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Schlappe für US-Demokraten in VirginiaBidens Niederlage

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Die Partei des US-Präsidenten hat in Virginia einen Gouverneursposten verloren. Psychologisch haben die Republikaner jetzt Oberwasser.

Da glaubte sich Biden noch auf dem Weg nach oben. Wahlkampf in Virginia am 27.10.2021 Foto: Jonathan Ernst/reuters

A m ersten Jahrestag seiner Wahl zum US-Präsidenten hätte Joe Biden kaum schlechtere Nachrichten bekommen können. Virginia, der Bundesstaat, den er 2020 haushoch gewonnen hatte, wird einen republikanischen Gouverneur bekommen. Die Zitterpartie bei der als sicheres demokratisches Terrain betrachteten Gouverneurswahl in New Jersey ist ein weiterer Tiefschlag.

Für Biden ist diese Niederlage eine persönliche. Nicht nur, weil er Virginia zur Chefsache gemacht hat und persönlich mehrfach vor Ort Wahlkampfhilfe leistete, sondern auch, weil die erfolgreiche Kampagne des Republikaners Glenn Youngkin in Virginia das Ende seiner ambitionierten Vorhaben in der Sozial-, Klima- und Wirtschaftspolitik einleiten könnte.

Institutionell ändert sich nach Virginia zunächst wenig. Ein US-Gouverneur bestimmt nicht die nationale Politik. Aber psychologisch hat Youngkins Wahlsieg alles verändert. Er hat den RepublikanerInnen das Gesicht und den Namen eines Siegers gegeben, der nicht Donald Trump ist, selbst wenn er politisch für ähnliche Positionen steht. Und er hat vorgeführt, dass der Kulturkrieg an den Schulen, den die Republikaner USA-weit angezettelt haben, wahltaktisch funktioniert. Seit Dienstag steht fest, dass die Republikaner daran zumindest bis zu den Halbzeitwahlen festhalten werden.

Während sich die Demokratische Partei in Virginia auf die Gleichstellung „Youngkin ist wie Trump“ und damit auf die Angst vor einer Rückkehr des Ex-Präsidenten konzentrierte, hielt Youngkin selbst Trump auf Armlänge fern. Er vermied gemeinsame Auftritte – womit er es schaffte, trumpkritische Republikaner zurückzugewinnen – aber er übernahm zugleich die Thesen des Ex-Präsidenten (von der Aushöhlung des Rechts auf Abtreibung bis hin zu den Lügen über den angeblichen Betrug bei den letzten Präsidentschaftswahlen) – und bekam so auch die Stimmen der harten Trump-Basis.

Die Partei des Präsidenten hat traditionell Verluste bei den ersten Gouverneurswahlen nach den Präsidentschaftswahlen. Diesmal war die Lage besonders verfahren, weil die Demokraten zwar große Wirtschafts- und Sozialreformen versprochen haben, sie jedoch nicht eingelöst haben- das Reformpaket scheiterte auch aufgrund innerer Parteikämpfe.

Nach Virginia ist die Gefahr groß, dass noch mehr Demokraten im US-Kongress ihre Zustimmung zu Bidens Reformen zurückziehen. Sollte es dazu kommen, wird die Partei im nächsten Jahr ihre ohnehin schwache Mehrheit im Kongress verlieren. In der zweiten Hälfte seiner Amtszeit wäre Biden damit zur Untätigkeit verdammt.

Aber noch ist es nicht zu spät. Zwölf Monate in der Politik können – auch das hat Virginia gezeigt – viel verändern. Wenn die DemokratInnen die Reformen durchsetzen, können sie den absurden Kulturkrieg beenden. Und sie können ihre eigene Politik, die den Lebensstandard sehr vieler radikal verbessern wird, als Argument benutzen. Biden muss nun hoffen, dass nach Virginia ein Ruck durch die Demokratische Partei geht.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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9 Kommentare

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  • Ich seh's schon kommen- 2024 wird Trump wieder Präsident. Ich wage fast nicht das zu Schreiben, aber ich habe da schlimmste Befürchtungen.. Trump wird das Land weiter "umbauen", weg von Demokratie, hin zu Präsidial. Viele werdens ihm danken- Reiche, Rechte, Religiöse und solche, die nichts zu verlieren haben. Die denken, dass DT wa für sie übrig hat, hat er aber nicht.. Und woran liegt das? Daran, dass die Gesellschaft sich immer mehr spaltet. Und das ist nicht erst seit gestern so, Reagan hat neoliberal gesäät, jetzt geht die Saat auf. Thatcher lässt grüßen..

