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Neuer Bußgeldkatalog im StraßenverkehrBitte auf Wiedervorlage

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Endlich werden Regelverstöße von Aut­o­fah­re­r:in­nen teurer. Das reicht aber nicht: Das Auto muss seine Vormachtstellung verlieren.

Ab sofort teurer: Auto auf Radweg Foto: Sabine Gudath/imago

D as wurde aber auch Zeit: Rasen und Falschparken ist für Au­to­fah­re­r:in­nen mit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs ab sofort viel teurer als bisher. Das ist überfällig, denn zu hohe Geschwindigkeiten und falsch parkende Autos gehören für Fuß­gän­ge­r:in­nen und Radfahrende zu den größten Risikofaktoren. Autofahrende, die zu schnell abbiegen und andere gefährden, verlieren künftig den Führerschein. Autos dürfen nicht mehr auf Radstreifen halten. Parken auf Geh- und Radwegen kostet jetzt 110 Euro – für notorisch Falschparkende ist das durchaus schmerzhaft.

Ob die höheren Bußgelder etwas bringen, hängt allerdings davon ab, ob die Kommunen die Straßenverkehrsregeln auch engmaschig kontrollieren. Daran haben sie ab sofort ein größeres Interesse: Denn viele Bußgelder liegen jetzt bei mehr als 50 Euro und damit über der Grenze, ab der die Strafe den Kommunen mehr Geld bringt, als sie an Verwaltungsaufwand kostet.

Gleichzeitig ist der neue Bußgeldkatalog eine der letzten Gelegenheiten, um sich über Noch-Bundesverkehrsminister ­Andreas Scheuer (CSU) kräftig zu ärgern – und zwar nicht nur, weil er das Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs bis nach der Bundestagswahl verschleppt hat. Scheuer hatte die im Februar 2020 vom Bundesrat verabschiedete Reform der Straßenverkehrsordnung nach kurzer Geltungsdauer wegen eines von seinem Haus verschuldeten Formfehlers gestoppt.

Dann hat er bei Nachverhandlungen im Bundesrat erreicht, dass Ra­se­r:in­nen nicht so schnell den Führerschein abgeben müssen wie vorgesehen. Wer durch die Tempo-30-Zone an der Schule mit 51 brettert oder außerorts 35 Stundenkilometer zu schnell ist, bekommt den Führerschein leider doch nicht abgenommen.

Die Novelle hat nicht nur dieses Manko. Um die Straßen sicherer zu machen, ist viel mehr nötig: Das Auto muss seine Vormachtstellung verlieren, die Straßenverkehrsordnung braucht eine neue Logik. Der oder die künftige Ver­kehrs­mi­nis­te­r:in darf sich nicht mit den jetzigen Neuerungen begnügen, sondern sollte die Reform auf Wiedervorlage legen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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14 Kommentare

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  • Wer in welcher Weise auch immer gefährdete Personen (Alte, Kinder, Gipsbein...) an der Bordsteinkante ausm Auto aussteigen lassen will, wird dies künftig nicht mehr tun dürfen, wenn auf der Fahrbahn rechts ein Radstreifen markiert ist. Spätestens da werden die meisten Auto-Eltern, die Ihre Kinder, oder Auto-Kinder, die ihre Eltern austeigen lassen, aufs theoretische Bußgeld pfeifen ... Denkt sich sogar radfahrer.

  • Gerade Corona hat gezeigt, dass man im eigenen Auto sicherer ist, als im vollen Bus/Zug. Ich hatte mir da jeden Winter eine Erkältung geholt.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Gambitus:

      So ist es! Viel sicherer, denn in den U- und S-Bahnen tummeln sich jede Menge Impfunwillige auf engem Raum. Gleiches in den Zügen der DB!

      Selbst die Fahrt an Weihnachten zu den Verwandten nur mit dem PKW. Nicht vergessen, wir haben es mit der Delta-Variante zu tun.



