: Rechte hält AfD für unwählbar
Die ehemalige AfD-Landeschefin Doris von Sayn-Wittgenstein warnt vor Spitzeln des Verfassungsschutzes in der Partei
Von Andreas Speit
So ausweichend die Antworten des Schleswig-Holsteinischen Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Doris von Sayn-Wittgenstein sind – die Politikerin liest sie als Bestätigung dafür, dass Spitzel für den Verfassungsschutz im AfD-Landesverband aktiv sind. Dies hat sie nun in einer Erklärung öffentlich gemacht.
Tatsächlich beantwortet das Innenministerium nur eine der fünf Fragen der ehemaligen Landesvorsitzenden der AfD und gegenwärtig fraktionslosen Abgeordneten eindeutig: Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Kiel habe „Kontakt zu Mitgliedern“ der AfD aufgenommen. Es seien Personen angesprochen worden, schreibt das Ministerium, „mit dem Ziel, die verfassungsfeindlichen Bestrebungen eines völkisch-nationalistischen Personenzusammenschlusses in der AfD aufzuklären“.
Sayn-Wittgenstein wollte allerdings auch wissen, ob AfD-Mandatsträger:innen im Landtag oder in den Kommunen die Verfassungsschützer:innen mit Informationen versorgen. Gleiches wollte sie auch über AfD-Kandidat:innen für die anstehende Landtagswahl am 8. Mai in Erfahrung bringen. Das Innenministerium aber betont, dass die Offenlegung solcher Informationen dem „Schutz der Interessen Einzelner“ zuwiderliefe und eine Beantwortung „nicht im öffentlichen Interesse“ liege. Weiter schreibt das Innenministerium aber auch, dass es nicht nur um den Schutz jener Personen gehe, die den Verfassungsschutz mit Informationen versorgen. Man wolle auch verhindern, dass „Arbeitsweise und Funktionsfähigkeit von Geheimhaltungszusagen“ bekannt werden.
Die Antworten können insofern als Bestätigung für geheimdienstliche Aktivitäten gelesen werden. Überraschend wäre das nicht: 2020 erwähnte das Landesamt für Verfassungsschutz erstmals die AfD in seinem Tätigkeitsbericht. Deshalb gilt der Einsatz geheimdienstlicher Mittel, wozu das Anwerben von Vertrauenspersonen gehört, als wahrscheinlich.
Dass die Antworten der AfD schaden, betont Sayn-Wittgenstein nun öffentlich – stören dürfte sie das nicht: Die Nähe der Abgeordneten zu rechtsextremen Netzwerken und Vereinen kostete sie die AfD-Fraktionszugehörigkeit und später die Parteimitgliedschaft. In ihrer Mitteilung liefert Sayn-Wittgenstein nicht bloß die Interpretation, dass „Verfassungsspitzel“ im Landtag säßen.
Sie warnt auch vor Kontakt mit der AfD: Bürger:innen, die sich vertraulich an AfD-Abgeordnete wendeten, müssten nun damit rechnen, „weitergemeldet“ zu werden. Schuld daran seien Sayn-Wittgensteins Widersacher auf Bundesebene. Die Politikerin mutmaßt, dass der AfD-Ehrenvorsitzender Alexander Gauland „im Auftrag der Dienste“ einen erfolgreichen Aufbau der AfD in Schleswig-Holstein habe verhindern wollen.
Das Fazit ihrer Erklärung: eine „unabhängige, nur dem Wähler verpflichtete“ AfD gebe es nicht mehr. Ihre Konsequenz: die Partei sei die AfD darum am 8. Mai „nicht wählbar“.
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