Showdown beim HSV: Endspiel für den Präsidenten
Sportlich läuft es beim Hamburger SV. Aber auf der bevorstehenden Mitgliederversammlung gibt es zwei Abwahlanträge gegen Präsident Jansen.
Aber dann gibt es doch wieder ein paar Themen abseits des grünen Rasens, die die Vorfreude trüben. Zum einen den nicht geklärten Dopingfall um den im Augenblick gesperrten Verteidiger Mario Vusković, für den kurzfristig Noah Katterbach aus Köln ausgeliehen wurde. Und eine Woche bevor der Ball wieder rollt, wartet am kommenden Samstag eine Mitgliederversammlung, auf der über die Zukunft von Klubpräsident Marcell Jansen entschieden wird.
Außerdem geht es um die Weichenstellung für die nächste große Strukturreform der Profiabteilung nach der Ausgliederung 2014. Im Hintergrund spielt auch das Verhältnis zu dem Mann eine Rolle, an dem sich wie eh und je die HSV-Geister scheiden: Investor und Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne.
Der hat den Klub Ende des vergangenen Jahres aus einer misslichen Situation befreit. Vor zwei Jahren hatte der HSV für den Verkauf des Stadiongrundstücks von der Stadt 23,5 Millionen Euro erhalten, das ihm dieselbe Stadt einst für eine Mark verkauft hatte. Die Millionen sollte der HSV nun in die Sanierung des Stadions stecken, um dieses für die fünf dort geplanten Spiele bei der Fußball-Europameisterschaft 2024 funktionsfähig zu machen. Tatsächlich sind bislang allerdings nur knapp zehn Millionen Euro in einen ersten Bauabschnitt geflossen – der Rest wurde verwendet, um die während der Coronapandemie neu gerissenen Lücken im laufenden Etat zu schließen.
Drohende Blamage für die Sportstadt Hamburg
Da dann auch noch infolge des Ukraine-Krieges die Baukosten gestiegen sind, fehlten zuletzt etwa 20 Millionen Euro für die Erneuerung der Dachmembran sowie der Sanitäranlagen. Ein Finanzierungsangebot des Trikotsponsors Hanse-Merkur wurde nicht wirksam, weil die Stadt nicht bereit war, die dafür geforderte Bürgschaft zu leisten. Die Europameisterschaft schien zu wackeln, der Sportstadt Hamburg drohte eine erneute Blamage.
Dann vor vier Wochen die Entwarnung: „Finanzierung der Baumaßnahmen im Volksparkstadion steht“, gab der HSV auf seiner Website bekannt. Die Kühne-Holding und weitere Darlehensgeber, die ungenannt blieben, würden Millionenbeträge zur Verfügung stellen. Laut Presseberichten soll es sich um 20 Millionen Euro handeln – und die Hälfte davon von Kühne stammen. Der verlangt keine Bürgschaft, allerdings soll ihm in Aussicht gestellt worden sein, das Darlehen zukünftig in weitere Anteile am HSV Fußball umzuwandeln zu können.
Im Sommer hatte Kühne ein 120-Millionen Euro-Angebot unter anderem mit dem Ansinnen verbunden, seine Anteile an der HSV AG von aktuell 15,21 auf 39,9 Prozent erhöhen zu können. Dies hatte Präsident Marcell Jansen mit Verweis auf die Satzung, die das Fremdkapital auf die bereits vergebenen 24,9 Prozent begrenzt, abgeblockt.
Investor Klaus-Michael Kühne über Präsident Jansen
Der damalige Vorstandschef Thomas Wüstefeld versuchte stattdessen vergeblich, eine Finanzierungslösung ohne Kühne auf die Beine zu stellen. Am Ende musste Wüstefeld gehen, nicht nur weil er statt der Finanzierung der Stadionsanierung mit einem Hunderte Millionen schweren Wolkenkuckucksheim namens „HSV-Park“ um die Ecke kam. Auch wegen seines privaten Geschäftsgebarens und möglicher Interessenkonflikte stand er in der Kritik. Am Ende schien nicht mal mehr der von Wüstefeld geführte Doktortitel über alle Zweifel erhaben.
„Für das personelle Hickhack ist er verantwortlich, was sich auf den Verein negativ auswirkt“, sagte Kühne im November über Jansen. „Ich wünsche mir neue Leute, die von außen kommen. Wir brauchen einen Neubeginn.“
Neuer Vorstand, neues Klima
Der neue Finanzvorstand Huwer kommt zwar nicht von außen, scheint aber ein neues Klima in die Verhandlungen mit Kühne gebracht zu haben. Der machtbewusste Investor verzichtete bislang auf weitere öffentliche Einmischungen, obwohl auch Huwer ihm keine Erhöhung seiner Anteile garantieren kann. Dafür wäre eine Änderung der Rechtsform der Kapitalgesellschaft von einer AG hin zu einer GmbH & Co. KGaA nötig.
In dieser bei sieben Bundesligisten vorhandenen Struktur hat ein Klub die Möglichkeit, mehr als die laut der im deutschen Profifußball geltenden „50+1-Regel“ auf 49,9 Prozent begrenzten Anteile zu verkaufen, ohne dadurch die Kontrolle über den Verein zu verlieren.
Seit Mai prüft eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz des Vizepräsidenten Michael Papenfuß die Möglichkeiten einer solchen Strukturreform. Auf der Mitgliederversammlung will diese über Vor- und Nachteile beider Rechtsformen informieren und ein Stimmungsbild einholen. Eins ist von vornherein klar: Die Rechtsform kann eine künftige Mitgliederversammlung nur mit einer Zweidrittelmehrheit verändern. Nach den enttäuschenden Erfahrungen mit der 2014 euphorisch begrüßten Ausgliederung der Profiabteilung kann so ein Ergebnis alles andere als gesichert gelten.
„Grob fahrlässige Verletzung von Kontrollpflichten“
Ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit ist für eine Entscheidung erforderlich, die Samstag an Ort und Stelle getroffen wird: Zwei Anträge fordern die Abwahl von Präsident Jansen. Ihm wird unter anderem in Bezug auf Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld „Auswahlversagen“ und eine „grob fahrlässige Verletzung von Kontrollpflichten“ sowie ein „zerrüttetes Verhältnis“ zu Sportvorstand Jonas Boldt vorgeworfen, dessen Vertrag gerade erst verlängert wurde.
Eine Abwahl Jansens dürfte Kühne als günstiges Zeichen in Richtung seiner Investitionspläne deuten, die er ja schon mal mit 120 Millionen Euro beziffert hatte.
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