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Kühnert, ÖVP und die KanzlerwahlSpekulationen um Nahles

In Hessen stimmen die Grünen mit der AfD. Und Andrea Nahles soll jetzt Gesundheitsministerin und Chefin der Arbeitsagentur werden.

Da war sie noch Ministerin und Parteivorsitzende im Mai 2019. Und jetzt? Foto: Emmanuele Contini/imago

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Andrea Nahles soll jetzt bereits Gesundheitsministerin werden und Chefin der Arbeitsagentur.

Und was wird besser in dieser?

NRW-CDU-Chef Wüst fordert eine Frau als Bundespräsidentin.

Bis Ende des Jahres soll laut Olaf Scholz über eine Corona-Impfpflicht im Bundestag abgestimmt werden. Sind Sie erleichtert oder um Ihre Freiheitsrechte besorgt?

Beides, mir wäre ein Bluff am liebsten: Die bloße Drohung mit der Pflicht wird zur Folge haben, dass sich die nur bequemen von den hart ideologischen Impfgegnern scheiden. Wer bisher zu faul war oder sich auf die anderen verließ, resigniert und geht hin. Mit Glück sind dann am ersten Tag der Impfpflicht 75 Prozent geimpft und man kann drauf verzichten. Ätsch! Okay, der Plan ist genial, funktioniert aber nur, wenn er unter uns bleibt. Das höhere Potenzial steckt in der Zeit, bevor die Pflicht gilt – es war ein gravierender Fehler vieler Politiker, das immer wieder auszuschließen. Dass Scholz die Frage dem Parlament vorlegt und dort Gewissensfreiheit gelten soll, ist ein massiver Fortschritt.

Kurz zieht sich aus der Politik zurück, Übergangskanzler Schallenberg dankt ab, Finanzminister Blümel erklärt seinen Rücktritt, der bisherige Innenminister Karl Nehammer wird zum neuen Chef der ÖVP und zum neuen Kanzler designiert. Können wir uns nächste Woche auf die Wahl des deutschen Kanzlers konzentrieren oder ist Österreich einfach leiwandiger?

Nach Fläche und Einwohnern ist Österreich circa die Insassen Niedersachsens auf circa Bayern verteilt. Das wäre sicher ein reizvolles Experiment – wenn wir nicht Österreich als gefühltes Spaßbundesland schon hätten. Burschenschafter regieren, ein alter Nazi präsidiert, eine liberale Partei schmort rechts braun an, Kinder an die Macht, die ehedem konservative wird zur Designerpartei. Dazu vorbildlicher öffentlicher Wohnungsbau, Conchita Wurst, Falco, Klimt, Mozart. Würde ich ein Produkt kaufen, auf dessen gelber Ecke stünde „War ein Riesenerfolg in Österreich“? Nein, aber ich würde es aus Neugier meinen Nachbarn empfehlen. Was zu beweisen war.

Kevin Kühnert soll neuer SPD-Generalsekretär werden. Kann er das? Soll er das?

Er muss. Bei anderen primitiven Stämmen müssen Jünglinge als Mannbarkeitsritual einen Köpper von der Klippe machen oder irgendwelche blutigen Stümmeleien ertragen. Kühnert war schon immer in Zuspitzung und Wiederanschluss an linke Ideen der in Bernstein gebannte Ur-Sozi. Mit Fortune tritt nun das Amt des Generalsekretärs in Kühnert ein. Schleift’s ihn rund, braucht man beide nicht mehr.

Eine neue Studie fand heraus: Die Gefühle von Männern und Frauen schwanken gleich stark. Sind Sie überrascht oder haben Sie das selbst schon beobachtet?

Die 142 VersuchsteilnehmerInnen mussten jeden Abend einen Fragebogen zu ihrem Gefühlserleben ausfüllen. Bei Licht ergibt die Studie also, dass Tagebuchschreiben eine gute Idee ist. Es verhilft zu einem ausgeglichenen Gefühlshaushalt.

