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Politikwissenschaftler über Mali„Deutschland muss präsent bleiben“

Christian Klatt ist als Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bamako gegen einen Abzug der Bundeswehr aus Mali. Doch der Einsatz müsse evaluiert werden.

Soldaten der Bundeswehr im Rahmen der Un Mission MINUSMA in Gao 2016 Foto: MIchale kappeler/picture alliance
Interview von Katrin Gänsler

taz am Wochenende: Am Mittwoch führt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Gespräche zur Zukunft des französischen Einsatzes in Mali. Auch in Deutschland diskutiert man über einen Abzug, die Bundeswehr ist dort präsent. Herr Klatt, was spricht für die Bundeswehr in Mali?

Christian Klatt: Es spielt eine wichtige Rolle, dass Deutschland weiter präsent ist. Bei der MINUSMA ist eines der entscheidenden Mandate der Schutz der Zivilbevölkerung, ein UN-Mandat, das losgelöst von der gesamten französischen Debatte besteht. Das muss man trennen. Zudem kreiert die Präsenz deutscher Militärs zwei Realitäten: Ein Interesse in Deutschland an Mali, das für das Land förderlich ist, weil man auf einer guten partnerschaftlichen Ebene zusammenarbeiten und Dinge erreichen kann; und natürlich das Gewicht im Gespräch mit den malischen Partnern. Deutschland wird als Partner weiterhin sehr geschätzt. Ein Abzug würde bedeuten, dass man Einfluss verliert bzw. die Möglichkeiten, Mali zu unterstützen.

Christian Klatt/twitter
Im Interview: Christian Klatt

ist Politikwissenschaftler und leitet seit 2019 das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Mali mit Sitz in Bamako.

Was spricht gegen die Bundeswehr in Mali?

Ich bin definitiv auf der Seite, dass man bleiben sollte. Natürlich sollte man das evaluieren. Es muss Veränderungen geben und eine Diskussion stattfinden, aufgrund der Lage – wir haben zwei Militärputsche innerhalb eines Jahres gesehen. Und dann ist da natürlich die Frage nach dem bisherigen Erfolg: Was hat es gebracht, Militärs auszubilden? Wie erfolgreich war das? Und wie erfolgreich war die UN-Mission? Ich glaube, für beide Missionen kann man Erfolge nachweisen. Sie könnten aber deutlich größer sein.

Wie wird in Mali darüber diskutiert?

Wenig. Viel aufgegriffen wird der anti-französische Diskurs. Der wird ja auch sehr gut von der Übergangsregierung genutzt, kristallisiert durch Premierminister Choguel Maïga. Die Menschen diskutieren aber nicht darüber, ob wir überhaupt ausländische Truppen haben wollen. Das ist jetzt die Situation in Bamako. Aus anderen Landesteilen hört man, dass man auch die positiven Auswirkungen der Missionen sieht. Und entsprechend fragt man sich schon, was danach kommen soll, wenn sie durch andere ersetzt werden. Etwa russische Ausbilder oder Söldnertruppen.

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4 Kommentare

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  • Es fehlt ein offensives Vorgehen gegen die terroristischen Gruppen, die die Region mit Bomben und Massakern überziehen!

    • @nzuli sana:

      Hat man doch gemacht. Aber die Terroristen sind so dreist, sich nicht einfach besiegen zu lassen. Gleich recht nicht von dahergelaufenen Fremden...

  • "Was hat es gebracht, Militärs auszubilden?" - 2 Putsche in einem Jahr. Das ist doch etwas Zählbares, möchte man halb ironisch feststellen. Bitte die BW abziehen! Lieber früher als später.

    Es ist eine besserwisserische, postkoloniale Anmaßung, den Menschen in Mali in derartigen "Ausbildungsmissionen" irgendetwas beibringen zu wollen. Der Wille zur Verteidigung einer Demokratie muss aus der Bevölkerung heraus kommen, aus der sich das Militär ja rekrutiert.

    Demokratische Kultur lässt sich nicht von außen erzwingen. Schon gar nicht durch Militäreinsätze. 20 Jahre in Afghanistan sind ein weiteres Beispiel für diesen Irrglauben.

  • "Was hat es gebracht, Militärs auszubilden?"

    Putschen können sie schon mal recht gut...