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Polizei räumt HeidebogenAbgerissene Baumhäuser

Seit anderthalb Jahren besetzen Aktivist:in­nen den Wald Heibo bei Dresden, der dem Kiesabbau weichen soll. Nun hat die Polizei die Räumung begonnen.

Hoch hinaus: Mit einer Hebebühne räumen Po­li­zis­t:in­nen ein Baumhaus im besetzten Heidebogen Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Dresden taz | Die Polizei hat am Mittwoch mit der Räumung des Protestcamps im Heidebogen, kurz Heibo, nördlich von Dresden begonnen. Seit anderthalb Jahren besetzen Ak­ti­vis­t:in­nen das Waldstück in der Laußnitzer Heide, um die geplante Erweiterung eines Kiestagebaus und die damit verbundene Rodung der Bäume zu verhindern.

„Aktuell sind unsere Höheninterventionsteams im Einsatz, um den Wald zu beräumen. Wir fordern die Personen im Wald weiter dazu auf, diesen zu verlassen“, teilte die Polizei Sachsen am Mittwochmorgen auf Twitter mit. Wenige Stunden zuvor hatte die sächsische Versammlungsbehörde den Protest im Heibo „aufgrund nicht eingehaltener Auflagen“ aufgelöst. Die Be­set­ze­r:in­nen schrieben in ihrem Telegram-Kanal: „Tag X ist da! Lasst uns die Räumung zum Desaster machen!“

Wie viele Menschen den „Heibo“ besetzen, wollen die Na­tur­schüt­ze­r:in­nen für sich behalten. Die Polizei Sachsen geht von 50 bis 60 Menschen aus, etwa 25 davon hätten sich in Baumhäusern oder auf Tripods verschanzt – das sind mehrere Meter hohe Holzkonstruktionen auf drei Pfeilern. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot von rund 1.000 Beamt:innen, einer Reiterstaffel und einem Hubschrauber im Einsatz.

In Videos auf Twitter ist zu sehen, wie Po­li­zis­t:in­nen Baumhäuser abreißen und Ak­ti­vis­t:in­nen mithilfe eines Krans aus Tripods holen. Eine Sprecherin der Polizeidirektion Görlitz sagte der taz, bisher sei eine Person in Gewahrsam genommen, weil sie Widerstand gegen Vollzugsbeamte geleistet habe und ihren Namen nicht sagen wolle.

Kiesabbau ist genehmigt

Das sächsische Kieswerk Ottendorf-Okrilla (KBO) besitzt eine Genehmigung, seine Abbauflächen von Kies in dem Gebiet zu vergrößern. Die erhöhte Nachfrage nach Kies ist auf den Bauboom in den Städten zurückzuführen. Nach Angaben des sächsischen Umweltministeriums sollen 2023 7,5 Hektar Wald gerodet werden, bis Ende 2026 insgesamt 25 Hektar – das entspricht einer Fläche von 35 Fußballfeldern.

Zudem plant das Kieswerk KBO den Abbau eines weiteren, 135 Hektar großen Gebietes. Das Genehmigungsverfahren dafür läuft noch. Die Entscheidung trifft das sächsische Oberbergamt, das dem SPD-geführten Wirtschaftsministerium unterstellt ist.

Die Ak­ti­vis­t:in­nen haben alles da, was sie brauchen Foto: Lausitz News/imago

Unterstützt werden die Be­set­ze­r:in­nen unter anderem von der Bürgerinitiative „Contra Kies“, Umweltverbänden wie BUND und Nabu, der Linken und den Jugendorganisationen von SPD und Grünen. Die Naturschützer:in­nen argumentieren, dass in Zeiten der Klimakrise kein weiterer Wald weichen dürfe, da Wälder schädliches Kohlendioxid binden.

Darüber hinaus würde die Erweiterung der Kiesgrube zahlreiche Tierarten sowie die nahe gelegenen Moore bedrohen, die durch den Kiesabbau austrocknen könnten. „Die Waldmoore sind aus naturschutzfachlicher Sicht besonders wertvoll aufgrund ihrer CO2- und wasserspeichernden Funktion und als Lebensraum für besonders seltene waldmoortypische Tier- und Pflanzenarten“, teilte der Nabu Sachsen mit.

Abbau vor Ort soll besser sein als Kiesimporte

Sachsens grün geführtes Umwelt- und SPD-geführtes Wirtschaftsministerium widersprechen den Sorgen der Na­tur­schüt­ze­r:in­nen weitgehend und verweisen auf einen Kompromiss mit dem Kieswerk KBO, wonach bei der Grabung mindestens ein Meter Abstand zum Grundwasser gehalten und die Kiesgrube am Ende mit bergeigenen Materialien statt mit Bauschutt befüllt werden soll. Das Wirtschaftsministerium argumentiert, es sei besser, Kies in Sachsen abzubauen, statt aus dem Ausland zu importieren.

Beide Ministerien betonen, dass der Kiesabbau und die damit verbundene Rodung nicht zu stoppen seien, weil das Unternehmen KBO die Genehmigung für die Erweiterung der Kiesgrube besitze. Auch der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volkmar Zschocke, verweist gegenüber der taz auf die Rechtslage, betont aber „für die künftigen Planfeststellungsverfahren muss geklärt werden, ob Kiesabbau und Moorschutz überhaupt vereinbar sind“.

Die Landessprecherin der Grünen Jugend Sachsen, Ella Hanewald, überzeugt das nicht: „Die heutige Situation beweist erneut, dass Kapitalinteressen, geschützt durch veraltetes Bergrecht und andere nicht mehr zeitgemäße juristische Rahmenbedingungen, das Ziel eines bewohnbaren Planeten für alle unmöglich macht!“ Der klimaschutzpolitische Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Marco Böhme, fordert ein Räumungsmoratorium: „Es ist überfällig, die Zweifel an der Umweltverträglichkeit des Vorhabens ordentlich und unternehmensunabhängig aufzuarbeiten.“

Anfang Februar hatten die Wald­be­set­ze­r:in­nen versucht, juristisch gegen die Räumung vorzugehen, doch das Dresdner Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag ab. Fest steht, dass der Freistaat das Waldstück bis Ende Februar gerodet haben muss. Denn laut Naturschutzgesetz dürfen zwischen dem 1. März und 30. September wegen des Brutschutzes keine Bäume und Büsche gefällt werden.

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3 Kommentare

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  • Ein Frevel, diesen Wald zu roden!

    Solidarische Grüße vom "Fecher".



    Hier wurde geräumt, hier wird gerodet und eine Autobahn gebaut und es ist wirklich fürchterlich, diese Zerstörung erleben zu müssen.

  • Schade um den Wald und die Bäume, sowie die Tiere. Aber wir brauchen den Kies für neue Autobahnen, für Start- und Landepisten, für neue Eigenheime,, ... und das Investment.



    Geld kann man essen, ganz sicher.

    • @Manzdi:

      Auch die Schottergärten müssen ja erweitert werden:-/