  • "Nach Virginia ist die Gefahr groß, dass noch mehr Demokraten im US-Kongress ihre Zustimmung zu Bidens Reformen zurückziehen."



    Nach meinem Verständnis müsste die Niederlage in Virginia den Demokraten eigentlich die Augen dafür öffnen, dass Selbstsabotage zu Niederlagen führt. Zögen weitere Kongressabgeordnete der Demokraten ihre Unterstützung des Präsidenten zurück, würde die Zerstrittenheit und Schwäche der Partei noch deutlicher und die Chance der eigenen Wiederwahl geringer. Daher müssten sie jetzt eigentlich Einigkeit und Handlungsfähigkeit demonstrieren.

  • In einer Zeit, in der es bald nur noch ums Überleben geht, werden Radikale die Demokratien auslöschen. Wahrscheinlich fängt dieses Phänomen in den USA an.

  • Umso wichtiger, dass sich Europa komplett unabhängig von den USA macht.

  • Die Behauptung, dass die Republikaner den "Kulturkrieg an den Schulen [...] USA-weit angezettelt" hätten, ist eine Unverschämtheit! Nach der kulturmarxistischen Wende in den 30er bis 70er Jahren, in der der Klassenkampf durch den identitären Kampf jeder anderen "marginalisierten" Gruppe und sexuellen Orientierung ersetzt worden ist, ist der Kulturkampf seit den 80er Jahren fester Bestandteil der globalen Postmoderne, die sich, am Anfang noch unwidersprochen und trotz ihrer grundsätzlichen Ähnlichkeit zur faschistischen Antimoderne, als links präsentierte. Seit mindestens 10 Jahren wird diesem offenen Kulturkampf nun von allen, die weiterhin den Fakten statt den Narrativen folgen, widersprochen, und das völlig unabhängig ob formal links oder rechts; und jetzt, seit ungefähr 4 Wochen, flutet ein neues Narrativ die Systemmedien der Postmoderne, nämlich dass es sich dabei um ein rechtes Schlagwort, um einen rechten „Talkingpoint“, handeln würde. Wer das glaubt, muss erstaunlich wenig interessiert an Politik sein. Und wer das behauptet, obwohl er es besser weiß oder es wissen müsste... Ich denke, das ist eine absolute Unverschämtheit!

  • Viel versprochen, nichts erreicht.



    Biden hat den Wählern viel versprochen aber noch nichts erreicht.



    Damit hat er Wasser auf die Mühlen der Republikaner gegossen.



    Und wenn Biden so weiter macht, dann haben wir vielleicht sogar bald wieder die Katastrophe Trump im Amt.

    • @Rudi Hamm:

      Man sollte sich nichts vormachen. Biden wurde gewählt um Trump abzuwählen. Die Demokraten hätten auch eine Strohpuppe aufstellen können, und das Ergebnis wäre dasselbe gewesen.

      Jetzt wo Trump weg ist, bröckelt diese Allianz wieder. Wenn die GOP nicht dumm ist, stellen die 2024 einen anderen Schwurbler als Trump oder Sippe auf, mit etwas moderaten Tönen, und Biden ist weg.

      Die USA werden durch ihr eigenes 2-Parteien-System gekniffen. Die Demokraten müssen halt zu viel abbilden, was nicht unter einen Hut passt.

    • @Rudi Hamm:

      In manchen Kommentaren klingt es so, als sei Biden angetreten wie die Eierlegendewollmilchsau in Gestalt des Salvator-Mundi-Hybriden. Dem ist jedoch nicht so:



      Seine Mehrheit ist knapp, ein Abweichler bei den Demokraten reicht schon, um die Vorhaben im Senat zu blockieren. Im Gegensatz zu Trump, dem die Corona-Toten am Steiß vorbeigehen, hat Biden eine Verstärkung der Impfkampagne durchgesetzt. Und einiges mehr. Glaubt irgendwer, man könne ein Land in zehn Monaten umkrempeln?? Illusion.



      Dafür sind die Probleme zu groß und letztlich hat Youngkin "nur 80,000" Stimmen Vorsprung. Ein Sieg eben, aber nicht viel: Das sind vielleicht Wechselwähler mit Trump-Schaden oder einige Dems sind zuhause geblieben.

    • @Rudi Hamm:

      Dann sollte die neue Bundesregierung dafür sorgen das jegliche Atom- und sonstigen Massenvernichtungswaffen der USA aus D verschwinden, wenn möglich komplett aus Europa.



      Mit jemanden wie D. Trump oder noch schlimmeren am "Drücker" wirds dann nur noch ungemütlich.