      Die dritte Spritze bekomme ich leider erst im Januar.

      • @17900 (Profil gelöscht):

        Tja, im Artikel geht es aber nicht um Öffentlichen Nahverkehr. Also ich fahre mit dem Fahrrad zur Arbeit und zu Freunden und tue damit noch aktiv etwas für meine Gesundheit.

        Sorry, wenn ich da nicht einsehe gefährdet zu werden durch Autofahrende, die die wenigen Radwege blockieren, zu dicht überholen, zu schnell durch Kurven fahren und generell bevorzugt werden oder hoffentlich wurden, z.B. wenn Radwege durch Parkplätze unterbrochen werden.

  • Immer noch mehr Verbote, immer noch radikalere Einschränkungen wenn man sich selbst nicht betroffen wähnt - das geht doch alles an der Lebensrealität der allermeisten Menschen vorbei.

    • @sandoftime:

      Oh, Missverständnis. Das war vorher schon nicht erlaubt. Also sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten und andere Gefährden und durch ignorantes Parken behindern.



      Ich nehme an, Sie wissen das und haben das für Ihren Kommentar einfach mal ignoriert.

    • @sandoftime:

      Mimimi, ich darf nicht mehr ungestraft auf Radwegen parken. Merkeldiktatur!einself!!

      • @Bouncereset:

        ja... was wollen auch die ganzen radfahrer am radweg...



        es gibt doch wälder wo sie hin können...



        da fährt sie auch kein suv über den haufen, wenn sie auf die straße ausweichen müssen...

  • 4G
    45408 (Profil gelöscht)

    Den schlimmsten Rasern werden die Strafen kaum wehtun. Das hochmotorisierte Auto kommt von Car-Sharing-Agenturen und kann nicht beschlagnahmt werden, die Strafen richten sich nach dem Einkommen auf Hartz-IV-Niveau und Führerscheine können nicht abgenommen werden, weil sie gar nicht erstellt wurden. Die Ermittlungsbehörden kennen das Clientel und mit unseren Gesetzen und Strafen, selbst Haftstrafen, beeindrucken wir die Raser in der Regel nicht.

    • @45408 (Profil gelöscht):

      Es wäre im Zeitalter der Digitalisierung nicht schwer, das Einkommen eines Verkehrssünders zu ermitteln.



      Dann lässt sich ein Bußgeld prozentual zum Gehalt einfordern. In Finnland wird das so gemacht.

      Ein Problem sind natürlich Leute wie bspw.diese Investmentbanker, die sich von ihrem Steuerminimierungsberater renditeorientiert mittellos rechnen lassen.

    • @45408 (Profil gelöscht):

      Eventuell müssen da die Gesetze angepaßt werden? Auch Leihautos müssen ggf. beschlagnahmt werden können! Der/die Kunde/Kundin muß dann eben der Verleihfirma den Schaden ersetzen. Das wird bei diesen Firmen dazu führen, daß sie vorsichtiger sein werden, wem sie hochmotorisierte Autos überlassen. Trau, schau wem.

    • @45408 (Profil gelöscht):

      meines wissen darf man bei hartz IV kein auto besitzen...



      kann man wohl auch denn kaum bezahlen...



      sollte man das bestrafen dann sein lassen??

  • "Wer durch die Tempo-30-Zone an der Schule mit 51 brettert oder außerorts 35 Stundenkilometer zu schnell ist, bekommt den Führerschein leider doch nicht abgenommen."

    Nicht genug. In Dänemark verlierst du nicht nur die lappen wenn du doppel so schnell fährst. Sondern auch deine Karre. Neulich wurde ein Norweger in ein Nagelneue - um die 300 km neue - Lamborghini bei uns gestoppt. 236 km an die Autobahn. Der Wagen kriegt er nicht zurück.

    • @niels astrup:

      mensch könnte ihm zum Trost ja n Fahrrad schenken ....