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Studie über ukrainische GeflüchteteViele wollen bleiben

Rund ein Drittel der nach Deutschland geflohenen Ukrai­ne­r*in­nen will nach Kriegsende nicht zurückkehren. Zu schaffen macht vielen noch die Sprache.

Geflüchtete im März 2022 nach ihrer Ankunft am Berliner Hauptbahnhof Foto: Olaf Schuelke/imago

Berlin taz | Über ein Drittel der Geflüchteten aus der Ukraine möchte vorerst in Deutschland bleiben, ein weiteres Drittel zumindest bis Kriegsende. Das zeigen die Ergebnisse der Studie „Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland – Flucht, Ankunft und Leben“, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurden. An der Untersuchung waren unter anderem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschungwurden beteiligt. 11.000 Menschen wurden befragt.

Während der Großteil der Geflüchteten angab, körperlich gesund zu sein, stellten die Forschenden fest, dass viele der Geflüchteten unglücklich sind. Auf einer Skala von 1 (unglücklich) bis 10 (glücklich) liegt der Durchschnitt bei den Geflüchteten nur bei 5,8. Es zeige sich zudem, dass Geflüchtete, die für immer in Deutschland bleiben wollen, zufriedener sind als jene, bei denen dies nicht der Fall ist.

Auch das Wohlbefinden der geflüchteten Kinder falle im Vergleich zu anderen in Deutschland lebenden Kinder niedrig aus. Es sei deutlich zu sehen, „dass Krieg und Flucht Spuren hinterlassen haben, die weiter nachwirken“, sagte Nina Rother vom Forschungszentrum im Bamf.

Mit einem Frauenanteil von 80 Prozent ist die Fluchtbewegung aus der Ukraine weiblich geprägt. Knapp die Hälfte von ihnen lebt außerdem mit minderjährigen Kindern in einem Haushalt. Durch die Generalmobilmachung in der Ukraine bleibt den meisten Männern bis heute die Ausreise verwehrt.

Großes Interesse an Sprachkursen

Rund ein Viertel der erwerbsfähigen ukrainischen Männer, die trotzdem nach Deutschland gekommen sind, haben hier einen Job. Der entsprechende Anteil bei den Frauen liegt bei 16 Prozent. „Wir bewerten das als relativ hoch“, sagte Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Mit steigender Sprachkompetenz werde sich der Anteil der Erwerbstätigen voraussichtlich deutlich erhöhen, prognostizierte er.

Bisher gaben aber nur 4 Prozent der Befragten an, gute Sprachkenntnisse zu haben. 82 Prozent haben keinerlei Deutschkenntnisse. Jedoch sei es positiv, dass etwa die Hälfte der Ukrai­ne­r*in­nen einen Sprachkurs besuche, so Brücker.

Doch die Teilnahme an solchen Kursen, wie auch die Suche nach einer Arbeitsstelle hängt von den Möglichkeiten zur Kinderbetreuung ab. Katharina Spieß, Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, wies darauf hin, dass deshalb Unterstützungsangebote besonders auf Frauen mit Kindern angepasst werden müssen.

Wenig überraschend: Laut der Studie kommen die nach Deutschland geflohenen Ukrai­ne­r*in­nen in großen Teilen aus Regionen, die besonders stark vom Krieg betroffen sind, wie etwa Kyjiw oder der Ost-und Südukraine. Ab Januar soll es eine weitere Erhebung geben.

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4 Kommentare

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  • die Wirtschaftsflüchtlinge, ohh sorry, im Falle der Ukraine verbittet es sich sowas zu sagen. Das dürfen wir nur bei afrikanern und arabern machen und naja bei sinti &Roma, Iraner,...ja ja ja ich weiß in deutschland würde NIE jemand willkürlich nach opportunem Gedankengut das für jedes Land einzelnd entscheiden. wo doch Asyl ein Grundrecht ist. Naja nicht für jeden, wie bei den Menschenrechten!

  • Ich erinnere mich an Studien, dass 80 % der Syrer:innen nach Syrien zurückkehren wollten. 20 %, die ggf. bleiben wollten, waren Grund genug, immer mehr Einschränkungen umzusetzen und immer offener gegen Geflüchtete aus Syrien zu hetzen. Leider haben wir eine Geflüchteten-Apartheid, die sich dadurch kennzeichnet, dass weiße, christliche Europäer:innen komplett anders behandelt werden als Menschen mit dunklerer Haut und anderer Religion.

    Dass die Fluchtbewegung weiblich geprägt ist, ergibt sich daraus, dass die Ukraine Männer nicht ausreisen lässt.

    Syrer:innen sollten gar kein Deutsch lernen, sie sollten einfach nur weg, sobald es geht - und vor allem gar nicht erst kommen. Die Toten im Mittelmeer und die durch Griechenland zurückgeschobenen Menschen sind dafür das Zeugnis.

    • 6G
      654782 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Es ist ehrenwert, dass Sie den Mo unter ihre Fittiche genommen haben. Wir beherbergen zur Zeit in unserem reinen Frauenhaushalt die Svetlana und ihre beiden Töchter, was nicht zuletzt auch mit unseren queeren Gesinnung zusammenhängt. (Ein junger Mann aus ungebrochen patriarchalischen Landen käme uns nicht ins Haus.) Wir nennen das gelebte feministische Außenpolitik.

      Ich lasse Ihnen Ihren Mo; sie wettern gegen meine Svetlana, oder vielmehr gegen mich – woher kommt das, Mann?

  • menschen aus dem iran wird das visa derzeit kategorisch mit der begründung verweiget, dass viele von ihnen sicher (bis nach einem regimewechsel) hier bleiben wollen würden.



    spricht für sich aber nicht für deutschland.