Gespräche Nordmazedonien und Bulgarien: Der Neue soll's richten
Dimitar Kovačevski ist nur knapp zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Er muss nun die Energiekrise überwinden – und Bulgarien besänftigen.
Dimitar Kovačevski wurde erst in der Nacht zum Montag ins Amt gewählt, wenn auch denkbar knapp: 62 von 120 Stimmen im Parlament bestätigten den Sozialdemokraten als neuen Ministerpräsidenten.
Der bisherige Vizefinanzminister ist als politische Figur vielen bislang unbekannt, gilt aber als unaufgeregter Politiker – und stellte gerade deshalb für seine Partei, die sozialdemokratische SDSM, die passende Wahl dar. Denn der Abstimmung ging eine monatelange Krise voran: Der bisherige Amtsinhaber Zoran Zaev war nach herben Verlusten der SDSM bei den Lokalwahlen im Oktober zurückgetreten und hatte daraufhin Kovačevski als seinen Nachfolger empfohlen. Im Dezember hatte der bereits Zaevs Posten als Chef der Sozialdemokraten eingenommen.
Zu tun gibt es zur Genüge für Kovačevski und sein zum Teil neu bestücktes Kabinett, bestehend aus zwölf Ministern der SDSM sowie aus sechs beziehungsweise drei der Albaner-Parteien DUI und Alternativa. Vor allem gelte es, die Energiekrise zu überwinden und „den Lebensstandard sicherzustellen“, sagte Kovačevski in seiner Antrittsrede. Wegen der hohen Energiepreise besteht in Nordmazedonien die Gefahr, dass bei vielen Menschen in den kommenden Wintermonaten Heizung und Strom ausfallen könnten. Kovačevski kündigte dafür umgerechnet 130 Millionen Euro Soforthilfe an.
Als weitere Prioritäten seiner Amtszeit nannte er den Umgang mit der Coronapandemie, von der Vorgängerregierung nicht gerade rühmlich gemanagt, wie der verheerende Brand einer Covidstation in Tetovo im Norden des Landes zeigte, sowie wirtschaftliche Reformen. Diese sind bitter nötig, damit junge Menschen nicht weiterhin in großer Zahl in Richtung Westeuropa ziehen.
Frischer Wind auch in Bulgarien
Auch die Beziehung zu Bulgarien will Kovačevski verbessern. Für Skopje hätten die EU-Beitrittsgespräche eigentlich längst starten sollen. Doch Bulgarien beharrt auf seinem Veto. Dabei geht es um einen Streit über die Sprache und Kultur Nordmazedoniens, die bulgarische Wurzeln hätten. Ein damit verknüpfter Forderungskatalog dürfte am Dienstag Thema werden, wenn der bulgarische Regierungschef Petkow zu Gesprächen in Skopje eintrifft.
Bei all diesen Herausforderungen genießt Kovačevski allerdings nur einen schmalen Rückhalt im Parlament. Gegen ihn hatte bei der nächtlichen Abstimmung die rechte Oppositionspartei VMRO-DPMNE gestimmt und wiederholt Neuwahlen gefordert. Mehrere kleinere Parteien hatten den Sozialdemokraten nur unter Vorbehalt unterstützt: Innerhalb von drei Monaten müsse dieser das Wahlrecht zugunsten kleiner Parteien reformieren. Ansonsten würden sie ihm ihre Unterstützung entziehen, Neuwahlen wären die Folge.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!