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Pflegekräfte im KrankenhausWer bekommt den Corona-Bonus?

Gesundheitsminister Lauterbach will Zusatzzahlungen vor allem an besonders pandemiebelastete Pflegekräfte auszahlen. Das stößt auf Kritik.

Nicht nur auf Intensivstationen arbeiten Pfle­ge­r:in­nen am Rande der Belastungsgrenze Foto: Kay Nietfeld/dpa

Schon vor Ausbruch der Coronakrise arbeiteten Krankenhauspfleger wegen zu knapper Personaldecken häufig an der Belastungsgrenze. Die Pandemie hat viele Pflegekräfte zusätzlich stärker belastet als fast jede andere Berufsgruppe. Auch deshalb hat die Ampelkoalition beschlossen, als Zeichen der Wertschätzung eine Milliarde Euro Coronabonus an Betroffene auszuzahlen.

Zudem sind etwaige pandemiebedingte Sonderzahlungen bis zu 3.000 Euro steuerfrei – bisher galt das nur für Beträge von bis zu 1.500 Euro. Ende des vergangenen Jahres wurde das Vorhaben jedoch vorerst auf Eis gelegt, weil nicht klar war, wer genau Anspruch auf Zusatzzahlungen haben soll.

Nun hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sich zu Wort gemeldet. „Der Pflegebonus sollte vor allem Pflegekräften bezahlt werden, die in der Coronapandemie besonders belastet waren“, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dann könne der Bonus auch in nennenswerter Höhe angesetzt werden. Demnach dürfte der Bonus nicht dem gesamten Pflegepersonal zugutekommen.

Rund 700.000 Pfleger gibt es in deutschen Kliniken. Würde man die veranschlagte Milliarde Euro gleichmäßig unter ihnen aufteilen, käme jeder Arbeitnehmer auf etwas mehr als 1.400 Euro. Auf Nachfrage der taz äußerte sich das Bundesgesundheitsministerium jedoch nicht zu der Frage, wer genau nun den Coronabonus erhalten soll – und wer nicht. Auch die Frage, welcher Betrag eine „nennenswerte Höhe“ darstelle, blieb zu Redaktionsschluss unbeantwortet. Stattdessen äußerten sich Opposition und Verbände zu Lauterbachs Überlegungen.

„Alle haben das zusammen gewuppt.“

Alexander Eichholtz, stellvertretender Vorsitzender des Personalrats der Berliner Charité, spricht sich gegen eine Auszahlung des Coronabonus nur für bestimmte Teile des Pflegepersonals aus. „Wir hatten Bereiche, die andere Patienten aufgenommen haben und entsprechend belastet wurden, um Kapazitäten für die Versorgung von Covid-Patienten zu schaffen“ sagte der Intensivpfleger der taz. Man könne nicht sagen, es gebe Pflegemitarbeiter, die Herausragendes geleistet hätten, und die anderen nicht. „Alle haben das zusammen gewuppt.“

Auch Labor- und Apothekenmitarbeiter hätten über das übliche Maß hinaus gearbeitet. „Ich finde es ungerecht, wenn die keinen Bonus bekommen“, sagte Eichholtz. „Eine kleinteilige Lösung wird zu einer Spaltung der Belegschaft führen.“ Die Bundesregierung habe auch zu wenig Geld bereitgestellt. Eichholtz selbst plädiert für ­einen Coronabonus von 10.000 Euro, um Personal zu halten und anzuwerben sowie um langfristig die ­Krankenhauspflege zu stabilisieren.

Ähnlich sieht das Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler. „Alle Beschäftigten in den Krankenhäusern, in der stationären und ambulanten Altenpflege, in Reha-Einrichtungen und in der Behindertenhilfe müssen die von der neuen Bundesregierung angekündigte Coronaprämie bekommen“, teilte Bühler der taz mit.

Impfpflicht ging schneller

Deutliche Kritik an Lauterbachs Vorstoß äußerte die Linke. Die Parteivorsitzende Janine Wissler sagte am Mittwoch: „Die versprochen Bonuszahlungen nur einem kleinen Kreis von Pflegekräften zukommen zu lassen wäre wirklich schäbig.“ Nahezu alle Beschäftigten im Gesundheitssystem ächzten unter der Last von Corona. „Da ist es doch das Mindeste, allen den Bonus auszuzahlen.“

Neben fehlenden Details gibt es offenbar auch noch keinen Zeitplan, wann der Pflegebonus im Bundestag beschlossen werden soll. Auf Anfrage der taz ließ die grüne Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche lediglich mitteilen, man werde den Pflegebonus angehen. Die genaue Ausgestaltung sei noch in Abstimmung.

Bei der Impfpflicht für Pfleger wurde man sich übrigens schnell einig. Schon zwei Tage nach der Vereidigung der neuen Regierung wurde sie beschlossen. Bei den Finanzhilfen für Pfleger dauert es offenkundig länger.

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8 Kommentare

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  • "Corona-Bonus für Beamte u. Richter"

    Schon tariflich (!) vereinbart !



    Für Leute, die fernab von Corona arbeiten und max. von 8-12 arbeiten (ohne Nachtschicht, Wochenenddienst etc.)



    Ein wirklich schlechter Scherz !!!

    Krankenschwestern etc. warten immer noch !

    Der Gipfel des Ganzen:



    Der Beamtenbund ist "enttäuscht", daß Pensionäre diesen Bonus nicht erhalten.

