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LGTB-feindliches Gesetz in FloridaSagen Sie LGBT!

Ein neues Gesetz in Florida erschwert das Sprechen über Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung an Schulen. Das schadet vor allem den Kindern.

Protest für LGBT Rechte und gegen das „Don t say gay“-Gesetz in Tampa, Florida im März Foto: Arielle Bader/Zuma/imago images

D er konservative Senat in Florida hat queeren Kindern den Boden unter den Füßen weggezogen. Ein neues Gesetz in dem US-Bundesstaat verbietet unter anderem, in den Klassenstufen null („Kindergarten“) bis drei über Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung zu unterrichten. Jedenfalls in einer Weise, „die nicht alters- oder entwicklungsgemäß“ ist. Klingt zunächst vernünftig, leider verstehen viele Konservative unter „altersgemäß“, dass man mit kleinen Kindern besser gar nicht über Queerness redet.

Liberale sprechen deshalb vom „Don’t say gay“-Gesetz. Das ist zwar nicht ganz korrekt, denn das Gesetz, das Gouverneur Ron DeSantis noch unterzeichnen muss, verbietet das Sprechen über sexuelle Orientierung und Gender nicht komplett. Kri­ti­ke­r*in­nen fürchten aber, aus Angst vor Klagewellen könnten Grundschulen ihrem Personal vorsichtshalber einen generellen Maulkorb verpassen.

Das Gesetz ist ein Zugeständnis an konservative Familien, die verhindern wollen, dass ihr Kind in der Schule queer „gemacht“ wird. Oder, übersetzt: die verhindern wollen, dass das Kind in der Schule ermutigt wird, Facetten an sich zu entdecken, die fantasiebefreite Eltern nicht wahrhaben wollen. Das Gesetz garantiert Eltern auch Mitwissen über und Vetorecht gegen jede psychologische Beratung, die ihr Kind in der Schule bekommt. Es verbietet Schulen außerdem, Informationen über das Kind vertraulich zu behandeln.

Den totalen Kontrollverlust für jedes Kind, queer oder nicht, den das zur Folge hat, kann man sich vorstellen. Du kannst dich niemandem anvertrauen, weil du befürchten musst, dass alles an deine besorgten Eltern weitergetragen wird. Und das in einer Atmosphäre, die nicht mal eine entspannte Schulstunde über Geschlechter zulässt.

Homophobe Ideen verinnerlichen schon die Kleinen

Aber genug bequem aufgeregt über die USA. Wie sieht es in Deutschland aus? Liberaler, ja, Sprechverbote sind nicht in Planung. Ebenso wenig aber tiefgehende Lehr- und Betreuungspläne für den queeren Lebenslauf zwischen 1 und 18. Kinder festigen ihre Geschlechtsidentität – konform oder nicht – meist schon im Kindergarten.

Sexualität kommt später, aber homophobe Ideen verinnerlichen schon die Kleinen. Eltern wiederum sind ohnehin nicht perfekt. Sie haben Wünsche, wer ihr Kind werden soll, von denen sie sich oft nur schwer lösen.

Wer ist also für das Kind da? Wer liefert Wissen, Zuspruch, ein Ohr, Verschwiegenheit? Wissen Sie, wer diese Person in der Schule oder Kita ihres Kindes ist? Wissen Sie, was die Schule oder Kita anbietet für den Fall, dass Kinder sich Fragen stellen, die sie vielleicht beschämen?

Fragen Sie! Nach queer, nach trans, nach Gender und LGBT, LGBTIA, LGBTIAQ. Es ist egal, wie Sie das aussprechen. Wichtig ist, dass Sie Nachfrage signalisieren. Und: Seien Sie keine totalitären Eltern! Akzeptieren Sie, dass ihr Kind nicht alles mit Ihnen teilen will. Dass es nicht jeden Weg mit Ihnen gehen wird.

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Peter Weissenburger
Freier Autor
Schreibt über Kultur, Gesellschaft, queeres Leben, Wissenschaft.
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1 Kommentar

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  • "Fragen Sie! Nach queer, nach trans, nach Gender und LGBT, LGBTIA, LGBTIAQ"

    Und bitte auch nach schwul und lesbisch!

    Es ärgert mich immer wieder, dass in angeblich progressiven Medien sexuelle Orientierungen nur noch als Unterkategorien von Oberbegriffen vorkommen, die sie mit sexuellen Identitäten zusammenschmeißen, obwohl sie damit gar nichts zu tun haben.