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1. Der Egoismus der Reichen ist gigantisch

Beispiel: Deutschland

Impfquote 1. Dosis: 69,7 %

Coronatodesfälle: über 97.000

An Problembewusstsein fehlt es der Bundesregierung nicht. Von „dramatischer Ungerechtigkeit“ sprach die Kanzlerin angesichts der ungleichen Impfstoffverteilung im Sommer beim G20-Gipfel. Diese müssten „wir schnell überwinden“. Sie versprach im Jahr 2021, 70 Millionen statt der 30 Millionen Dosen an die Impfstoffinitiative Covax zu spenden. Gesundheitsminister Jens Spahn stellte 100 Millionen in Aussicht. Tatsächlich hat Deutschland bisher nur rund 20 Millionen gespendet – die des Herstellers AstraZeneca, den hier kaum einer mehr haben will.

Der Egoismus der reichen Länder sucht seinesgleichen. Israel, Großbritannien und die USA waren die Ersten, die sich gleich zu Beginn der Pandemie sämtliche Produktionskapazitäten der vielversprechendsten Impfstoffe bis Ende 2021 sicherten. Die EU folgte diesem Schritt. Einige kleine (und zumeist ebenfalls reiche) Länder konnten noch rechtzeitig mitziehen. Der Rest der Welt ging leer aus und bis heute können die meisten von ihnen nur über das Covax-Programm Impfstoff beziehen.

Der Egoismus geht jedoch noch weiter. Die Bundesregierung gehört zu den großen Blockierern, wenn es darum geht, die Impfpatente und die Übertragung von Technologiewissen freizugeben. Schließlich ist Biontech, ein Mainzer Unternehmen, mit seiner neuen mRNA-Technologie derzeit die Nummer eins bei der Corona-Impfstoffproduktion. Und obwohl US-Präsident Joe Biden sich zumindest verbal für eine Freigabe ausgesprochen hat, weigert sich auch Moderna, der zweite große mRNA-Hersteller, trotz Milliardenumsätzen sein Wissen zu teilen. Die WHO hat im April eigens ein mRNA-Technologietransferzentrum in Südafrika gegründet. Dieses neue Zentrum hat es aber bis heute nicht geschafft, einen der beiden etablierten mRNA-Impfstoff zu übernehmen. Beide Pharmakonzerne blockierten, kritisiert die Organisation Ärzte ohne Grenzen. Biontech hat inzwischen angekündigt, in Südafrika eine Produktionsstätte zu errichten. Felix Lee

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