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Großprojekte gefährden InfrastrukturUnter dem Pflaster fährt die U-Bahn

Groß und monumental soll das neue Karstadtgebäude am Hermannplatz werden. Die BVG warnt vor einem Verkehrschaos durch absinkende U-Bahn-Tunnel.

Ein paar Stockwerke und zwei Türme drauf: nachdem Umbau soll die Filiale deutlich größer werden Foto: dpa

Höher, monumentaler und profitabler – angesichts schwindenden Baulands werden Hochhausprojekte unter In­ves­to­r:in­nen immer beliebter. Doch mit den steigenden Geschosszahlen steigt auch die Belastung für Berlins Untergrund. Seitdem im August ein Tunnel der U2 unter einer Baugrube des französischen Konzerns Covivio am Alexanderplatz um mehrere Zentimeter absackte, wächst die Sorge, auch andere große Bauprojekte könnten die U-Bahn-Infrastruktur gefährden – etwa der geplante Umbau des Karstadt-Gebäudes am Hermannplatz.

Nun liegen die Antworten auf zwei parlamentarische Anfragen vor. Darin hat die Verkehrsverwaltung auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) befragt, und die schlagen Alarm. Das landeseigene Unternehmen warnt vor weiteren Beeinträchtigungen des U-Bahn-Netzes, sollten sich wieder Tunnel im Zuge von Bauarbeiten absenken. Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Katalin Gennburg, kommentierte die Befürchtungen der BVG. „Wir fühlen uns in unserer Forderung bestätigt, keine Hochhäuser mehr auf U-Bahn-Tunneln zu genehmigen“, sagte sie. Gennburg hatte eine der Anfragen gestellt.

Besonders große Bedenken hat die BVG demnach bei der Umgestaltung des Karstadt-Gebäudes am Hermannplatz. Der österreichische Investor Signa will die dortige Filiale massiv erweitern. Unter anderem sind zusätzliche Stockwerke und zwei 60 Meter hohe Türme geplant. Unter dem Gebäude verlaufen die Tunnel der stark frequentierten U-Bahn-Linien U7 und U8 und dazu noch der Zugang zu einer Betriebswerkstatt der BVG.

Unterbrechungen am Hermannplatz hätten nicht nur gravierende Auswirkungen auf den Betrieb der beiden U-Bahn-Linien, sondern auch auf weitere Teile des Netzes, heißt es in der Antwort auf die zweite Anfrage, gestellt von Julian Schwarze, Sprecher für Stadtentwicklung der Grünenfraktion. Würde die Betriebswerkstatt durch einen versperrten Zugang ausfallen, so könne der dichte Takt auf anderen Linien kaum gehalten werden, warnt die BVG. Auch sei das Fahrgastaufkommen auf der U7 und U8 zu hoch für einen Ersatzverkehr mit Bussen.

Restrisiko bleibt

Auf der Strecke der U2 musste infolge der Absenkung ein Gleis komplett gesperrt werden; die Linie verkehrt seitdem im Pendelverkehr. Die BVG rechnet frühestens im Februar mit einer Wiederaufnahme des regulären Betriebs.

„Die Frage, ob das Karstadt-Projekt die U-Bahn gefährdet, wurde von Signa nie beantwortet“, kritisiert Schwarze gegenüber der taz. Das sei aber das Minimum, bevor es mit dem Planungen weitergehen könne. Derzeit läuft bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen ein Bebauungsplan verfahren, mit dem voraussichtlich Anfang 2024 Baurecht für den umstrittenen Karstadt-Umbau geschaffen werden soll.

Die Senatsverwaltung gibt sich bisher gelassen: Die Planungen des Investors sähen keinen Neubau mit Tiefbauarbeiten vor und seien deshalb „nicht vergleichbar“ mit den Arbeiten am Alexanderplatz“, sagte der Sprecher der Senatsverwaltung, Martin Pallgen, bereits Ende Oktober auf taz-Anfrage.

Schwarze kritisiert die Haltung der Bau-Senatsverwaltung als „sehr optimistisch“. Angesichts der vielschichtigen Baustruktur, die teilweise noch aus den 30er Jahren stamme, ließen sich Risiken nur schwer abschätzen. Ähnlich sieht es die BVG: „Auswirkungen auf U-Bahn-Bauwerke bei Großbauvorhaben können nie völlig ausgeschlossen werden“, schreiben sie.

In­ves­to­r:in­nen in der Pflicht

Die BVG fordert daher, In­ves­to­r:in­nen frühzeitig für etwaige Schäden in die Pflicht zu nehmen. Grundlage hierfür sind sogenannte nachbarschaftliche Vereinbarungen, in denen sich der Investor verpflichtet, entsprechende Vorkehrungen zum Schutz der Anlagen zu treffen und im schlimmsten Falle für die Schäden zu haften.

Eine solche Vereinbarung sei bereits mit Covivio für das Bauprojekt am Alexanderplatz über der U2 getroffen worden. Das französische Unternehmen muss nun nicht nur für die Reparatur des Tunnels aufkommen, sondern auch für den Ausfall der Ticketeinnahmen.

Auch im Fall des Hines Tower, der mit einer Höhe von 150 Metern am Alex entstehen soll, hat die BVG eine solche Vereinbarung getroffen. Hier wird der aus den 30er Jahren stammende Tunnel der U5 vorsorglich verstärkt. Hines investiert dafür nach eigenen Angaben über 30 Millionen Euro.

Doch mit Signa gibt es bisher keine solche Vereinbarungen. Weder am Hermannplatz noch am Alexanderplatz, wo das Unternehmen ebenfalls plant, die über der U8 gelegene Galeria-Filiale durch einen Hochturm zu erweitern. Die BVG fordert, nachbarschaftliche Vereinbarungen zur Auflage zu machen, ohne die mit der Baumaßnahme nicht begonnen werden darf. Im Notfall müsse Signa „das Baurecht versagt werden“, heißt es in den Anfragen.

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3 Kommentare

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  • Und wieso ist das originale Kaufhaus damals nicht abgesackt?

    • @Suryo:

      ..was übrigens definitiv schwerer gewesen sein musste, schließlich soll der Neubau vor allem aus Holz bestehen.

  • Die Idee ist doch gut, Investoren mit viel Geld zumindest etwas am Erhalt der Infrastruktur zu beteiligen. Dieses hybride Finanzierungsmodell könnte Schule machen.