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Die TheseOlaf Scholz sollte mal Uno spielen

Antje Lang-Lendorff
Kommentar von Antje Lang-Lendorff

Der Bundeskanzler räumte kürzlich ein, dass er das Kartenspiel Uno nicht kennt. Hätte er es gespielt, wäre er auf vieles besser vorbereitet gewesen.

In seinem ganzen Leben wollte offenbar nie jemand mit Scholz Uno spielen. Ach herrje Foto: dpa

O laf Scholz hat kürzlich einen ungewöhnlichen Einblick in sein Privatleben gewährt. Das ging ein bisschen unter im Nachrichtengewimmel von Gasumlage, toten Fischen und Krieg. Beim Tag der offenen Tür im Kanzleramt erzählte er Kindern am vergangenen Wochenende, dass er in der Schule früher gut war. Seine Hobbys damals? „Ich war jemand, der ziemlich viel gelesen hat.“ So weit, so langweilig. Dann aber fragte ein Junge, ob der Kanzler Uno möge. Scholz wirkte irritiert. „Das ist ein Kartenspiel“, schob der Junge hinterher. Scholz antwortete: „Danke für den Nachsatz, das hätte ich nicht gewusst, also kann ich das auch nicht bewerten.“

Olaf Scholz kennt Uno nicht? Man mag es kaum glauben. Ist das jetzt wieder eine von seinen schwer zu erklärenden Erinnerungslücken? Meint er das ernst?

„Waaaaas?“, fragt auch der Elfjährige, als ich ihm davon erzähle. Für ihn gehört Uno zu seiner Kindheit wie Bolzplatz und Erdbeereis. Und nicht nur für ihn. Uno, diese knallbunte Variante von Mau-Mau, ist seit Jahrzehnten ein Klassiker, bei Kindern wie bei Erwachsenen.

Ziel des Spiels ist es, möglichst zügig alle Karten auf der Hand loszuwerden. Uno ist spaßig, leicht zu erklären und relativ schnell gespielt. Am Küchentisch. In der Kneipe. Auf Schulhöfen. In Zügen und Autos. Auf nassen Handtüchern im Freibad. Könnte man die in Deutschland mit Uno verbrachten Stunden zusammenrechnen, wären das vermutlich viele Millionen, um es in der Sprache des ehemaligen Finanzministers zu sagen. Oder anders ausgedrückt: Uno ist eine der besten Ideen, die je jemand hatte (sie stammt übrigens von einem Friseursalonbesitzer aus Ohio, USA; er hat das Spiel vor über 50 Jahren erfunden).

Wenn Scholz Uno nicht kennt, kann er einem leidtun. Zu Ende gedacht heißt das ja, dass in seinem ganzen Leben nie jemand mit ihm Uno spielen wollte. Ach herrje.

Da hat er echt etwas verpasst. Viele schöne Momente, aber nicht nur das. Hätte Olaf Scholz ein paar Bücher weniger gelesen und stattdessen Uno gespielt, er wäre auf das Amt des Bundeskanzlers wohl besser vorbereitet gewesen.

Denn Uno ist nicht nur lustig. Es fördert auch kognitive und soziale Fähigkeiten, wie man bei Päd­ago­g*in­nen nachlesen kann. Etwa strategisches Denken: Welche Karte spiele ich wann aus? Und auch das „Durchhaltevermögen“, wie es in einem erziehungswissenschaftlichen Papier der Uni Bielefeld heißt. Das wird Scholz noch brauchen, die SPD liegt in Umfragen inzwischen auf dem dritten Platz hinter CDU und Grünen, Robert Habeck kommt als Person bislang deutlich besser an als er.

Ob Scholz das frustriert? Wenn ja: Uno soll auch den „Umgang mit eigenen Emotionen“ schulen. Okay, seine Gefühle hat Pokerface Scholz üblicherweise gut im Griff. Jedenfalls wirkt es so. Uno ist aber auch lebendig, kommunikativ, vielleicht hätte es ihm geholfen, mehr aus sich heraus zu kommen.

Noch eine Zeitenwende

Die Konzentrationsfähigkeit und eine schnelle Auffassungsgabe werden beim Spielen ebenfalls gefördert. Wenn man nur noch eine Karte auf der Hand hat, muss man geschwind „Uno!“ rufen, bevor der oder die Nächste an der Reihe ist, sonst gibt es Strafkarten. Wer nicht schnell genug schaltet, hat Pech. Uno ist wie Gehirnjogging. Und das hilft nicht nur am Spieletisch, sondern im Zweifel auch bei Problem-Pressekonferenzen mit falschen historischen Vergleichen.

