Islamistische Anschläge in Pakistan: Immer wieder Terror

Die Zahl der beim Attentat in Peschawar Getöteten ist auf über 100 gestiegen. Die Anschläge nehmen zu, vor allem durch den Taliban-Ableger TTP.

Eine Menschenmenge um einen Sarg herum

Trauer im pakistanischen Peschawar: Bei einem Anschlag auf eine Moschee starben mindestens 100 Menschen Foto: Muhammad Sajjad/ap

MUMBAI taz | In Pakistan beginnt das Jahr 2023 mit einer Tragödie: Ein Selbstmordattentat auf eine Moschee in der nordwestlichen Stadt Peschawar hatte am 30. Januar mindestens 100 Menschenleben gefordert und ist damit einer der tödlichsten Anschläge in dem Land seit Jahren. Die pakistanischen Taliban, bekannt als Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), reklamierten die Tat in einer vor allem von Polizisten besuchten Moschee zunächst für sich, bevor sie diese Darstellung wieder zurückzogen.

Laut Augenzeugen sollen während des Nachmittagsgebets Sprengstoffwesten gezündet worden seien. Nicht nur die Intensität der Explosion, die das Gebäude halb weggesprengte, ist besorgniserregend. Das Attentat fand in einer Hochsicherheitszone statt und ist somit ein Indikator dafür, dass die Militanz von islamistischen Gruppen im Land wieder zunimmt. Erst Mitte Januar wurden, ebenfalls in der Millionenstadt Peschawar, die etwa 50 Kilometer von der Grenze zu Afghanistan entfernt liegt, mehrere Polizisten durch Handgranaten und Scharfschützen in der Station Sarband getötet.

Auch dieses Attentat reklamierte die TTP für sich. Die Terrororganisation ist sowohl in Pakistan als auch in Afghanistan aktiv und bekam in der Vergangenheit Zulauf von anderen radikalen Gruppierungen. Im Mai gab es noch Hoffnung auf Frieden, nachdem der hochrangige General der pakistanischen Armee Faiz Hameed Gespräche mit den lokalen Taliban führte und im Juni mit der Regierung eine vereinbarte Waffenruhe aufgekündigt wurde. Doch seit November habe die TTP ihre Angriffe verstärkt und Kämpfer angewiesen, Anschläge zu verüben, berichtete die pakistanische Zeitung Dawn.

Die beiden im Januar begangenen Anschläge sind mutmaßlich Vergeltungsschläge für den Tod des TTP-Gründungsmitglieds Omar Khalid Khorasani im August 2022. Laut Medienberichten sei der Anschlag vom Montag der vierte einer Reihe.

Verschiebung des Kräfteverhältnisses

Die Rückkehr der Taliban an die Macht in Afghanistan habe das Kräfteverhältnis zwischen der pakistanischen Regierung und der TTP, der größten staatsfeindlichen und militanten Gruppe des Landes, verschoben, warnt der Terrorismusforscher Abdul Sayed. „Obwohl pakistanische Militäraktionen, der US-Drohnenkrieg und Fraktionskämpfe zum Niedergang der TTP von 2014 bis 2018 führten, erlebt die militante Gruppe einen Wiederaufstieg“, so Sayed. Er bezeichnet sie als „Nebenprodukt der Dschihad-Politik von al-Qaida in Afghanistan und Pakistan nach dem 11. September“.

Eigentlich untersage die TTP Anschläge auf Moscheen und öffentliche Plätze, erklärte er auf Twitter. Auch die afghanischen Taliban verurteilten den Selbstmordanschlag auf Gläubige als „Akt gegen den Islam“.

Der pakistanische Premierminister Shahbaz Sharif bekundete den Angehörigen sein Beileid und rief am Dienstag zu Zusammenhalt auf: Mit ihren verabscheuungswürdigen Aktionen wollten die Terroristen Angst und Panik unter den Massen verbreiten. „Meine Botschaft an alle politischen Kräfte ist die Einigkeit gegen antipakistanische Elemente“, so Sharif. Seine Regierung befindet sich eigentlich gerade in Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über einen 7-Milliarden-Dollar-Kredit für das wirtschaftliche gebeutelte Land.

Auch im Parlament drehte sich die Diskussion um die Terrorgruppe TTP. Senator Raza Rabbani forderte eine Untersuchung der Vorgängerregierung, denn ihre Rehabilitationspolitik gegenüber der TTP sei Grundlage für die derzeitige Situation. Viele erinnerte die Tat an einen Anschlag der ebenfalls in Pakistan aktiven Terrororganisation Islamischer Staat auf eine schiitische Moschee in Peschawar im vergangenen Jahr mit 63 Toten. „Peschawar blutet wieder einmal“, sagte der ehemalige Senator Afrasiab Khattak.

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