piwik no script img

Ausbau der Erneuerbaren EnergienZu wenig neue Windräder

Die Erneuerbaren-Branche warnt: Für das nötige Tempo beim Windkraft-Ausbau muss es mehr und schnellere Genehmigungen für Windräder geben.

Davon muss es in Deutschland wesentlich mehr geben: Windpark bei Nauen in Brandenburg Foto: Paul Langrock

Freiburg taz | Deutschland hat im vergangenen Jahr nicht annähernd genug Windräder gebaut. An Land gingen 551 neue Windräder mit einer Leistung von insgesamt 2,4 Gigawatt ans Netz. Im Vergleich zum Vorjahr ist das immerhin eine Steigerung um ein Viertel. Der Wert schrumpft aber noch etwas, wenn man die Leistung der 246 stillgelegten Altanlagen abzieht. Dann bleibt ein Zubau von 2,1 Gigawatt.

Das ergibt eine Auswertung des Beratungsunternehmens Deutschen Windguard. Auftraggeber waren der Bundesverband Windenergie sowie der Maschinenbauverband VDMA Power Systems, die die Ergebnisse am Mittwoch vorstellten.

Die Branche warnt: Das geht nicht schnell genug. Die Aussichten auf das angebrochene Jahr zeichnet sie düster. Das politisch gesetzte Ziel von 4,5 Gigawatt Zubau für 2023 werde wohl nicht erreicht, sagte Knud Rehfeldt von der Deutschen Windguard. Die Prognose liege derzeit bei 2,7 bis 3,2 Gigawatt.

Ein Grund für die Lücke sind fehlende Projekte. Bei den Ausschreibungen, über die die Bundesregierung staatliche Vergütungen für Ökostrom verteilt, sank das Interesse im vergangenen Jahr immer weiter. In der letzten Runde von Dezember wurde das angebotene Volumen sogar nur noch zu 31 Prozent ausgeschöpft.

Zu wenig Genehmigungen

Im Jahr 2023 will die Bundesregierung nun gegensteuern, indem sie das Vergütungsniveau bei den Ausschreibungen um 25 Prozent anhebt und zugleich mit einer Rekordmenge von 12,84 Gigawatt in die Ausschreibungen geht. Dass diese Mengen erreicht werden, glaubt in der Branche niemand. Ihr geht es nicht nur um höhere Vergütungen. Es fehlt auch an Genehmigungen für Windräder, für die man sich in den Ausschreibungen um Vergütung bewerben könnte.

Die Ziele der Bundesregierung wirken angesichts dessen kaum erreichbar. Im Jahr 2030 soll die Windkraft in Deutschland eine installierte Kapazität von 145 Gigawatt erreichen, 115 Gigawatt davon an Land, eine Verdopplung des aktuellen Niveaus. Binnen acht Jahren müssten an Land jährlich Windräder mit einer Gesamtleistung von rund 7 Gigawatt gebaut werden. Hinzu kommt noch der Ersatz von zwischendurch stillgelegten Altanlagen.

Erschwert werden diese Ziele noch durch steigende Rohstoffpreise, das Ende der Nullzinsphase und einen Mangel an qualifizierten Mitarbeitern „in substanziellem Maße“, wie es in der Windbranche heißt.

Auch die Logistik wird immer komplexer. Die Neuanlagen an Land erreichen inzwischen eine mittlere Leistung von 4,4 Megawatt und einen Rotordurchmesser von 137 Metern. Entsprechend aufwendig sind die Transportgenehmigungen. Hier wünsche man sich Erleichterungen, sagte Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer des Maschinenbauverbandes VDMA Power Systems. Auch findet der VDMA, die Zertifizierungswerte für die Türme seien überzogen.

Positiv wirkt sich unterdessen der aktuell hohe Strompreis aus. Das ist allerdings besonders für die Altanlagen wichtig, die keine garantierte Vergütung mehr erhalten. Zum Jahresende waren nach Zahlen der Branche fast 6.000 Anlagen noch in Betrieb, obwohl diese aufgrund ihres Alters aus den Vergütungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gefallen sind.

Damit läuft fast ein Zehntel der Windräder an Land inzwischen ganz ohne staatliche Förderung. Ende 2025 wird sich der Wert fast verdreifachen. Ihr Weiterbetrieb wird primär davon abhängen, wie sich der Strompreis im Großhandel entwickelt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Bei Windkraftanlagen gilt ja gerne das St. Floriansprinzip.



