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Alternative Männlichkeit im WrestlingLebenstipps von „The Rock“

Dwayne Johnson schaffte es vom Wrestler zum bestbezahlten Schauspieler Hollywoods. Und veränderte subtil das dortige Männlichkeitsbild.

Stellt Männlichkeit dar, die nur auf den ersten Blick unverwundbar ist: der supernette Dwayne Johnson Foto: Vianney Le Caer/Invision/ap

K ürzlich träumte ich, dass mir Dwayne „The Rock“ Johnson in einer Uni-Cafeteria ein Life-Coaching gab. Er saß da mit seinem Notizbuch und lächelte mich so supernett und ohne Hintergedanken an, wie er das in seinen Filmen immer macht, und schrieb alles auf, was ich ihm erzählte. Da ist es nur fair, dass ich ihm auch ein paar Zeilen meiner Aufmerksamkeit widme. Denn Dwayne „The Rock“ Johnson ist auf jedem Streamingdienst der Begriff, nach dem ich am meisten Suche – direkt nach Sandra Bullock.

Bei den beiden komme ich immer runter. Meistens spielen sie in Komödien oder Actionfilmen mit, den Trash-Genres unter den Filmsparten, völlig unterschätzt in ihrer Fähigkeit zu Ablenkung und sozialem Kommentar zugleich.

Was ich an „The Rock“ so liebe? Er war früher Wrestler, sein Großvater war Wrestler, sein Vater war Wrestler, und nun wrestlet seine älteste Tochter. Später wurde er zum bestbezahlten Schauspieler in Hollywood, good for him!

Er spielte dann eine Zahnfee oder einen egomanischen Footballspieler, der Tuna-Smoothies trinkt und herausfindet, dass er eine kleine Tochter hat. Sie verwandelt seine schicke Wohnung in ein Schaumbad und lässt natürlich den Deckel vom Smoothiemixer weg. „The Rock“ stellt in seinen Filmen Männlichkeit dar, die nur auf den ersten Blick unverwundbar ist.

Wrestling zeigt Männer in Man-Drag

Wie Hollywood das eben so zulässt. Aber so, wie „The Rock“ diesen Topos verkörpert, steckt immer etwas mehr dahinter. Vielleicht weil er sich mit dem expliziten Aufführen von Maskulinität, ihrer Inszenierung, wie sie dem Wrestling eingeschrieben ist, so gut auskennt. Wrestling, das ist das Trash-Genre unter den Sportarten.

Wrestling ist darstellende Kunst und choreografierter Kampfsport in einem. Die meisten Wrestler sind chronisch unterbezahlt, es gibt Scripts und Rollen, die ganz banal in good guys und bad guys aufgeteilt sind.

Die Kostüme sind so übertrieben, dass sie schon wieder Camp sind. Wrestling zeigt Männer in Man-Drag. Und es zeigt auf der Bühne, dass Realität erst aus dem entsteht, was wir immer und immer wieder aufführen. Das Wrestling-Medienunternehmen WWE wählt die Champions vorher aus, je nach gerade populärem Erzählstrang und Bühnenpräsenz.

Und auch hier mischt sich die soziale Realität mit dem, was auf der Bühne gezeigt wird. Schwarzen Wrestlern sind bis heute die stereotypsten Rollen und Namen vorbehalten, sie sind meistens „Jobber“, also Statisten für die weißen Stars. Auch hier kämpfte sich „The Rock“, der eine afrokanadische und eine samoanische Familiengeschichte hat, bis ganz nach oben.

Als wir in der Grundschule unser Geld für Wrestlingsammelkarten zusammensparten, wurde mein bester Freund im Hort regelmäßig von zwei älteren Zwillingen aus gutem Hause wegen seiner Aussprache gemobbt. Wir übten also wrestlen und trauten uns irgendwann, mit Anlauf Saltos zu springen. Wir schmissen die Zwillinge nur in unseren Köpfen aus dem Ring, aber es half ungemein.

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Noemi Molitor
Redakteur:in
Redakteur:in für Kunst in Berlin im taz.Plan. 2022-2024 Kolumne Subtext für taz2: Gesellschaft & Medien. Studierte Gender Studies und Europäische Ethnologie in Berlin und den USA und promovierte an der Schnittstelle von Queer-Theorie, abstrakter Malerei und Materialität. Als Künstler:in arbeitet Molitor mit Raum, Malerei und Comic. Texte über zeitgenössische Kunst, Genderqueerness, Rassismus, Soziale Bewegungen.
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9 Kommentare

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  • 3G
    35743 (Profil gelöscht)

    RAM JAM

  • Ich habe keine Problem mit vielen "Fakebehauptungen" was das Wrestling betrifft, man liebt es oder hasst es und das ist okay. Aber...

    "Schwarzen Wrestlern sind bis heute die stereotypsten Rollen und Namen vorbehalten, sie sind meistens „Jobber“, also Statisten für die weißen Stars."

