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Online-Ausstellung über Rauschmittel„Konsum veränderte soziales Leben“

Was eine Droge ist, hängt von den Umständen ab: Die Ausstellung „Intoxicating Spaces“ widmet sich der Geschichte der Rauschmittel.

Was zeitweise auch mal verboten: Tee Foto: Sina Schuldt/dpa
Interview von Sebastian Ridder

taz: Frau Robillard, wo finden sich heute Drogen aus dem 17. Jahrhundert?

Gabrielle Robilliard: Mit Glück lassen sich Reste von Tabak, Kaffee oder Tee finden, aber meistens müssen wir indirekt auf schriftliche Quellen, Objekte oder Bilder zurückgreifen.

Und was sind die Rausch- und Genussmittel von damals?

Im 17. und 18. Jahrhundert war eine Droge nicht unbedingt zu unterscheiden von Medizin oder Nahrungsmitteln. Die Grenzen waren schwammig, während sie heute juristisch bestimmt werden. Die Legalität hing damals nicht von der Gesundheitsgefährdung ab. Ende des 18. Jahrhunderts wurde zum Beispiel Kaffee in Preußen verboten, weil der Staat Angst hatte, dass Leute ihr ganzes Geld dafür ausgeben. Opium dagegen, war in jeder Apotheke zu bekommen.

Welche Objekte kommen für eine Ausstellung in Frage?

privat
Im Interview: Gabrielle Robilliard-Witt

hat in Geschichte an der University of Warwick promoviert, arbeitet als Postdoc im HERA-„Intoxicating Spaces“-Projekt zwischen 2019 und 2022.

Zunächst Portbooks und Zollbücher. In denen steht, welches Schiff einläuft und welche Waren verzollt werden. Kaffee, Tee und Tabak finden sich dort. Substanzen, die medizinische Verwendungen fanden, wurden oft unter dem Begriff „Drogen“ verzeichnet. Darunter konnten allerdings auch Gewürze sein. Nachweise von Rauschmittelkonsum finden sich in Tagebüchern, Briefen sowie Koch- und Rezeptbüchern.

Sie suchen also auch einen kulturellen Zugang?

Wir haben Lieder, Flugschriften, Apothekenordnungen oder auch Nachlässe untersucht. Wir suchen nach Objekten, die in Museen lagern; nicht nur schriftlichen oder visuellen Quellen. Unser Projekt ist geschichtswissenschaftlich, aber wir verwenden auch Methoden aus der Anthropologie oder Soziologie, um uns an die kulturellen und sozialen Bedeutungen anzunähern. Unser Projekt soll Aussagen ermöglichen, die gesellschaftliche Praktiken beschreiben und analysieren.

Sind Sie zu Schlüssen gekommen?

Die Ausstellung

Der Konsum neuer Rauschmittel veränderte das soziale Leben und die Städte profitierten vom Umschlag. Neue Räume und Arten des sozialen Umgangs sind entstanden. Ein berühmtes Beispiel sind die Kaffeehäuser, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts in ganz Europa florierten. Es war, zum Beispiel, nicht mehr denkbar, in eine Gastwirtschaft zu gehen, in der nicht geraucht wurde.

Was lernen wir aus unserer Rauschmittelvergangenheit?

Für Schüler*innen, die mit unserem Team in diversen Projekten mitgewirkt haben, war überraschend, dass Cannabis nicht immer verboten war, dafür aber zeit- und ortsweise Kaffee und Tee. Betrachtet man Rauschmittel historisch, erhält man einen Einblick, welche sozialen und kulturellen Mechanismen dahinterstecken, dass wir etwas als legal oder illegal einstufen.

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