Oft werden die genauen Regeln vor den Runden neu verhandelt. Darf man auf eine +4 eine weitere +4 legen und so die Strafkarten weiterreichen? Offiziell ist das verboten, wie die Spielemacher vor ein paar Jahren per Twitter bestätigten. Das sorgte damals für großes Entsetzen, manche Fans empfanden es als eine Art Zeitenwende, sie hatten immer anders gespielt („Meine Kindheit war eine Lüge!“). Am Ende ist es aber egal, denn was geht und was nicht, können die festlegen, die miteinander am Tisch sitzen. Regeln aushandeln und den ­Gegebenheiten anpassen, auch das hätte Olaf Scholz mit Uno üben können.

Das Spiel nimmt gar die Dynamik der Ampel vorweg. Man spielt miteinander, und doch will jeder gewinnen. Rot passt zu Rot, Grün zu Grün, Gelb zu Gelb. Wenn diese Farben aber zusammengehen sollen, muss es einen gemeinsamen Nenner geben. Das ist oft nicht der Fall, und dann kann es schwierig werden.

Wir werden nie erfahren, was für ein Mensch Olaf Scholz wäre, hätte ihm jemand mal Uno gezeigt. Aber noch ist es nicht zu spät. Das Spiel ist klein, es passt in jedes Handgepäck. Bei der nächsten Reise im Regierungsflieger könnte er mit Robert Habeck einfach eine Runde zocken, statt ohne Maske mit Jour­na­lis­t*in­nen zu plaudern. Der kennt das Spiel ja hoffentlich. Übrigens: Bei Uno kann man den anderen mit der richtigen Karte auch mal aussetzen lassen.

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Antje Lang-Lendorff
wochentaz
Teamleiterin Gesellschaft in der wochentaz. Seit 2007 fest bei der taz, zunächst im Berlin-Teil, dann in der Wochenend-Redaktion. Schwerpunkte: Soziales und Reportage.
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6 Kommentare

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  • Tja, ich begegne immer wieder Menschen, die Rommee Canasta, Skat oder Doppelkopf nicht können.



    Dafür gibt es viele Menschen, die Computerspiele kennen , von denen ich nie gehört haben.



    Da kann man/frau natürlich fragen, wo die Gesellschaft hindriftet, wenn Kinder und Erwachsene lieber egoshooter spielen als Gesellschaftsspiele.



    Neben dem heiteren Grundton, was will uns der Artikel sagen?



    Es werden Bundeskanzler und SPD kritisiert.



    Das ist ja, seit Beginn der Ampel, so Usus.



    Die Tatsache, dass dies in der überwiegend rechts angesiedelten Presse und Medienlandschaft in Deutschland passiert, ist nicht völlig überraschend.



    Schließlich ist für diese Menschen alles gut, wenn die CDU am Ruder ist.



    Die taz nimmt für sich allerdings in Anspruch eine linke Tageszeitung zu sein, daher lese ich sie auch lieber als die Bild.



    Bei der permanenten Kritik an der Regierung kann man/frau, aber kaum noch Unterschiede in der Meinungsmache feststellen Bild/Taz , die Überschriften beim Bäcker(Bild) künden Vergleichbares.



    Wohin will also die Taz? Ebenfalls zurück zur CDU?



    Ist ein Millionär, der sein Geld bei blackrock verdient hat, die sozialere Alternative?



    Ist eine Partei, die annläßlich der Flutkatastrophe verkünden läßt, "wegen einem Tag, könne man die Politik nicht ändern" ökologischer?



    Ist ein Parteivorsitzender, der nach seiner Wahl zuerst den Fraktionsvorsitzen verdrängt und den Posten selbst übernimmt, demokratischer?



    Ist ein Innenminister, der meint, "Zuwanderung sei die Mutter aller Probleme" besser für unser Land?



    Wenn sie die o.g. Fragen mit "ja" beantworten können, sind Sie geborene CDU WählerIn mit Option AfD.



    Links ist das allerdings nicht.



    Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass neben den rechtsgerichteten Regierungen der östlichen EU Nachbarn auch in "old europe" der Trend zu rechter Politik zunimmt.



    Wir haben uns einen bunten Strauß zusammengewählt.



    Den sollten wir pflegen. Schwarze Blumen gehören auf den Müll. Die blaue Alternative? Wähl ich nicht.

  • Vielleicht sollten die Grünen auch mal Uno spielen, dann wüssten sie das man auf Grün kein Gelb legen kann, es sei denn es steht das selbe auf der Karte.

  • Zu meiner Schulzeit haben wir einfach Mau-Mau gespielt. Ist doch das gleiche.

  • Weshalb sollte Herr Schulz das Spiel kennen müssen?

    Ich bin ca. 20 Jahre jünger als Herr Schulz und gehöre der ersten Generation der Spieler von UNO an. Nach meiner Jugend habe ich das Spiel erst wieder mit meinen Kindern gespielt. Dazwischen hatte ich keine Zeit dafür.

    Herr Schulz hat keine Kinder und damit auch überhaupt keine Berührungspunkte zum Spiel.

  • Hmm ... Memory wäre vermutlich besser gewesen ... so in Sachen Erinnerungslücken und so ...

    • @Bolzkopf:

      :-) Treffer, versenkt!