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Datenschutz in der EUZeit für Radikales

Facebook-Mutter Meta muss ein Millionenbußgeld zahlen – und beim Datenschutz nachbessern. Und der Gesetzgeber? Sollte ihm nicht bloß zusehen.

Zuckerberg mal kurz aufgeschreckt. Aber das reicht nicht Foto: Bloomberg via getty

390 Millionen Euro Bußgeld sind eine ordentliche Summe. Zwar rechnet ein internationaler Konzern wie Meta sonst eher in Milliarden-Größenordnungen, zumindest, was die Umsätze angeht. Dennoch schmerzt es die Facebook- und Instagram-Mutter offenbar, dass sie jetzt 390 Millionen zahlen soll für das – nicht einmal sonderlich kreative – Umschiffen von Datenschutz-Vorschriften. Meta hat nach dem Bußgeldbescheid der irischen Aufsichtsbehörde umgehend angekündigt, dagegen vorzugehen. Das dürfte aber nicht nur am Geld liegen. Denn die Entscheidung verlangt Meta noch mehr ab: Drei Monate gibt die irische Behörde dem Konzern nun Zeit, seine Datenverarbeitung rechtskonform zu gestalten.

Nun kann man Meta dabei zusehen, wie sie das tun. Kann Wetten abschließen, was sie daraus machen. Doch dabei zeigt sich: Eigentlich muss sich etwas Grundsätzliches ändern. Denn wie alle wissen – Datenschutz hat ein Durchsetzungsproblem. Oder gleich ein paar Dutzend.

Denn um die EU-Vorschriften umzusetzen, die Nut­ze­r:in­nen und ihre persönlichen Daten schützen sollen, hat jeder EU-Staat seine eigene Aufsichtsbehörde – einer hat sogar eine ganze Reihe, hallo Deutschland, genau du darfst dich hier gemeint fühlen. Diese Behörden sind ressourcenmäßig höchstens mittelgut aufgestellt und verstehen sich teilweise eher als Behörde für Wirtschaftsförderung denn als Datenschutzaufsicht.

Datenschutz hat aber auch ein Verständnisproblem. Wenn etwa ausufernde Debatten da-rüber möglich sind, was nun ein „berechtigtes Interesse“ zum Datensammeln ist – dann mag das zwar legislativ durchdacht und abgewogen sein. Aber es ist nicht mehr zeitgemäß in einer Welt, in der Konzerne halbe Rechtsabteilungen in den Austausch mit Behörden schicken und Verfahren fast beliebig verzögern können. In einer Welt, in der die Entwicklung von neuen Diensten und Algorithmen die Gesetzgebung permanent überrundet. Hase und Igel hatten ein faires Wettrennen dagegen.

Ein Verbot wäre zeitgemäß

Hilfreich wäre eine klare, radikale Vorgabe: Personalisierte Werbung? Nicht erlaubt. Dann könnte es zwar weiterhin Online-Werbung geben, nicht aber beruhend auf Persönlichkeitsprofilen – schließlich geht es bei Fernseh- und Plakatwerbung auch ohne. Komplett unrealistisch wäre ein Personalisierungs-Verbot übrigens nicht: Derartiges wurde im Zuge der jüngsten EU-Plattformregulierungen durchaus diskutiert – schaffte es aber nicht ins Gesetz. Warum? Zu viel Widerstand aus der Wirtschaft und von den ihr nahestehenden Politiker:innen.

Denn klar: Ein solches Verbot ginge an die Substanz des Geschäftsmodells vieler Unternehmen. Dabei wäre es auch in Sachen Nachhaltigkeit von Vorteil. Schließlich ist das digitale Datensammeln, der Verkauf, die Echtzeit-Versteigerung von Werbeplätzen ein Verfahren, das Ressourcen frisst, Strom und Hardware benötigt. Und das Menschen zu einem unökologischen Verhalten bringen soll: mehr zu konsumieren. Dinge, die sie oft genug nicht brauchen, von denen sie mitunter nicht einmal wussten, bevor die möglichst passgenaue Werbung vor ihnen aufblinkte. In Zeiten von Überkonsum, Ressourcenknappheit und Klima­krise ist das anachronistisch.

