Seglerin aus Hamburg: Steuerfrau mit Weltmeistertitel

Luise Wanser hat in einer Mixed-Disziplin im Segeln den Titel geholt. Für sie kommt es in dem Sport nicht aufs Geschlecht an.

Ein Vorschoter hängt in voller Körperspannung neben dem Boot in den Seilen, eine Steuerfrau hat die Richtung im Blick

Die Alster ist ihnen zu klein: Luise Wanser und Philipp Autenrieth bevorzugen offenes Gewässer Foto: Sascha Klahn

HAMBURG taz | Für Luise Wanser macht es keinen Unterschied, ob sie mit einer Frau oder einem Mann segelt. Der Sport ist für sie geschlechtsneutral: „Es kommt immer individuell auf die Person an. Ob ich mit einem Mann oder einer Frau segele, spielt dabei keine Rolle“, sagt Wanser, die mit dieser Philosophie gerade einen Weltmeistertitel geholt hat.

Als Steuerfrau ist sie gemeinsam mit dem Vorschoter Philipp Autenrieth bei der Segelweltmeisterschaft in Israel in der neuen olympischen 470er-Mixed-Disziplin angetreten. Dabei wird mit einer Zwei-Frau/Mann Rennjolle, mit einer namensgebenden Länge von 470cm, um die Wette gesegelt.

„Das Besondere an dieser neuen Disziplin ist, dass eine „Genderequality“ herrscht, die es ermöglicht, dass Frauen und Männer gemeinsam in einem Team antreten dürfen“, sagt Wanser. In der geschlechtergemischten Disziplin sei es sehr unterschiedlich, wie die Rollen besetzt würden. Mal seien die Männer am Steuer, mal die Frauen.

Zwar benötige in der Regel die Vor­schote­r*in mehr Kraft. Denn sie hängen seitlich neben dem Boot und halten es unter Einsatz ihres Körpergewichts in der Balance. Aber: „Das können genauso Frauen auf Profiniveau bewältigen“, sagt die 25-jährige Wanser.

Visualisierung des gesamten Rennens

Mit dem Segeln hat die Jura-Studentin schon mit zehn Jahren angefangen – auf der Alster in Hamburg. Damals fuhr sie noch in der Bootsklasse Optimist, einer kleinen Jolle für Jugendliche. Mittlerweile spricht Wansers Trainer von dem Binnengewässer als eine „Pfütze“, die für das Profitraining nicht geeignet sei. Wanser trainiert in Kiel auf offenem Gewässer oder gleich in Marseille, wo 2024 die kommende Olympiade ausgerichtet wird.

Eine blonde Frau mit langen Haaren lächelt

Hat mit zehn mit dem Segeln angefangen: Luise Wanser Foto: DSV/Felix Diemer

Luise Wanser kommt aus einer Segelfamilie. Geboren in Essen, wuchs sie in Paris auf. Durch ihren Vater, der als Hobbysegler am Kieler Meer segelte, war Wanser schon früh selbst dabei. Mit 17 Jahren gewann sie, gemeinsam mit ihrer Schwester Helena Wanser, unter anderem die Junioren-Weltmeisterschaft 2019. 2021 nahm sie an den Olympischen Spielen in Tokio teil.

„Es ist wichtig, sich mental auf eine Regatta vorzubereiten.“ So eine Wettfahrt kann schon einmal bis zu sechs Tage dauern. „Du musst mit einem hohen Druck über mehrere Tage klarkommen,“ sagt Wanser. Trainieren würde sie dies unter anderem durch Visualisierung. Dabei wird der ganze Vorgang mit allen Sinnen bis zum Sieg im Kopf genau durchgespielt: „If you can dream it, you can do it“, sei ihr Motto. Dies helfe, die mentale Stärke zu erhalten, um über einen langen Zeitraum Höchstleistungen zu erbringen.

„Die Natur ist schlecht planbar und immer unvorhersehbar. Wir sind first-world-problems-solver“ sagt Wanser. Segeln ist in erster Linie ein Erfahrungssport, bei dem es darauf ankommt, die Kräfte der Natur zu nutzen und gut improvisieren zu können.

Dass Greta Thunberg mit dem Segelboot in die USA zum UN-Klimagipfel gefahren ist, findet Wanser zwar eine ganz nette Aktion, aber Fakt bleibt: Der Profisegelsport sei alles andere als nachhaltig. Die Sport­le­r*in­nen müssten viel zu viel reisen. Außerdem würden sehr hohe Materialkosten anfallen.

Die angehende Juristin wünscht sich, dass die Kraft der Natur künftig gesamtgesellschaftlich für eine nachhaltigere Zukunft genutzt wird – und nicht nur für Weltmeistertitel. Aber auch dafür steht sie bereit.

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