    Mit solchen Behauptungen sollte man äußerst vorsichtig sein, wenn man nicht in der Materie drinsteckt und stört mich als Wrestlingfan seid Begin meiner persönlichen Zeitrechnung mit dem selbem Baujahr des Autors ungemein.

    Gerade die genannte und wohl bekannteste & größte Wrestling Promotion WWE hat sowohl was Rassen wie auch Geschlechter betrifft, viele "Revolutionen" in dieser Branche angeschmissen gerade in den letzten 20+ Jahre.

    Wer in Saudi Arabien das erste sportliche öffentliche Auftreten von Frauen "durchboxt" oder eine "schwarze" Frau als "ÜberChampion" darstellt die regelmässig den Mainevent bei Großveranstaltungen beschreitet und die Latinos, Weissen und Asiatinnen "vermöbelt", kann man wohl kaum als "rassitischer Promoter der weissen Dominanz" bezeichnet werden.

    Gab es Skandale in der Richtung? Natürlich, gerade Hulk Hogan hat ein paar rassitische Kommentare abgelassen und ist dafür mehr als nur getadelt worden. Wenn man dafür aus der "Geschichte" des Promoters ausradiert wird man ganz schnell geläutert was öffentliche Aussagen betrifft. Und was das einzelne Individum wirklich denkt, nun, die Gedanken sind frei oder wie.

    Jedenfalls sich auf Kindheitserinnerungen zu beziehen und damit mal wieder ein übertriebenes, veraltetes & falsches Bild darzustellen, zeugt nicht gerade von Kompetenz des Verfassers.

    Das mit diversen Klischees "gespielt" wird in der Darstellung der Akteure (dem Gimmick), nennt sich wohl künstlerische Freiheit und die Provokation und das Reizen von Emotionen gehört dazu, egal ob gejubelt oder gebuht wird. Versagt hat man als Wrestler nur, wenn keine Reaktion des Publikums hervorgerufen wird.

    Früher hatten wir auch einen Kaiser und die Deutsche Mark...

    • @narchy:

      "Mit solchen Behauptungen sollte man äußerst vorsichtig sein, wenn man nicht in der Materie drinsteckt und stört mich als Wrestlingfan seid Begin meiner persönlichen Zeitrechnung mit dem selbem Baujahr des Autors ungemein."



      Sehr schön gesagt und völlig richtig.



      Vielen Dank.

  • Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, gab es im Profiwrestlen am Ende bisher nur einen Gewinner: McMahon (sehen wir von einigen Ausnahmen unter den Wrestlern ab, die den Sprung nach Hollywood geschafft haben; ein paar andere Promoter sind natürlich auch reich geworden).

    Fast alle Wrestler landen allzu oft zu früh unter der Erde (Substanzenmissbrauch) oder verarmt in der Gosse und dann verfrüht unter der Erde (ausgebeutet durch oben genannten). Die ganze Branche ist nur auf Ausbeutung ausgelegt.

    Zurück zum Thema: wer kann The Rocks Lächeln schon widerstehen? Ich kenne niemanden.

  • "Schwarzen Wrestlern sind bis heute die stereotypsten Rollen und Namen vorbehalten, sie sind meistens 'Jobber', also Statisten für die weißen Stars."

    Roman Reigns (ebenfalls Samoaner), Sasha Banks, Naomi, Bianca Belair, Bobby Lashley, Kofi Kingston, Big E, Jade Cargill, alles (teils mehrfache) World Champions. Keith Lee, Swerve Strickland, Jay Lethal, Athena, The Acclaimed, charismatische Athleten die als absolute Stars präsentiert werden. Dazu Veteranen wie Ron Simmons, Booker T, Mark Henry... Das Main Event der großen Promotions mag mehrheitlich weiß sein, aber solche Aussagen schmälern die Errungenschaften von zahlreichen profilierten und dekorierten POC im Wrestling.

  • Kommentar entfernt. Bitte verfassen Sie sachlich-konstruktive Beiträge. Danke, die Moderation.

    • @the fall:

      "...omg, geht es vielleicht noch etwas belangloser..?!"



      Mit Sicherheit.



      Aber bei einem Artikel, in dem in der Headline "The Rock" steht und man Dwayne Johnson im Foto sieht, kann man davon ausgehen, dass es hier nicht um den Berliner Mietendeckel geht und es jedem freisteht, ihn anzuklicken und damit Lebenszeit zu verschwenden.

  • Irgendwie scheint in die schöne Geschichte vom Wrestlingstar zum Hollywoodstar nicht recht zu passen, dass Johnson seine Sportkarriere nach einem abgeschlossenen Studium begonnen hat und wird daher nicht weiter erwähnt.

  • "Wenn du morgens aufstehst und deine Füße den Boden berühren, sagt der Teufel 'Ach scheiße, er*sie ist wach.' Diese Person solltest du sein!"

    Dwayne Johnson