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Verschmutzung der Ahlhorner TeicheGülle bei die Fische

Nitrateinträge in den Fluss Lethe durch die Landwirtschaft bedrohen das Naturschutzgebiet Ahlhorner Fischteiche. Der Nabu fordert Sofortmaßnahmen.

Problem Gülle: Pro Jahr gelangen 167 Tonnen Nitrat ins Ahlhorner Teichsystem Foto: Peter Kneffel / dpa

Göttingen taz | Der Grundwasserspiegel sinkt, Flora und Fauna leiden, die Teiche verschlammen: Umweltschützer sehen die Ahlhorner Fischteiche bedroht, ein bedeutendes Biotop im Oldenburger Land. Als Verursacher stehen der viel zu hohe Düngereintrag in den Fluss Lethe, die Verdichtung der Landwirtschaft in den Randzonen, Grünlandumbruch, Wassermangel sowie Sandabbau im Quellgebiet des Flusses am Pranger.

Die Ahlhorner Fischteiche sind seit 1993 ein Naturschutzgebiet. Das rund 485 Hektar große Areal ist Teil des FFH-Gebietes „Sager Meere, Ahlhorner Fischteiche und Lethe“ und ein europaweit anerkanntes Natura-2000-Schutzgebiet. Allein das 130 Hektar umfassende Kerngebiet um die Teiche beherbergt viele seltene Tier- und Pflanzenarten, wie Zwergbinsen, den Kammmolch oder das Neunauge.

Eingebettet in einen Mischwald, erfüllt das Areal zudem eine bedeutsame Erholungsfunktion. Wanderfreunde können die Fischteiche auf sechs verschiedenen Wegen erkunden, die zwischen anderthalb und fünf Kilometer lang sind und sich auch miteinander kombinieren lassen. In unmittelbarer Nachbarschaft des Teichgebietes fördert zudem der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband Trinkwasser für die Region.

Das Naturschutzgebiet wird durch Grundwasser und die Lethe gespeist, dessen Oberlauf nicht im Naturschutzgebiet liegt, sondern außerhalb in den Landkreisen Oldenburg und Cloppenburg. An den Randbereichen der oberen Lethe wird intensive Landwirtschaft betrieben.

Dass das Biotop in schlechter Verfassung ist, hatten die Niedersächsischen Landesforsten als Eigentümer der Teichwirtschaft bereits 2019 festgestellt. In einem umfangreichen Mess­programm maßen die Forstleute die negativen Einflüsse und dokumentierten ihre Auswirkungen. So wurde bekannt, dass zum einen zu wenig Wasser in die Teiche fließt und zum anderen die Wasserqualität durch hohe Nitratmengen belastet wird. Pro Jahr gelangen demnach 167 Tonnen Nitrat ins Teichsystem, von denen 133 Tonnen dort verbleiben.

Es ist für die Alhorner Fischteiche bereits später als 5 vor 12

Hartmut Drebing, Nabu Oldenburger Land

Dieser Tage bekräftigte der Naturschutzbund (Nabu) seine Forderung nach konsequenten Schutzmaßnahmen, um das „Tafelsilber des Naturschutzes“ zu retten. „Es steht schon auf der Kante“, sagt der Vorsitzende des Nabu im Oldenburger Land, Hartmut Drebing. „Es ist für die Ahlhorner Fischteiche bereits später als 5 vor 12.“ Die dramatischen Entwicklungen in dem Gebiet, das durch mehr als 200 festgestellte Vogelarten, viele gefährdete Amphibien-, Fledermaus- und vor allem auch Pflanzenarten charakterisiert sei, müssten das Land zum schnellstmöglichen Handeln antreiben.

Wie andere Naturschutzverbände auch, fordere der Nabu dies bereits seit den 1970er-Jahren ein. Die schleichende Zerstörung des Naturschutzgebiets durch die Intensivlandwirtschaft oberhalb müsse sofort gestoppt werden. „Sonst werden Rothalstaucher und Schell­ente ebenso wie viele andere Arten dort keine Zukunft haben“, warnt Drebing. Es müsse zu Extensivierungen und auch von Dünger- und Nitrateinträgen völlig freizuhaltenden Bereichen im Oberlauf der Lethe bis in deren Quellgebiet kommen.

Die Landesregierung in Hannover sieht durchaus Handlungsbedarf, wie aus einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht. Für FFH-Gebiete seien allerdings grundsätzlich die unteren Naturschutzbehörden zuständig, im konkreten Fall also die Landkreise Oldenburg und Cloppenburg. Ihnen kämen die Aufgaben der hoheitlichen Sicherung, der Überwachung des Zustands und der Einhaltung der Regelungen der Schutzgebietsverordnungen sowie die Initiierung der darüber hinaus auf freiwilliger Basis angestrebten Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen zu.

Die Cloppenburger Kreisverwaltung ist auch schon aktiv geworden. Alle Eigentümer von landwirtschaftlichen Flächen entlang der Lethe seien nochmals über das Interesse des Ankaufs eines Gewässerrandstreifens informiert. Mit drei Eigentümern seien bereits Kaufverhandlungen geführt worden. Bei einer rund 4.000 Quadratmeter großen Fläche gehe der Landkreis davon aus, dass die Fläche in seinen Besitz kommen werde.

Neben dem Flächenankauf will die Kreisverwaltung kurzfristige Sofortmaßnahmen auf den Weg bringen. So soll die geplante Entschlammung eines der Teiche, des Mühlenteiches, für Entlastung sorgen. Die letzte Entschlammung des Gewässers war vor Jahrzehnten beim Autobahnbau erfolgt. Die Beprobung des Schlamms beim Mühlenteich sei bereits veranlasst, hieß es. Das Ergebnis werde in Kürze erwartet. Die nun auf den Weg gebrachten Maßnahmen seien immerhin ein Anfang, sagt Grünen-Kreistagsmitglied Fabian Wesselmann der Nordwestzeitung: „Da muss aber noch mehr kommen. Wenn es aber in dem Tempo weitergeht, mache ich mir Sorgen um die Ahlhorner Fischteiche.“

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1 Kommentar

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  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Wieso lassen sich die Bürger das gefallen? Wieso geht man nicht direkt gegen diese Umweltsäue vor? Wenigstens eine genaues Protokoll, wann und in welchem Zeitraum wird die Gülle ausgebracht - soll er ruhig sehen, seine Beobachter!

    Diese Gesellschaft hält sich mehr und mehr nicht mehr an Regeln.