Vox-Show über Lebensmittel: Das Supermarktregal der Löwen
Vier Stunden lang sucht Vox „Die leckerste Idee Deutschlands“. Und findet einen Querschnitt semiaktueller Foodtrends – von Quinoa bis veganem Lachs.
M an muss für eine Kolumne auch mal dahin gehen, wo es wehtut. Zum Beispiel ins Montagabendprogramm von Vox, wo neulich „Die leckerste Idee Deutschlands“ lief: Neue Foodprodukte werden von ihren Erfindern vorgestellt, eine Promi-Jury gibt ihren Senf dazu, 100 Testesser stimmen ab. Der Sieger darf ins Sortiment von Rewe.
In der Kategorie „Frühstück“ tritt dabei eine streichbare Currywurst (davon hatte ich tatsächlich noch nie etwas gehört), gegen den veganen Lachsersatz auf Erbsenbasis (davon schon) an. Letzterer kommt bei der Jury nur so mittelgut an („Ich kann mir das gut in Essen vorstellen, wo man den Lachs nicht so merkt“), und bei den Testessern wohl auch nicht. Die Streichwurst gewinnt.
Beim „Lunchbreak“ kommt „Juppie“ auf den Tisch, Biorahmgeschnetzeltes aus dem Siegerland – und zwar aus Muttertierhaltung, wobei die Kühe auch noch direkt auf der Weide erschossen werden, damit sie vorm Schlachten keinen Stress haben. Auf der anderen Seite steht das Berliner Cateringunternehmen RefuEat, das seit 2016 Arbeitsplätze für Geflüchtete schafft, und inzwischen auch TK-Falafel anbietet – „pure Kichererbsen, so wie in Aleppo“. Die Story ist großartig, das Essen wohl etwas trocken. „Juppie“ gewinnt deutlich.
Die originellste Idee stellen Daniela (Gründerin) und Hündin Püppi (Head of Qualitätsmanagement) vor. Die „Better Bites“ aus Kichererbsen, Kartoffeln und Currygewürz, die Mensch mit Tier gemeinsam wegsnacken kann – 60 Gramm für 3,49 Euro, was selbst für diese Show, wo alles leicht überteuert erscheint, ein wenig krass ist. Sie verlieren gegen einen Bio-vegan-Fairtrade-Puffquinoa-Snack namens „Quinoa Bites“ mit Schokolade und einem Hauch Maca, den Gordon aus Hamburg, Typ Backpacker-Lockenkopf, mitbringt. „Ich möchte, dass ihr uns bei unserer Mission begleitet“, sagt er, wobei nicht recht klar wird, wie der Import von Gewächsen aus Südamerika die Welt besser macht.
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Nachhaltiger ist da schon „Knärzje“ (hessisch für Brotendstück), ein Bier aus aussortierten Backwaren. Leider hat es keine Chance gegen den „Roggen-Henner“, eine handgemachte TK-Pizza aus Roggensauerteig, belegt mit Ziegenkäse, Weintrauben, Schweinespeck und Kasseler Stadthonig. Juror Tim Mälzer ist begeistert und nennt es „Toast Hawaii 2.0“.
Im letzten Duell schlägt „Guayusa“, ein Energy-Tee, benannt nach und gebraut aus einem immergrünen Baum aus Ecuador, „HindyRock“. Das ist eine knallbunte Tüte im Ethno-Yogi-Design, in der sich ein „flotter Dreier von Süßkartoffeln, Roter Bete, lila Kartoffeln“ befindet, wie die Erfinderin Renate und ihr Kompagnon, die auftreten wie überdrehte Kunstagenten aus einem Helmut-Dietl-Film, erfolglos versprechen.
Drei Stunden sind nun rum, vollkommen erschöpft schaue ich noch eine weitere an. Das große Finale! Wo allen Ernstes die Quinoa Bites den Gesamtsieg holen. Zum Glück habe ich keinen Rewe bei mir in der Nähe.
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