piwik no script img

Asean-Gipfel in KambodschaJoe Biden wirbt um Südostasien

Beim Gipfel der südostasiatischen Staaten vereinbart der US-Präsident eine strategische Partnerschaft. Der Rivale China praktiziert sie dort längst.

US-Präsident Joe Biden mit dem Gastgeber, Kambodschas Machthaber Hun Sen Foto: Alex Brandon/ap

Berlin taz | Gespräche über Nordkoreas Raketentests, Myanmars Putschregime und Russlands Ukraine­krieg haben den am Sonntag beendeten Asean-Gipfel der zehn südostasiatischen Staaten in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh dominiert. Doch überlagert wurde er vom Werben der USA und Chinas um diese Region. Deren Staats- und Regierungschefs waren wegen ihres Konsensprinzips wieder kaum in der Lage zu konkreten Vereinbarungen.

Am Wochenende waren auch die Führer wichtiger Partnerländer zum Asean-Gipfel gereist, um ihren Einfluss geltend zu machen. So war US-Präsident Joe Biden gekommen, um anders als sein Vorgänger Donald Trump Washingtons Interesse persönlich zu bekunden.

Biden versprach eine „umfassende strategische Partnerschaft“, vollzog damit aber nur, was China bereits vormacht. Auch weckte der 79-Jährige mit der peinlichen Verwechslung von Kambodscha mit dem südamerikanischen Kolumbien in einer Rede Zweifel, ob ihm die Region wirklich wichtig ist.

Biden sagte, das Ziel sei ein Indopazifik, der „frei und offen, stabil und blühend, widerstandsfähig und sicher“ sei. Es ginge eine Zusammenarbeit, mit der die „Herausforderungen vom Südchinesischen Meer bis Myanmar“ gelöst würden.

Joko Widodo fürchtet „neuen Kalten Krieg“ in Südostasien

Damit spielte der US-Präsident auf Chinas Ansprüche auf rund 80 Prozent des Südchinesischen Meeres an, die vor allem Vietnam und die Philippinen vehement zurückweisen.

Die meisten Regierungen Südostasiens haben zwar ein Interesse daran, dass die USA in der Region ein Gegengewicht zu China bilden, fürchten aber auch in den Hegemoniekonflikt zwischen den beiden Weltmächten hineingezogen zu werden.

So warnte Indonesiens Präsident Joko Widodo, der am Dienstag und Mittwoch Gastgeber des G20-Gipfels in Bali ist, die Region davor, zwischen die Fronten zu geraten: „Asean sollte nicht zulassen, dass die aktuelle geopolitische Dynamik zu einem erneuten Kalten Krieg in unserer Region wird.“

China ist längst der wichtigste Handelspartner der Region und trumpft dort auch mit seinen massiven Investitionen im Rahmen seiner Seidenstraßeninitiative auf. Zugleich rüstet China stark auf, insbesondere seine Marine.

Sergej Lawrow „USA und Nato wollen Vormachtstellung“

Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der wie Ukraines Außenminister Dmytro Kuleba nach Phom Penh gereist war, warf den USA und der Nato vor, in Südostasien eine Vormachtstellung anzustreben und die Region zu militarisieren. Es ginge ihnen darum, China und die russischen Interessen in der Region einzugrenzen, so Lawrow.

Die Uneinigkeit der Asean-Staaten gegenüber Russlands Ukraine­krieg verhinderte, dass es eine gemeinsame Abschlusserklärung gab. Zu einem Gespräch zwischen Lawrow und Kuleba kam es nicht.

Zuvor hatten sich die südostasiatischen Regierungsvertreter auch nicht einigen können, den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski per Video zu den Gipfelteilnehmern sprechen zu lassen. Mutmaßlich verhinderte Myanmar das.

Zwar durfte der dortige Putschführer Min Aung Hlaing nicht am Gipfel teilnehmen, weil sein Regime einen bereits im April 2021 verabschiedeten Friedensplan blockiert. Doch ist Myanmars Asean-Mitgliedschaft nicht suspendiert. Die dortige Junta ist stark von Waffenlieferungen und diplomatischem Rückhalt aus Moskau abhängig und Russland das einzige Land, in das der Putschgeneral bisher noch reisen konnte.

