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Besondere RegattaAtlantik fordert Tribut

Bei der Regatta „Route du Rhum“ ist die Hälfte der Strecke abgerast. Doch es gab auch schon eine Kenterung, Mastbrüche und Kollisionen.

Regatta kurz nach dem Start in Saint-Malo Foto: Sebastien Salom-Gomis/dpa

Im Feld der ursprünglich 138 Solosegler, die am letzten Mittwoch wegen eines Sturms verspätet zur Transatlantikregatta Route du Rhum gestartet sind, haben sich zwei Franzosen mit ihren gigantischen Dreirumpfbooten an der Spitze ein Duell geliefert. Charles Caudrelier und Francois Gabart lagen in der schnellsten Bootsklasse der Ultim-Trimarane am Samstag Kopf an Kopf, bevor Caudrelier in der Nacht zum Sonntag davonzog. Die beiden kamen mit ihren auf Tragflächen über die raue See rasenden 32 Meter langen und 23 Meter breiten Geschossen auf Durchschnittsgeschwindigkeiten um 24 Knoten.

Sollte sich der Wetterbericht bewahrheiten, könnten die Segler den Streckenrekord von 7 Tagen, 14 Stunden, 21 Minuten und 47 Sekunden von Saint-Malo in der Bretagne nach Pointe-à-Pietre im karibischen Überseedepartement Guadeloupe brechen. In der Nacht zum Sonntag hatten beide bereits die Hälfte der 3.550 Seemeilen langen Strecke absolviert.

Caudrelier sollte zunächst wegen Frühstarts eine Zeitstrafe bekommen. Doch konnte sein Landteam mit GPS-Daten nachweisen, dass er beim Startschuss noch 50 Meter hinter der Linie war. Knapper kann man mit so einer Rennmaschine kaum starten. Dem mitfavorisieren Ultim-Skipper Armel Le Cléac’h war bald nach dem Start das Hauptschwert gebrochen. Ob es der Belastung nicht standhielt oder mit einem Ufo („unknown floating object“) kollidierte, blieb unklar. Le Cléac’h kehrte um, baute mit seinem Team in zwei Tagen und Nächten ein neues Schwert ein und jagt seit Samstag dem Feld hinterher.

In der Klasse der 18 Meter langen Imoca-Einrumpfboote, in der auch Deutschlands bekanntester Hochseesegler Boris Herrmann zu den 37 Star­te­r*in­nen zählt, büßte der Favorit Charlie Dalin am Wochenende seinen Vorsprung von fast einhundert Seemeilen zunächst ein. Während er in einer Schwachwindzone parkte, holten seine Verfolger auf. Doch am Sonntag hatte Dalin bei den Azoren schon wieder einen 87 Seemeilen Vorsprung.

Seekranker Segler

In der kleineren Trimaran-Klasse Ocean Fifty kenterte Samstagabend der führende Thibaut Vauchel-Camus. Wie die Rennleitung am Sonntag mitteilte, befinde sich der 43-Jährige im Hauptrumpf seines zwischen Portugal und den Azoren überkopf treibenden Bootes und sei wohlauf. Auch in der Imoca-Klasse, für die dieses Rennen vor allem ein Testevent für die Weltregatta Vendée Globe in zwei Jahren ist, gab es dramatische Ausfälle. In der Nacht zu Freitag stieß der 43-jährige Franzose Damien Seguin in der Biskaya mit einem Frachtschiff zusammen. Er blieb unverletzt, auch schlug sein Boot nicht leck, verlor aber den Mast. Seguin, dem seit Geburt eine Hand fehlt und der schon Paralympics-Sieger war, musste den gebrochenen Mast vom Boot schneiden, damit der nicht den Rumpf beschädigt.

Unklar ist, warum sich die Kollision nicht mit dem vorgeschriebenen Automatischen Identfikationssystem (AIS) verhindern ließ. Sofern nicht defekt, sendet ein AIS nur dann keine Signale, wenn es ausgeschaltet wurde, etwa weil die Crew unerkannt bleiben möchte, wenn sie zum Beispiel schmuggelt oder illegal fischt. Die Solorennsegler fahren fast nur per Auto­pilot und sind ­dabei auf das AIS angewiesen.