    Es wird langsam Zeit, mal ernsthaft über Sinn und Zweck des Beamtentums und deren Kosten nachzudenken, und nicht nur immer über Renten zu klagen.



    PS: Nachhaltigkeitsfaktor für Renten gibt es wieder, bei Pensionen traut sich niemand an dieses Thema ran

  • Lauterbach ist eben Gesundheits OEKONOM. Also so eine Art Betriebswirt für Gesundheitssysteme. Wer da was anderes erwartet hat, halluziniert beim Namen Lauterbach einen patientenzugewandten Arzt. Welch Irrtum

  • Ich arbeite in Bayern in der SozialVERWALTUNG. Und hier gibt es für uns Beamte Dank des neuen Tarifvertrags 1.300 Euro Coronabonus. Ich musste auch schwer unter der Pandemie leiden: Homeoffice, Absage der Weihnachtsfeier, Besprechungen nur noch über Video. Sich genau zu überlegen, wer denn tatsächlich einen Bonus bekommen sollte ist daher goldrichtig. Und das Ganze flott. Für meine Leidensgeschichte ist der ja irgendwie schon durch.

  • Bonus hin oder her. Es ist schon richtig, dass nicht nur wenige das Geld bekommen sollen, auch wenn sie nah am Patienten arbeiten. Aber wie in jeder Firma arbeiten eben alle Räder ineinander. Im Krankenhaus noch viel mehr (und das in krass unterschiedlichen Einkommensklassen), wenn ich da auch an das Reinigungspersonal denke, die den OP sauber machen und die Klinken putzen.

    Was mir aber viel zu kurz bei der Debatte kommt: Warum wird kein Geld für eine Ausbildungsoffensive im Gesundheitswesen bereitgestellt? Wir wissen doch (siehe Eingangssatz des Artikel), dass zu wenig Personal an der Belastungsgrenze arbeitet. Soll das wieder dem Markt überlassen werden? Der Krankenhausmarkt hat aber schon versagt! Hoch lebe der Kapitalismus, nieder mit der öffentlichen Daseinsvorsorge [Ironie aus]

  • Was ist mit der Impfpflicht für Ärzte?

  • Nun wissen wir, was wir alle von diesem feinen Herrn zu halten haben.



    Würde mich mal interessieren, woran er das festmachen will.

    Aber natürlich muss Herr Eichholtz das Geld jetzt noch auf eine größere Gruppe verteilen.



    Labor- und Apothekenmitarbeiter. Soso - die haben auch viel mehr zu tun gehabt, ja ?



    Trotz deutlich weniger OPs und Patienten ?



    Und grade die Apotheker - in St. Tropez sind alle Yachten ausverkauft - und überall flattert ein großes, rotes Fraktur-A am Flaggenmast ...

    Aber mal zurück zu unserem feinen Herrn:



    Jede:r wo irgendwie im Patientenkontakt gestanden hat, ist mit Angst vor Ansteckung zur Arbeit gegangen. Und hat die coronabedingten besonderen Abläufe mitgemacht (z.B. keine Besucher und Angehörige - also viel mehr Klingeln wie sonst usw.)

    Wertschätzung sieht anders aus und das müssen wir diesem Herrn jetzt auch mal verdeutlichen. Also Stimme erheben und auspfeifen !

  • Die MFAs sollten nicht vergessen werden. Sie sind die Organisationstalente und müssen Unglaubliches aushalten. Beschimpfungen wegen nicht vorhandener Impfkapazitäten, .... Die Hemmschwelle ist niedrig geworden. Jeder will alles sofort.

  • Schöner Vorschlag. Ich bin dabei 10.000 € für alle in der Pflege beschäftigten. Das ist fair. :) (Ich arbeite nicht dort.)

    Verfluchte Neiderei immerzu. Bei den Löhnen und der Arbeit...

    Wie viel wurde insgesamt ausgegeben? Ach ja, 500.000.000.000 € +/- ein Bisschen was. Und da wird wegen 7.000.000 € gezaudert... Sollen doch alle Politiker Ihre Gewinne aus Maskendeals o. ä. dafür abgeben. Reicht das nicht?

    Erweiterung des Kreises: Hat eigentlich jemand an jene gedacht, die in der Krise arbeitslos wurden? Ja, wer? Geld gab es für ALG-2 Empfänger... 150 €, wenn ich mich nicht irre. Eine Verlängerung für ALG1-ler im ersten Jahr, also wenn sie gar nicht arbeitslos wurden, sondern schon waren... (Aber auch hier nicht alle...)

    Geld für große Airlines (usw.) war da. Damit wurde dann der Personalabbau finanziert... Und weil ein Unternehmen sich dann die Ausschüttung von Gewinnen nicht verbieten lassen kann, zahlt man das am Personal eingesparte Geld dem Staat zurück. Hammer.

    Es gibt noch mehr. Es ist alles plakativ und unvollständig. Aber ich bin richtig sauer.

    Wo ist das Problem? Geht respektvoll miteinander um.



    - Gewährt jenen, die stark belastet sind einen Ausgleich. (Vielleicht aber mit einem Plan, wie die Belastung abgebaut werden kann!)



    - Helft denen, die Hilfe brauchen!



    - Wer aus der Not heraus ist, kann auch helfen.

    Ich habe mich in Rage getippt. Schade. Verdammter Mistkapitalismus und gierige Mist...rsche!

    Gute Nacht.