Der Haken: Auch mit einem Verbot personalisierter Werbung wäre Tracking noch nicht völlig aus der Welt. Schließlich ist es auch Basis etwa für Beiträge, die Nut­ze­r:in­nen in Online-Netzwerken ausgespielt bekommen. Hier würde nur ein konsequentes Tracking-Verbot helfen. Gerne könnten alle Anbieter von Diensten und Webseiten weiterhin Statistiken führen – und beispielsweise zählen, wie viele Nut­ze­r:in­nen bei ihnen vorbeischauen, zu welchen Tageszeiten oder über welche Links sie auf die Seite kommen. Aber eben nicht mehr, was Person X mag, in welcher Familiensituation und gesundheitlicher Verfassung sie lebt.

Vielleicht ist ein Tracking-Verbot ja etwas für einen zweiten Schritt. Wenn alle begriffen haben, dass auch ohne personalisierte Werbung die Welt nicht zusammenbricht.

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5 Kommentare

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  • Wer sich informieren will ist auf Online-Medien angewiesen. Und jeder sollte doch wissen, dass man mit seinen Daten oder mit geistiger Versklavung / Verblödung ("Echokammern") bezahlt. Noch am sinnvollsten ist es, sich dort Informationen zu beschaffen, wo Online-Medien zwar auch werbefinanziert sind, aber diese Werbung nicht viel Schaden anrichtet. Das ist der Fall bei der "Blauen Seite" des Österreichischen Rundfunks ORF, die schon seit 1997 (!) Informationen anbietet:



    Text, Audio, Video. Damals war Internet-Zugang noch aufwendig (ISDN) und teuer. 2022 gab es einen großen Aufschrei der privaten Medien: Gebührenfinanziert - Wettbewerbsverzerrung ... Man wurde sehr bald ruhiger, als sich herausstellte, dass die Blaue Seite nicht durch Gebühren, sondern durch recht harmlose Werbung (für Autos) finanziert wird, keine Nachverfolgung existiert und dass die 5 Redakteure damit die Möglichkeit haben, gründlich recherchierte und referenzierte Artikel zu schreiben. Aber gewonnen ist der Kampf gegen die Privatinteressen noch nicht (oe1.orf.at/artikel...m-die-Blaue-Seite).

  • Völlig unverständlich, weshalb in Deutdchlsnd staatliche Stellen einen auf modern und "kundenfreundlich" machen und gleichzeitig vorgeben, etwas gegen die Datensammelei tun zu wollen. Der erste Schritt wäre die Kündigung der Accounts. Die Politker und Parteien können sich dieser " Dienste" ja weiterhin bedienen und sich lächerlich machen, wie jüngst Frau Lambrecht. In der digitalen Welt gibt es keinen Datenschutz, so sicher, wie Wasser nass ist.

  • Vergessen wir auch nicht: die irische Datenschutzbehörde musste nicht nur zum Jagen getragen werden, sie wurde sogar gegen das Wildschwein geworfen, damit was passiert.

  • Das wäre das Ende von Alphabet und Meta.

    Naja, das nicht, aber das Ende von deren Quartalsgewinne im zweistelligen Milliardenbereich. Aber welche Partei traut sich das zu fordern?

    "Partei XY will euch Whatsapp wegnehmen/Youtube verbieten/Android verbieten/Instagram schließen".

    Diese Konzerne haben nun mal die Kontrolle darüber, was wir wann lesen, sehen, hören. Die Bild-Zeitung, die früher mal Karrieren machen und zerstören konnte, war Nichts gegen diese Macht.

    • @Limonadengrundstoff:

      Die Macht haben sie nur weil die Mehrheit es zulassen.



      Solange sich aber fast niemand dafür interessiert (ich hab es jahrelang versucht, war praktisch erfolglos) was hinter dem hochauflösenden Display passiert (technisch wie organisatorisch) muss es wohl so sein.

      Auch dem Staat der hier so regelnd eingreift geht es nicht um die Bürger sondern nur noch um die Deutungshoheit und das er die Debatten lenken kann und möglichst rechtzeitig erfährt wenn der Steuersklave rebellieren will um per Nuging und Agit-Prop dagegen zu steuern.

      In Summe: Aktuell kann man nur noch digital emigrieren und seine eigenen technischen Palisaden bauen. Weder Mehrheitsgesellschaft und schon gar nicht der Staat wird an den aktuellen Zuständen im Internet oder gar den "Sozialen" Netzen grundsätzlich etwas ändern.