Zuvor war der Japaner Shiraishi Kojiro mit dem Schweizer Oliver Heer kollidiert. Der ausweichpflichtige Kojiro hatte nicht aufgepasst. Die Boote wurden beschädigt, doch konnte Heer seines nach Rückkehr in den Hafen mit Shiraishis Hilfe reparieren und neu starten. Der hatte vor dem Start berichtet, dass er die ersten Tage stets seekrank sei und deshalb voll leistungsfähig. Auch dem Franzosen Louis Burton brach am Samstag der Mast. In der Class 40, in der es mit 57 Booten die größte Konkurrenz gibt, gab es weitere Mastbrüche und Aufgaben. Der Deutsche Boris Herrmann lag Sonntagmittag bei den Imo­cas auf Rang 13, die Deutsch-Französin Isabell Joschke als zweitbeste Frau auf Platz 11.

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4 Kommentare

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  • "... Unklar ist, warum sich die Kollision nicht mit dem vorgeschriebenen Automatischen Identfikationssystem (AIS) verhindern ließ ..."

    AIS ist kein System zur Vermeidung von Kollisionen zur Kollisionsverhütung, auf hoher See gibt es sehr einfache Regeln, die jeder, der oder die ein Schiff steuert, befolgen muss. Die Grundlage für diese Befolgung ist nicht das AIS, sondern die ständige visuelle Überwachung des Seegebiets um mein Schiff.

    Da die Regel eine "Vorfahrt" eines segelnden Schiffes (weil in sei er Manöverfähigkeit eingeschränkt) vor motorgetriebenen Schiffen vorsieht, sehen sich besonders die Einhandsegler von der Pflicht, STÄNDIG visuell den Seeraum um das eigene Boot zu beobachten, entbunden. Ihr Sport wäre sonst ja auch unmöglich . Sind die Verhältnisse beim Kollsiobsgegner dann auch suboprimal zum Beispiel ein wegen Übermüdung eingenickter Wachoffizier, kommt es zur Kollision.

    Eine weitere Möglichkeit ist, dass zummindest der Segler die Kollision hat konmen sehen, aber das Manöver des letzten Augenblicks zu spät eingeleitet hat, da es ihm innerhalb des Wettkampfs vielleicht entscheidende Zeit gekostet hätte.

    Die Kollision von Boris Herrman bei der Globe Vandee mit einem Fischer kurz vor dem Ziel riecht sehr danach... Fischer und besonders französische Fischer machen keinen Platz ..., ob Segler oder Flugzeugträger.

    ... Erfahrung aus meiner Tätigkeit als Steuermann und Kapitän auf Frachtschiffen.

    Genaue Kollisionsursachen lassen sich erst durch Sichtung der technischen und manuellen Aufzeichungen auf den Brücken beider Schiffe erschließen. (Seeamtsverfahren um die Schuldfrage zu klären).

    • @Tinus:

      Dankeschön für die Ausführungen, da hab ich wieder was gelernt 😃

  • Nicht schlecht - wird aber nicht im TV übertragen. OK, Wasser, Wind und Wellen wäre über Stunden auch etwas langweilig. Entern als Entertainment einfügen?

    Dafür aber American Football auf Pro7. Man fragt sich, was in den Köpfen dieser Programmmacher so vor sich geht.

  • Segeln ist schön. High-Tech Sport ist interessant.

    Trotzdem bleibt immer wieder die Frage, warum die TAZ, angesichts chronischen Platzmangels und sonstiger Vermeidung von Elite-Sportereignissen, ausgerechnet über diese Segelwettbewerbe berichtet? Integration, Gleichberechtigung kann es nicht sein. Klimaschutz auch nicht, da nur die reine Bewegung CO2 arm ist.