Finanzkriminalität in Deutschland: Geldwäsche zahlt sich weiter aus

Viele Behörden, wenig Personal: Ein Prüfbericht attestiert Deutschland Defizite im Kampf gegen Finanzkriminalität. Lindner reagiert mit neuer Behörde.

Aktivistinnen und Aktivisten protestieren vor dem Bundesfinanzministerium

Die Bürgerbewegung Finanzwende protestiert vorm Finanzministerium für mehr Einsatz gegen Geldwäsche Foto: Fabian Sommer/dpa

BERLIN taz | Es ist ein ernüchterndes Zeugnis. Zwei Jahre hatte die internationale Financial Action Task Force (FATF) die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland geprüft. Am Donnerstag legte sie ihren 320 Seiten starken Bericht vor: Trotz einiger Fortschritte gebe es weiter teils „große Defizite“, heißt es dort.

Deutschland gilt schon länger als Geldwäscheparadies. Das Dunkelfeld der Finanzkriminalität ist groß, die Kontrolle auf mehr als 300 Aufsichtsbehörden zersplittert. Dem Staat gehen so jährlich wohl mehrere Milliarden Steuereinnahmen verloren. Entsprechend kritisch geht auch die FATF, die bei der OECD angesiedelt ist, mit Deutschland ins Gericht.

Deutschland habe zwar mit neuen Gesetzen und Ermittlungsbefugnissen „signifikante Verbesserungen“ im Kampf gegen Geldwäsche in den vergangenen fünf Jahren erzielt. Das Problembewusstsein sei gestiegen, auch die Zusammenarbeit zwischen Bundes- und Länderbehörden. Gewürdigt wird auch die Einführung des Transparenzregisters und der Personalaufwuchs bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und der Financial Intelligence Unit (FIU), die Verdachtsmeldungen von Banken prüft. Einige der Reformen seien aber „noch nicht vollständig effektiv“, konstatiert die FATF.

Das Hauptproblem blieben die 300 Aufsichtsbehörden, deren Zusammenarbeit eine „Herausforderung“ im Kampf gegen Finanzkriminalität darstellten. Viele von ihnen wiesen zudem einen „kritischen Mangel an Ressourcen“ auf. Auch der FIU fehlten immer noch technische Instrumente, um die zehntausenden Verdachtsmeldungen sachgerecht zu prüfen. Und ihre ermittelte Fälle erschienen weiterhin zu niedrig, gemessen an der Wirtschaftsgröße und internationalen Verflechtung Deutschlands. Auch die BaFin, welche die Banken beaufsichtigt, müsse im Bereich der Hochrisikogeschäfte aktiver werden.

„Große Defizite“ im Nichtfinanzsektor

Vor allem aber im Nichtfinanzsektor – etwa beim Glücksspiel, Immobiliengewerbe oder Notarwesen – sei die Kontrolle ungenügend. Hier gebe es „große Defizite“ bei der Meldung von Verdachtsfällen, so die FATF. Es fehle an Koordination bei der Überwachung, bestehende Instrumente würden nicht ausreichend angewandt. Zudem bleibe eine fehlende Obergrenze für Bargeldgeschäfte ein Problem. Lob gibt es dagegen für den Kampf gegen die Terrorismusfinanzierung. Hier ermittele und verhindere Deutschland effektiv Aktivitäten.

Die Kritik der FATF hatte sich abgezeichnet, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) war ihr zu Wochenbeginn zuvorgekommen – und hatte die Gründung eines Bundesfinanzkriminalamts angekündigt, das die Finanzaufsicht bündeln und Großermittlungen forcieren soll. In der Ampel stieß das auf Wohlwollen. Die SPD mahnte aber an, nicht einfach eine Extra-Behörde zu schaffen, sondern die Aufgaben tatsächlich besser zu organisieren.

„Neue Behörde allein ist keine Lösung“

Auch Initiativen und Gewerkschaften lobten den Vorstoß. Die neue Behörde sei „ein guter Ansatz“, um die Zersplitterung der Aufsichtsbehörden zu beenden, erklärte Transparency International. Diese brauche aber auch entsprechende Ermittlungsbefugnisse. Die Bürgerbewegung Finanzwende verwies etwa auf fehlende Instrumente zur Vermögensabschöpfung. Auch müsse dort mit zu CumEx-Geschäften ermittelt werden. „Eine neue Behörde allein ist noch keine Lösung“, erklärte die Initiative.

Auch die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft lobte Lindners vorgeschlagenes Bundesfinanzkriminalamt. Sie forderte zudem eine Obergrenze für Bargeldgeschäfte und eine Beweislastumkehr: Bei unerklärlich hohen Reichtums sollten Bürger nachweisen müssen, dass dieser nicht illegal entstanden sei.

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