Im Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zum Mord an Walter Lübcke haben CDU und Grüne mit der AfD gestimmt. Eine Zeugin wird nun nur in geheimer Sitzung aussagen. Spielt die schwarz-grüne Landesregierung damit nicht den Rechtsextremen in die Karten?

Ein heiter-melancholischer Moment im Leben des Christian Lindner: Dass die Grünen mit der AfD stimmen, damit eine Verfassungsschützerin geheim aussagen kann, kemmericht schon gehörig. Bei Licht also zwei Skandale: die politische Demenz der Grünen und das, was der Verfassungsschutz unter „rückhaltloser Aufklärung“ versteht.

Horst Eckel ist tot. Er war der einzige noch lebende deutsche Fußballweltmeister der WM 1954. Was rufen Sie ihm nach?

Horst Eckel hatte ein unsterbliches Lächeln, was umso mehr zählt bei einem Menschen, der mit 22 angeblich alles erreicht hatte, was man erreichen kann. Also weiter lächeln und gucken, was kommt. Das eckelt.

Und was machen die Borussen?

Es war das letzte Spiel BVB–Bayern nach altem Reglement. Künftig wird vor dem Anpfiff ein Bayern-Elfer ausgeführt, ein Dortmunder vom Platz gestellt, und ein Bayern-Spieler tritt einen Dortmunder seiner Wahl ahndungslos um. Beim Stand von 1:0 für Bayern wird die Partie dann gegen zehn Dortmunder angepfiffen. Wenn noch jemand möchte. Dieser neue Modus heißt „Wie immer“.

Fragen: Nele Sophie Karsten, waam

Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und objektiver Beobachter beim Fußball.

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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6 Kommentare

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  • es heißt laiwander

  • Andrea Nahles als Chefin der Bundesagentur für Arbeit? Plus Hubertus Heil als Minister für Arbeit und Soziales. Plus Olaf Scholz als Bundeskanzler. Das ließe nichts Gutes erwarten. Damit würden gleich drei Sozialdemokraten, die im alten Denken der Agenda 2010 eben doch gefangen sind, ein Trio bilden. Wenn man Andrea Nahles Sachkunde nachsagt. Das mag sein. Sachkunde darin, Bürokratie zu organisieren. Aber doch keine "Sachkunde" hinsichtlich der Lebensverhältnisse der Arbeitslosen, die sehr viel mehr über Zahlen und Ergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hinaus geht. Zuviel der alten Technokratie und eine allerdings gehörige Portion Erfahrung in einer Politik, die vorgibt alles zu verändern, damit in Wahrheit alles so bleibt, wie es ist. Schrecklich. Ein mehr oder weniger unverholenes "Weiter so" der Technokratie und ihrer Technokraten. Und die GRÜNEN und die Jusos im Parlament müssten schweigen. Wohlan denn, zu Nikolaus ist aus die Maus mit den Ansätzen einer Arbeitsmarktpolitik, wie sie in Ansätzen der Koalitionsvertrag enthält? So unwahrscheinlich wäre das leider nicht: Wiederum nur Rhetorik und Nebelkerzen und dahinter die Ruinen des Alt bekannten.

  • und objektiver Beobachter beim Fußball.

    :-) dafür gibt es ein extra Sternchen

    • @ INTRASAT:

      Ja wie? Die Subjekt/Objekt-Trennung -



      War im Ruhrgebiet noch nie sehr verbreitet. Wollnichwoll - ⚽️ -



      “Auf Schalke - würd ich nichemal -



      Pissen gehn!“



      Voll Normal Ey - 🧢 -;))

  • Sollte Nahles Ministerin werden trete ich aus der SPD aus. Peng !

  • Der Kuddelmuddel beim Spitzenspiel, geschenkt.



    Aber der "objektive Beobachter" ist ja schonn ne tolle Erfindung...