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Klimakrise im Berliner WahlkampfGefangen in der Klimahölle

Bei einer Podiumsdiskussion von Fridays for Future üben sich CDU und FDP im Greenwashing. Dabei kommen spannende Thesen ans Licht.

„Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“ – CDU und FDP sehen das anders Foto: dpa | Annette Riedl

Berlin taz | In die „Klimahölle“ sei Thomas Heilmann (CDU) geworfen worden, scherzte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Angenehm jedenfalls kann der Montagabend für ihn und Maren Jasper-Winter (FDP) nicht gewesen sein. Vor über 600 klimabewegten Studierenden im vollgepackten Audimax der Technischen Universität mussten sie erklären, warum es tatsächlich eine gute Sache für das Klima sei, ihre Parteien zu wählen – obwohl diese etwa für Autobahnausbauten und gegen Tempolimits sind.

Immerhin lockerten diese Bemühungen, die Quadratur des Kreises zu meistern, die Podiumsdiskussion von Fridays for Future zur Berlinwahl entschieden auf. Erschienen waren noch Bettina Jarasch (Grüne), Katina Schubert (Linke), Helmut Kleebank (SPD) und Klimaaktivistin Neubauer. Gestritten wurde sich um Mobilität und bezahlbares Wohnen – ausgetauscht wurden dabei aber vor allem längst bekannte Argumente.

Spannend wurde es, als Heilmann die scharfe These aufstellte, die entschiedene Bekämpfung der Klimakrise „mit der Brechstange“ riskiere eine Polarisierung der Gesellschaft und schaffe so rechte Demagogen wie Donald Trump. Als würde die klare Kommunikation, dass sich an der fossilen Lebensweise etwas ändern muss, zu Klimawandelleugnung führen – und nicht etwa, wie die CDU es tut, Begriffe wie „Klimaautobahn“ zu verwenden, die den Klimaschutz bis ins Unkenntliche verdrehen.

Klimastreik am 10.02.

Ebenfalls erhellend: Die Problemanalyse von Jasper-Winter, dass Klimaschutz auch an jungen Menschen scheitere, die keine Ausbildung in umwelttechnischen Berufen machen. „Wir brauchen junge Menschen, die von der Straße bei Fridays for Future heraus auf den Dächern die Klimapolitik umsetzen“, sagte sie – und meinte damit etwa das Montieren von Solarpaneelen.

Da konnte Neubauer nur der Kragen platzen. „Die FDP hat nichts dazu beigetragen, auch nur einen einzigen jungen Menschen für Klimaschutz zu begeistern“, warf sie Jasper-Winter an den Kopf. Schon zuvor hatte sie Heilmann attackiert: „Es ist Ihre Aufgabe, den Leuten die ökologische Realität zu erklären!“

Nun war erwartbar, dass CDU und FDP bei einer Veranstaltung von Fridays for Future keinen Blumentopf gewinnen. Das Rumgedruckse zeigt aber erneut, wie schlecht diese Parteien die Leerstellen beim Klimaschutz vertuschen können. Zu Recht zog Neubauer deshalb den Schluss: „Wählen ist wichtig, aber ohne den Druck von der Straße wird es keinen politischen Willen für Klimaschutz geben“ – womit sie zum Berliner Klimastreik am kommenden Freitag aufrief.

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9 Kommentare

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  • Ein bisschen mehr praktische Erdung würde der Klimabewegung gut tun. Denn welcher Normalverdiener kann als Hausbesitzer mal eben 30.000 Euro für eine Wärmepumpe bezahlen, die laut der Gesetzgebung von Habeck eine alte Öl- oder Gasheizung ersetzten soll? Auch mit staatlicher Förderung kaum finanzierbar.



    Was machen Besitzer schlechter gedämmter Wohnungen und Häuser, bei denen die Wärmepumpe (braucht zu viel Strom ohne Sanierung des Hauses) keinen Sinn macht? Habecks Klimapolitik bei Heizungen mag auf dem Prenzlauer Berg gut funktionieren, aber Normalverdiener in alten sanierungsbedürftigen Häusern und Wohnungen lässt diese Politik im Stich.

    • @Lindenberg:

      Ach jetzt muss die Jugend und Klimabewegung auch die soziale fragen klären, ja interessant für was waren nochmal unsere Politiker angetreten? Achso, stimmt ja die Koffer der Lobbyisten zu empfangen...

    • @Lindenberg:

      Nicht die Klimabewegung wurde gewählt, Lösungen für ein lange bekanntes Problem zu finden. Sondern die Politiker. Ein Tempolimit würde mehr einsparen als durch die von FDP und CDU beschworenen technischen Lösungen finanzierbar ist, und diese Finanzierung müssten auch die von Ihnen genannten Normalverdiener finanzieren. So lange Mallorca noch so voll mit deutschen Touristen ist glaube ich auch nicht an die Armut der Normalverdiener. Das Leute mit niedrigem Einkommen unterstützt werden müssen, ist von Anfang an eine zentrale Forderung der Klimabewegung. Dazu wurden einfache und praktikable Vorschläge gemacht, doch die haben etwas mit Umverteilung zu tun, mit Subventionsabbau etc. Und das nagt zu sehr an dem Wohlstand den die CDU, FDP und auch die SPD so gerne schützen. Eine Wärmepumpe ist billig im Vergleich zum SUV, schauen Sie auf die Straßen und sie sehen welches Potential da ist.

    • @Lindenberg:

      Ja, die Klimabewegung müsste sich auch noch mit der Sozialen Frage beschäftigen. Insgesamt haben zu viele Leute zu viele finanzielle Sorgen, um sich über "größere Probleme" wie Klima-, Arten- oder allgemein Umweltschutz überhaupt Gedanken machen zu können.

      Ökologische und Soziale Frage müssen zusammen gedacht werden, sonst werden wir mit beiden nicht fertig.

      Spätestens wenn es wieder um ARBEITSPLÄTZE

      • @Eric Manneschmidt:

        Warum sollte es Aufgabe der Klimabewegten sein ein Komplettpaket anzubieten das nicht nur die Eskalation der Klimakatastrophe verhindert sondern so ganz nebenbei auch noch die soziale Frage löst? Die Klimakatastrophe ist kein Partikularinteresse das nur ein paar jugendliche Ökos interessieren sollte, sie wurde von der gesamten Gesellschaft verursacht und bedroht auch die gesamte Gesellschaft, aber eben diese Gesellschaft will nun von ein paar Aktiven 'überzeugt' werden zu tun was für den eigenen Fortbestand notwendig wäre.

        • @Ingo Bernable:

          die Frage ist halt, ob man in der Sache was erreichen will...

      • @Eric Manneschmidt:

        ...geht - das übliche Totschlagargument gegen jede Bemühung der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen - ist die Diskussion wieder mal zuungunsten der Klimaschützer entschieden.

        • @Eric Manneschmidt:

          Das Problem an diesem "Totschlagargument" ist eben das es wahr ist und zwar in doppelter Hinsicht.

          • @Ingo Bernable:

            Ja, natürlich. Heute sind Arbeitsplätze wichtiger als Menschenleben oder die Bewahrung der Lebensgrundlagen.



            Das ist allerdings nicht naturgegeben oder gottgewollt, sondern menschengemacht. Daher können wir es auch ändern.