Literaturfernsehen und Onlinediskussion: Spannend auch ohne Gelächter
Viele Kulturinstitutionen haben viel dafür getan, irgendwie durch die Corona-Krise zu kommen. Das zahlt sich aus – auch für's Publikum.
Während manche Kulturveranstalter in Berlin über den Sommer zurück in die Normalität gekehrt sind und in Berlin dieser Tage erneut auf die Inzidenzzahlen starren wie das Reh in die Autoscheinwerfer, habe andere die Flucht nach vorn angetreten und versucht, aus der Not eine Tugend zu machen.
Eines davon ist das Literaturhaus Berlin. Wie viele war diese Institution im Berlner Westen während des Lockdowns auf das Streaming ausgewichen – mit allen Vorteilen und auch allen Nachteilen. Sonja Longolius, die eine der beiden Leiterinnen, beschreibt das so: Natürlich fehle „das Geraschel, das Gemurmel und das Gelächter des Publikums“.
Andererseits herrsche Im Netz oft mehr Konzentration, mehr Intimität und damit weniger Schwellenangst, digitale Veranstaltungen erreichen viel mehr Klickzahlen als analoge. Man kann leichter simultan übersetzen und auch mal ganz klimafreundlich Autor*innen aus Kenia zuschalten – oder einfach andere, die nicht reisen mögen oder können. Das erzeugt natürlich in jeder Hinsicht Diversität.
Und deshalb geht am Dienstag mit literaturkanal.tv auch der erste deutschsprachige Literaturkanal an den Start, den das Literaturhaus mit Unterstützung der Kulturstiftung des Bundes bauen konnte. Zukünftig sollen dort alle möglichen Lesungen in Kooperation mit verschiedenen Literaturhäusern und -veranstalter*innen gestreamt werden – und das für ganz umsonst. Der gefürchtete Winter kann also kommen.
Noch mehr Zündstoff
Ebenfalls online kann man dieser Woche einer weiteren Veranstaltung folgen, in der es auch deshalb stark um die Ausstellungen der Berliner Museen wie jenen im Humboldt Forum gehen wird.
Am Mittwoch nämlich startet die dreitägige Herbsttagung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste, diesmal in Kooperation mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK). So wird es sicherlich für Zündstoff sorgen, dass am Donnerstag um 19 Uhr ausgerechnet die französische Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy den Abendvortrag halten wird – die wahrscheinlich schärfste Kritikerin des Berliner Humboldt Forums.
Sie hat erst vor wenigen Monaten ein viel diskutiertes Buch über „Afrikas Kampf um seine Kunst“ veröffentlicht, in dem sie nachweist, dass viele Länder und Communitys schon vor 50 Jahren um Rückgaben kämpfen, der Kampf aber nicht nur vergebens war, sondern in Europa auch vergessen gemacht wurde.
Die Tagung wird unter www.kulturgutverluste.de als öffentlicher Livestream gesendet, es dürfte auch online spannend werden.
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