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Ministerien-Zuschnitt von Schwarz-GrünMännerstreit vorprogrammiert

In Schleswig-Holstein gibt es künftig wieder getrennte Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt: Das dürfte die Umweltpolitik der Grünen bremsen.

Bislang Bauernverband-Präsident, nun Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein: Werner Schwarz Foto: Axel Heimken / dpa

Neumünster taz | Die letzte Hürde ist genommen: Am Montagabend gaben auch die schleswig-holsteinischen Landesparteitage der CDU und der Grünen ihr Okay zum Koalitionsvertrag, zum Zuschnitt der Ministerien und zu den Personen, die künftig die Häuser übernehmen sollen. Doch eine Reibungslinie lässt sich bereits ausmachen: Die Bereiche Landwirtschaft und Umwelt, die fast 20 Jahre lang unter einem ministeriellen Dach gemeinsam verantwortet wurden, sind künftig wieder getrennt. Selbst die beiden neuen Amtsinhaber sind nicht glücklich darüber.

„Ich bin jemand, der Landwirtschaft und Naturschutz zusammendenkt“, sagte Tobias Goldschmidt, der am Mittwoch als Umweltminister vereidigt wird, in einem Interview mit dem Flensburger Tagesblatt. Er machte klar, dass die Grünen beide Bereiche gern in einem Ministerium behalten hätten.

Goldschmidt kennt das Haus genau: Seit 2012 arbeitet er in verschiedenen Funktionen im Ministerium, in den vergangenen fünf Jahren war er Staatssekretär. Die Grünen hatten den Politikwissenschaftler aus dem niedersächsischen Haselünne im Frühjahr als möglichen Minister benannt. Sein Amtsvorgänger Jan-Philipp Albrecht hat Kiel bereits verlassen, um seinen neuen Posten als Vorstand der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung anzutreten.

„Melund“ wurde das Ministerium zuletzt abgekürzt und war für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung zuständig. Künftig wird das L fehlen: Die CDU setzte ein eigenes Landwirtschaftsministerium durch.

Bislang Energiewende-Staatssekretär, nun Umweltminister in Schleswig-Holstein: Tobias Goldschmidt Foto: Axel Heimken / dpa

Dessen Leitung soll Werner Schwarz übernehmen, so vermeldete die SHZ. Bis Redaktionsschluss der taz gab es dafür noch keine offizielle Bestätigung, aber die Personalie passt: Der gelernte Landwirt führt seit 1994 den elterlichen Acker- und Schweinemastbetrieb nahe Bad Oldesloe. Vor allem aber ist er seit 2008 Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein. In dieser Funktion hatte er sich vor kurzem kritisch zur Aufteilung des Ministeriums geäußert: Durch die Trennung bestehe die Gefahr einer Blockade wichtiger Entscheidungen.

Schleswig-Holstein hatte bisher sieben Ministerien, die im Lauf der Jahre immer mehr Aufgaben erhielten. Die Größe der Häuser hatte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags als einen Grund für die neuen Zuschnitte genannt. Auch getrennt sind nun die Bereiche Gesundheit und Soziales.

Übernimmt Schwarz das neue Ministerium, das auch für Europa und Verbraucherschutz zuständig sein soll, ist Streit mit Goldschmidt vorprogrammiert. Der Grüne stellt Klimaschutz obenan, will unter anderem die Zahl der Windräder erhöhen und einen Nationalpark Ostsee einrichten, was Schutzzonen im Wasser und am Ufer bedeutet.

Obwohl der Bauernverband den Klimawandel bereits spürt und diese Bedrohung durchaus ernst nimmt, lehnen seine – überwiegend männlichen – Funk­tio­nä­r*in­nen in der Regel alle Einschränkungen der konventionellem Bewirtschaftungsweise ab. Kritik, die 2020 etwa an zu hohen Emissionen durch Viehhaltung und Belastung durch Dünger laut wurde, wies der Bauernverbandspräsident als „unfair“ zurück: „Die Bauern gehen beim Klimaschutz voran“, sagte Schwarz – obwohl die Datenlage zeigt, dass die Werte keineswegs gesunken sind.

Schwarz, der auch zehn Jahre lang Vizepräsident des Bundes-Bauernverbandes war, stammt aus einer politisch engagierten Familie: Sein Großvater gleichen Namens war in den 60er-Jahren Bundeslandwirtschaftsminister, ein Großonkel war Landesjustizminister und kommissarischer Ministerpräsident nach der Barschel-Affäre. Die heutige Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) ist eine Cousine von Werner Schwarz.

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1 Kommentar

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  • Einen Bauernlobbyisten zum Minister zu machen und gleichzeitig immer von Klimaschutz zu faseln widerspricht sich Herr Günther.