Folgen des Militärputsches in Myanmar: Liebesgrüße in Moskau
Myanmars Putschführer Min Aung Hlaing verdeutlicht mit seinem Besuch in Moskau Putins wichtige Rolle bei der Unterstützung seines Militärregimes.
Die Botschaft: Myanmars herrschende Generäle sind international mitnichten isoliert, sondern haben in der Welt sehr gute Freunde wie etwa in Russland.
General Min Aung Hlaing war am Sonntag zu seiner zweiten Auslandsreise seit dem Putsch vom 1. Februar aufgebrochen. Die erste ging im April zum Sondergipfel der südostasiatischen Asean-Staaten nach Jakarta.
Jetzt nimmt der General an einer dreitägigen internationalen Sicherheitskonferenz in Moskau teil, führt politische Gespräche mit russischen Offiziellen und kauft mutmaßlich neue Waffen ein.
UN-Vollversammlung gegen Waffenlieferungen an Myanmar
Erst am Freitag hatte sich die UN-Vollversammlung unverbindlich für ein Waffenembargo gegen Myanmar ausgesprochen. Russland als Myanmars laut dem schwedischen Friedensforschungsinstitut Sipri mit 31,6 Prozent zweitwichtigster Waffenlieferant zwischen 2010 und 2019 und China als Nummer eins (56,3 Prozent) hatten sich bei dem Votum enthalten.
Nur Belarus stimmte gegen die UN-Resolution, die laut Junta „auf falschen, einseitigen Vorwürfen und falschen Annahmen“ basiert.
Noch vor der Konferenz traf sich Myanmars Machthaber am Montag mit Russlands Sicherheitsrat. Vereinbart wurde eine engere Zusammenarbeit. Laut dem Rat wurde über den „Kampf gegen Terrorismus, regionale Sicherheit und internationale Einmischung in Myanmars interne Angelegenheiten“ diskutiert.
Russland hatte schon im Februar den Putsch als „rein innenpolitische Angelegenheit eines souveränen Staates“ bezeichnet und seitdem gemeinsam mit China im UN-Sicherheitsrat eine Verurteilung des Staatsstreiches und mögliche Sanktionen verhindert.
Schon 2017 hatten dort Peking und Moskau eine Verurteilung Myanmars wegen der Vertreibung hunderttausender Rohingya verhindert.
Moskau ist für Myanmars Militär ein Gegengewicht zu Peking
Laut Asia Times hat der bis zum Putsch als Verteidigungsminister amtierende Min Aung Hlaing in den letzten sechs Jahren jährlich Russland besucht. Myanmars Militär brachte Moskau als Gegengewicht zu Peking ins Spiel, um seine große Abhängigkeit von China zu verringern.
Myanmars Generäle sind gegenüber Peking viel misstrauischer als die weggeputschte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Denn für die Generäle ist Putins Russland in Südostasien nur ein ferner Player, während China der Elefant im eigenen Haus ist.
Für Moskau bietet der Putsch in Myanmar jetzt die willkommene Gelegenheit, sich ohne großes Risiko in der Region Einfluss zu verschaffen, lukrative Waffendeals abzuschließen und ebenso westliche Sanktions- und Isolationsversuche gegen Russland zu hintertreiben.
Dabei geht Putins Freundschaft aber nicht so weit, dass er sich dem Putschgeneral aufdrängt. Im Unterschied zur Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die Putin persönlich empfing, bekam der General jetzt keinen Termin beim russischen Präsidenten. Dabei ist Min Aung Hlaing schon länger Ehrendoktor der Russischen Akademie der Wissenschaften und Ehrenprofessor der russischen Militäruniversität.
Russland schickte den bisher ranghöchsten Gast der Junta
Putins Engagement für Myanmars Junta ist allerdings unübersehbar. Am 27. März, dem jährlich mit einer Parade gefeierten Tag der Streitkräfte, schickte Moskau mit Vizeverteidigungsminister Alexander Fomin den ranghöchsten Besucher.
An dem Tag tötete Myanmars Militär mehr als einhundert Demonstrierende. Während die Nachbarländer nur mit Militärattachés vertreten waren und westliche Länder die Feier boykottierten, bezeichnete Min Aung Hlaing Russland als „verlässlichen Verbündeten und strategischen Partner“.
Zuletzt hatte im Januar und damit nur wenige Tage vor dem Putsch Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu Myanmars Hauptstadt Naypyidaw besucht. Er übergab ein Raketenabwehrsystem, Radarausrüstung und Aufklärungsdrohnen.
Medien: Russland war über Putschpläne informiert
Laut birmesischen Oppositionsmedien informierte Min Aung Hlaing dabei Schoigu auch über seine Putschpläne. In Russland wurden in den letzten 20 Jahren mehrere Hundert myanmarische Offiziere ausgebildet.
Am Dienstag ist es nach den bisher nur im Hinterland und in Kleinstädten stattfindenen Kämpfen erstmals in einer Großstadt zu Schusswechseln zwischen einer Miliz von Putschgegnern und dem Militär gekommen. In Mandalay, Myanmars zweitgrößter Stadt, wurden laut Reuters mehrere Menschen getötet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“