Schilf reinigt Wasser von Nazi-TNT

Eine Pflanzenkläranlage im Harz scheint effektiv gegen Sprengstoffverseuchung zu wirken

Vor allem mit Schilf und Sonneneinstrahlung giftiges Wasser reinigen – das funktioniert scheinbar besser als von Experten angenommen. In Clausthal-Zellerfeld (Landkreis Goslar) werden mit Hilfe einer pflanzlichen Kläranlage giftige Altlasten aus dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gelände einer ehemaligen Munitionsfabrik gereinigt. Gut elf Monate nach der Inbetriebnahme würde die Anlage bereits ihre Ziele erreichen, obwohl sie noch nicht voll funktionsfähig ist.

Jahrelang ließen die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkrieges unter Einsatz von Zwangsarbeit den Sprengstoff Trinitrotoluol (TNT) in Clausthal-Zellerfeld produzieren. Bis heute hat die Produktion in der geheimen Fabrik im Harz Folgen. Ein Großteil des 110 Hektar großen Geländes ist immer noch mit giftigen sprengstofftypischen Verbindungen verseucht.

Ende November 2020 wurde an dem Ort die erste Pflanzenkläranlage in Betrieb genommen. Sie besteht hauptsächlich aus zwei großen Wasserbecken, die 15 beziehungsweise vier Millionen Liter Wasser fassen. Aus der Luft sind die Wasserspeicher gut zu erkennen – anders als die ehemalige Munitionsfabrik, deren Gebäude unter mit Fichten bepflanzten Dächern versteckt waren und teilweise noch sind.

Mit Sonne und Pflanzen gegen das Gift

In einem der beiden Becken wird kontaminiertes Sickerwasser gesammelt und anschließend photolytisch, also durch Sonneneinstrahlung, gereinigt. Durch die abschüssige Lage fließt das Wasser in das zweite Reservoir weiter, wo es mithilfe von Schilfpflanzen aufbereitet wird. Idealerweise muss das Schilf dafür anderthalb Meter hoch sein, derzeit misst es noch zwischen 60 und 90 Zentimetern. Doch bereits jetzt kann Michael Riesen, Leiter der Unteren Bodenschutzbehörde des Landkreises Goslar, sagen: „Die Anlage funktioniert sehr gut.“ Das neue pflanzliche System sei günstiger und größer als die bisherige Kläranlage, die mit Aktivkohlefiltern betrieben wird.

Bis sich die Gefahrenstoffe komplett aus dem Boden ausgewaschen haben, werde es wohl noch Jahrzehnte dauern, sagt der Behördenleiter. Das Gelände wird jedoch bereits wieder jagd- und forstwirtschaftlich genutzt.

Im Frühjahr 2022 soll der Bau einer zweiten, ebenso großen Anlage beginnen. Finanziert wird die Sanierung durch die Eigentümerin des Geländes, die Halali Verwaltungs GmbH, die das Gelände 2018 erworben hatte. (dpa)