerinnen zurückzugewinnen, und erzählen stolz von der Dauer ihrer sexuellen Enthaltsamkeit. Einige der Männer wohnen abgelegen außerhalb der Stadt bei Dan (Adrien Brody), dem Anführer der Gruppe.

Wut als einzige Emotion

John Trengoves Wettbewerbsbeitrag „Manodrome“ wäre gern das Psychogramm eines jungen Mannes geworden, der kurz vor dem Vaterwerden, im Moment der Krise, auf der Suche nach sich selbst ist. Der zweite Langfilm des südafrikanischen Regisseurs hätte einen jungen Mann zeigen können, der als einzige Emotion Wut kennt und für dieses Gefühl kein legitimes Ventil findet.

Trengove kombiniert diesen plumpen Versuch, Relevanz zu signalisieren, mit ausgeprägter inszenatorischer Einfallslosigkeit

Aber Trengove sieht sich nicht einmal in der Lage, Interesse an seinem Protagonisten zu simulieren. Stattdessen merkt man dem Film an, dass er die frauenhassenden Männlichkeitsfanatiker als Provokation setzen möchte. Deshalb verwendet Trengove den Gruppennamen als Titel, deshalb wird das Zeichen, das sich die Mitglieder der Gruppe in den Unterarm einbrennen, am Ende des Films bildfüllend aufgegriffen.

Trengove kombiniert diesen plumpen Versuch, Relevanz zu signalisieren, mit ausgeprägter inszenatorischer Einfallslosigkeit. Als Ralphies Vater erwähnt wird, schiebt Trengove pflichtschuldig eine Rückblende mit an Stock Footage gemahnenden Aufnahmen eines Kindes im Wald ein. Wenn der Film Dramatik evozieren will, erklingen auf der Tonspur Opernarien.

Hätte sich Trengove dafür entschieden, die Geschichte Ralphies als soziales Phänomen ernst zu nehmen und dessen Hilflosigkeit zu zeigen, statt mit klischeehaftem Bildern Empathie für dessen zunehmende Amokbereitschaft zu fordern, hätte ein sehenswerter Film über einen Mann im Ringen mit seinem Selbstbild, seiner Männlichkeit entstehen können.

„Manodrome“

20. 2. 10.00 Uhr, HdBF.

21. 2., 15.45 Uhr, Verti Music Hall

26.2., 18.00 Uhr, Berlinale Palast

„Manodrome“ ist Zombie-Arthousekino, das filmische Klischees wiederbelebt, die man auf Festivals bereits ausgestorben wähnte. Je beharrlicher Trengove seinen Film in die Sackgasse der Belanglosigkeit manövrierte, desto lauter wurde in der Pressevorführung das ­Lachen, vor allem der Frauen im Publikum. Nach dem Abspann bleibt als einzige Frage, warum Trengoves Film einen der Plätze im Wettbewerb verstopfen darf.

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