    Viele BundesbürgerInnen halten regenerative Energien für gut. Die Windkraftanlagen sollen , " aber bitte außerhalb des eigenen Lebensraums" stehen.



    So können BürgerInnen, die ja letztlich auch PolitikerInnen sind, die Aufstellung über Jahre verschleppen. Vor meiner Haustür "funktioniert" diese Taktik seit 15 Jahren.



    Hierzu sei gesagt, dass der schwarz- grüne Filz hier deutlich zum Misserfolg beiträgt.



    Die Zusammenarbeit von CDU und Grünen, in Gemeinde und Kreis, die diesbezüglich seit Jahren bremst, kann ich mir im Bundesland NRW leider auch nicht als Verbesserung vorstellen.



    Ich hoffe, dass die Grünen aus der Imagemisere Lützerath die Lehre ziehen, dass es an der Zeit ist, "konservative politische Ausflüge" zu beenden und weiterhin mit Parteien zusammen zu arbeiten, die an echtem Wandel interssiert sind.



    Nachweislich ist das die SPD.



    Auch wenn KritikerInnen gerne nur die Grünen hier als Akteure sehen wollen, sprechen die Tatsachen eine andere Sprache. Mit rot grün war NRW und damals auch der Bund Motor für regenerative Energien.



    Die CDU hat, in Land und Bund, mit Schützenhilfe der FDP, Vieles ausgebremst. Die Herabsetzung der Einspeiseverordnung war letztlich der Todesstoß für die damals führende deutsche Photovoltaik Industrie.



    Ich hoffe, die Grünen finden zurück zu Ihren Wurzeln, inhaltlich, wie politisch.



    Eine nur noch olivgrüne Partei mit Klientelpolitik für die CDU, ist für mich nicht mehr wählbar.

  • 4G
    43354 (Profil gelöscht)

    Der Markt, besonders für deutsche Hersteller, ist extrem angespannt und schwierig. Massenentlassungen, Werksschließungen, Streiks und ruinöse Preiskämpfe aufgrund der Ausschreibungsregeln geben keinen Anlass zu Euphorie. Es kann sein, dass in Zukunft eine ähnliche Situation wie bei PV entsteht: Gegen die Importe und Abhängigkeiten aus China mit den hiesigen Energie- und Herstellkosten, Materialengpässen und Werkstoffpreisen anzukämpfen wird sehr schwer werden. Hinzu kommt, dass dadurch die Technologie, also Maschinenbau, E-Technik und Speichertechnik (insbesondere organisch), nicht unbedingt frei wählbar sein wird. Da werden noch viele Milliarden verwummst werden, auch um die Firmen hier zu halten. Gut, dass wir so versierte Minister an den Schaltstellen haben!!

  • Lebensqualität und Umweltschutz second, würde Herr Lindner wohl.

  • Wird schon. Wir haben doch jetzt nach Scholz´scher Definition die "Neue Deutsche Geschwindigkeit". ;-)

  • Wir können nicht das ganze Land mit Windrädern zupflastern.



    Alternativen sind der stärkere Ausbau von Biogas-Anlagen, SPEICHER für überschüssige Energie und GEOTHERMIE. Letzteres birgt ein Riesenpotenzial und ist langfristig die ökologischste Lösung für den Energiebedarf.



    Im Raum München wird Geothermie schon lange genutzt. Dies ist aber anderenorts auch möglich, nur kostenmäßig noch nicht wirklich rentabel. Aber was ist schon rentabel? Atomkraft etwa? Klar, wenn man die Gefahren und die hohen Kosten der Endlagerung einfach aus der Rechnung streicht, dann schon.

    • @Herry Kane:

      Mehr Biogasanlagen bitte nicht. Die dazugehörigen Maisfelder und deren immenser Wasserbedarf zerstören die Umwelt und fördern Monokulturen.

  • Heute noch gehört, dass an Stelle eines naturschutzfreundlichen Repowerings gerne ineffiziente Altanlagen am Netz gehalten werden (Man kann die Genehmigungen wohl 2* um 5 Jahre verlängern), weil diese gerade genügend Ertrag für die Betreiber abwerfen. Da laufen manchmal doch eine Menge Dinge schief.