Wrestling-Game „Fight Forever“: Battle digital
Die Wrestling-Organisation WWE bekommt nun auch im Videospiel-Markt Konkurrenz. Das Game von All Elite Wrestling hat aber noch Luft nach oben.
Sie springen durch Tische und von Ringseilen, werfen sich von Leitern und Käfigen herunter, wirbeln akrobatisch durch die Luft und riskieren ihre Gesundheit für die Unterhaltung der Fans. Im Wrestling geht es stets darum, eine gute Show abzuliefern und das Publikum zu unterhalten. Dabei ist das Ergebnis der Matches im Vorfeld festgelegt, doch muss der Weg dorthin möglichst spektakulär und spannend von den Sportler:innen gestaltet werden. Für die einen bleibt es etwas Abstruses, für die anderen ist es die höchste Form des Entertainments. Dabei sind Namen wie Dwayne „The Rock“ Johnson, John Cena und The Undertaker längst in der Popkultur und Hollywood angekommen.
Die weltweit größte Wrestling-Organisation WWE, World Wrestling Entertainment, hatte in den letzten zwei Jahrzehnten ein Monopol auf die milliardenschwere Industrie. 2019 trat dann mit AEW, All Elite Wrestling, erstmals ein ernstzunehmender Konkurrent in den Ring. Das Duell der beiden Organisationen wird nun auch auf dem Videospielmarkt ausgetragen. Am 29. Juni brachte AEW ihr erstes Spiel „AEW: Fight Forever“ auf den Markt und sagt den WWE-Spielen den Kampf an.
Doch wie kann ein solches Spiel überhaupt spannend sein, wenn der Ausgang der Matches im Vorfeld feststeht? Natürlich wird so getan, als ob alles echt und in der Realität verankert sei. Im Wrestling selbst nennt man dieses Phänomen „Kayfabe“, den Versuch, die Illusion eines echten Wettbewerbs aufrechtzuerhalten.
„AEW: Fight Forever“ ist anfangs kaum komplex, hat keine schwierige Steuerung. Selbst Spieler:innen, die keine Berührungspunkte mit derlei Games haben, finden schnell einen Zugang. Das ist für zwei Stunden unterhaltsam, doch bekommt das Spiel mit zunehmender Länge auch mehr spielerische Tiefe. Ein Standard für Wrestling-Spiele sind der Story-Modus, in dem man seine eigene Karriere durchspielen kann, oder auch die Funktion, seinen individuellen Wrestler zu kreieren. Das bietet auch „AEW: Fight Forever“, aber genretypisch erschöpfen sich diese Funktionen schnell.
Genau das, wonach es klingt
Was insbesondere den Fans auffällt, sind die kleinen Details, die das Spiel mit sich bringt. Die typischen Bewegungen der Wrestler sind sympathisch eingefangen, wie auch deren Tattoos und Kleidung. Zudem gibt es die Option ein „Exploding Barbed Wire Deathmatch“ zu spielen. Das ist genau das, wonach es klingt: Ein Match, indem der Ring mit Stacheldraht eingekleidet ist und nach einiger Zeit explodiert.
Als AEW das 2021 versuchte, schlug das Experiment glorios fehl. Statt großer Explosion gab es ein paar Rauchwolken und Pyrotechnik, die an Wunderkerzen erinnerte. Im Spiel kann man jetzt beides haben – die versprochene große Detonation oder aber die lächerlichen Funken. Das ist optisch zwar nicht allzu beeindruckend und erinnert mehr an ein Spiel der vergangenen Generation. Doch hebt sich „AEW: Fight Forever“ auch nicht durch seine Grafik ab. Das schafft das Spiel vielmehr durch seine charmante, unkomplizierte Action zwischen den Seilen. Und durch die Kleinigkeiten, die für die Fangemeinde und zugleich größte Zielgruppe gedacht sind.
Der direkte Konkurrent zu „AEW: Fight Forever“ heißt „WWE „2K23“ und im Vergleich wirkt das aktuelle Spiel der WWE deutlich polierter. Die Präsentation wirkt ausgereifter, die Grafik ist detaillierter, die Umgebung der Arenen belebter. Man merkt schnell, dass die WWE ihre Spielereihe seit Beginn der 2000er weiterentwickelt hat, wenn auch mit unterschiedlichen Studios.
Und trotz alledem ist „AEW: Fight Forever“ ein Konkurrent, den es ernst zu nehmen gilt. Immerhin bietet die WWE nun nicht mehr das einzige Produkt auf dem lukrativen Spielemarkt an. Zwar gibt es bei AEWs erstem Einstand in der Gaming-Industrie noch reichlich Luft nach oben, doch ist es ein vielversprechender Anfang. Und der mögliche Beginn einer langjährigen Fehde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?