Neuauflage des ignorierten Friedensplans für Myanmar

Zu Myanmar vereinbarte der Gipfel jetzt nur, in nächster Zeit von den Außenministern klären zu lassen, warum der Friedensplan von letzten april nicht umgesetzt wurde. Dann soll er mit einem Zeitplan versehen und auch Kontakt zur Widerstandsbewegung aufgenommen werden.

Letztere ist von den Beschlüssen enttäuscht, weil sie zunächst wieder viel Zeit kosten statt die Militärjunta klar zu sanktionieren wie etwa einem Verkaufsverbot für Flugbenzin. Denn mit der Luftwaffe geht das derzeit am wirklungsvollsten gegen den bewaffneten Widerstand vor.

Eine der wenigen konkreten Gipfelbeschlüsse betrifft das 2002 unabhängig gewordene Osttimor (Timor-Leste): Es soll jetzt einen Beobachterstatus mit der Perspektive des Asean-Beitritts bekommen. Dili hatte die Aufnahme allerdings schon 2011 beantragt.

Der Gipfel der Asean-Staaten, zu denen auch noch Thailand, Laos, Malaysia und Brunei zählen, war der Auftakt einer Reihe wichtiger diplomatischer Treffen in dieser Woche in Südostasien. Am Montag treffen sich erstmals Joe Biden und Chinas Machthaber Xi Jinping als Präsidenten, unmittelbar vor dem Gipfel der wichtigsten Wirtschaftsmächte (G20) im indonesischen Bali. An dem Treffen Dienstag und Mittwoch nimmt auch der deutsche Bundesanzler teil Danach folgt noch der asiatisch-pazifische Wirtschaftsgipfel Apec der Führer von 21 Staaten am Freitag und Samstag in Thailands Hauptstadt Bangkok.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • "Die Uneinigkeit der Asean-Staaten gegenüber Russlands Ukraine­krieg verhinderte, dass es eine gemeinsame Abschlusserklärung gab. Zu einem Gespräch zwischen Lawrow und Kuleba kam es nicht."

    Also wieder viel heiße Luft und kein Ergebnis. Denke wenn die USA erstmal richtig Druck machen, wird sich dort die Meinung auch ändern.

  • Mit so viel Lob bis hin zu Adjektiv "brillant" ist die kambodschanische Regierung wohl in der Tat noch nie von den USA überschüttet worden.

    • 6G
      654782 (Profil gelöscht)
      @PolitDiscussion:

      Lieber Kollege, guter Herr Gebauer, auf welche Quelle geht denn ihre Behauptung zurück, Uncle Sam hätte das kambodschanische Regime Bril­lanz bescheinigt?

      Keines der veröffentlichten Gesprächsprotokolle sagt etwas davon.

      Ich kann nur hoffen, dass Sie nicht auf Behauptungen windiger Propaganda hereingefallen sind. In Kambodscha ist die freie Presse unterdrückt, ansonsten würde ich das (inländisch von der Zensur gesperrte) Portal english.cambodiadaily.com/ empfehlen, aus dem japanischen Exil betrieben.

    • @PolitDiscussion:

      Als Laie vermute ich dass es mit dem Abstimmungsverhalten von Kambodscha in der UN Versammlung zusammenhängt. Im Gegensatz zum grossen Bruder China hat sich nämlich Kambodscha gegen den Einmarsch Russlands in der Ukraine ausgesprochen und nicht nur enthalten.

      • 3G
        39538 (Profil gelöscht)
        @Heiner Petersen:

        Biden hat das Zusammenkommen des Gipfels in Phnom Penh einen glänzenden Erfolg genannt, a brilliant success, erstmals nach der Pandemie, und nicht etwa die Politik des dortigen autokrantischen Regimes, das nach dem Verbot der Opposition 100% der Abgeordneten stellt.

        www.whitehouse.gov...n-sen-of-cambodia/

        • @39538 (Profil gelöscht):

          "President Biden also expressed his appreciation for Cambodia co-sponsoring resolutions at the United Nations to support Ukraine against Russia’s brutal aggression."

          Aber das stand auch in dem Artikel, so ganz daneben lag ich dann doch nicht.

          • 3G
            39538 (Profil gelöscht)
            @Heiner Petersen:

            Ganz recht. Ich wollte Sie keineswegs kritisieren. Meine Ergänzung war für Herrn Gebauer gedacht. Bitte entschuldigen Sie die Panne. :)