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Jede Nachricht dieser Art geht mir nahe. Auch als ich das erste Mal davon gehört habe, was an der weißrussisch-polnischen Grenze geschehen ist, war das so.
Dass wir uns an Grausamkeiten gewöhnt hätten, mag sein. Aber es ist nur Teil der komplexen Wahrheit. Die menschliche Aufnahmefähigkeit ist - wie vieles Andere - begrenzt. Die täglichen Horrormeldungen erzeugen eines: Überforderung, vor allem bei dünnhäutigeren Menschen. Also legen wir uns notgedrungen eine Abwehr, einen Panzer zu. Wir selektieren, setzen - wie auch sonst im Leben - Prioritäten.
Mich hat zuletzt besonders erschüttert, was an der Grenze zwischen Mexiko und den USA geschehen ist. Die berittene Polizei in der Konfrontation mit den vielen Flüchtlingen.
Würde ich mich mit jedem Unglück dieser Welt beschäftigen, müsste mein Tag 48 Stunden haben - und ich Nerven wie Drahtseile. Beides trifft (nicht nur bei mir) NICHT zu.
Ich finde, Herr Schulz hat den Toten keine besondere Referenz erwiesen. Schade. Sie hätten es sicherlich verdient.
Beim besten Willen, mir fällt keine Partei ein, die ich wählen könnte, damit Lukaschenko und Kachynski Angst kriegen vor dieser Art der Grenzsicherung.
Das Problem wurde schon bei Protassewitsch offensichtlich:
Würde Lukaschenko die EU militärisch auch nur ansatzweise ernstnehmen, wäre Protassewitsch in Riga aus dem Flugzeug gestiegen.
Kerzen, Blumen und Namen der Toten abstellen am Polnischen Institut Berlin, Burgstraße 27 (S Hackescher Markt)- die polnísche Botschaft ist zu weit draußen. An der der weißrussischen Botschaft, kann man auch Blumen u Kerzen niederlegen. Am Treptower Park 32
Die meisten sterben ja noch nichtmal auf dem Weg zu uns, die meisten sterben weil sie gar nicht wegkommen. Die oppositionellen die in Gefängnissen totgeschlagen werden, die Frauen die von ihren Familien ermordet werden, die Homosexuellen die von Mobs gelyncht werden etc.etc. auf jeden Flüchtling kommen 100+ mehr Leute die da nicht weg können. Deutschland lobt sich für ein paar Hunderttausend Syrer die es aufgenommen hat aber Millionen von denen leiden weiter weil man nichts gegen Assad unternimmt, weil erdogan machen darf was er will in den kurdengebieten damit er die Flüchtlinge aufhält, in den elendslagern in Jordanien und Libanon. Von dem Geld mit dem man in Berlin enteignen will kann man da Millionen Menschen jahrelang versorgen. Wenn man sagt man muss etwas gegen das Elend der Flucht unternehmen muss man auch einen Plan entwickeln weltweit Tyrannei, Fanatismus und Patriarchat zu zerschlagen.
@83379 (Profil gelöscht) UNO Geldgeberkonferenz Syrien 2021
Deutschland 1,7 Millarden
Europa 2,2 Milliarden
USA 0,5 Milliarden
*- alle Anderen weniger
„Tun wir, was möglich ist, damit Politiker: innen wieder Angst kriegen vor dieser Art der Grenzsicherung“
Nachdem im ganzen Beitrag geklagt wurde, dass wir „uns an die Grausamkeiten gewöhnt“ haben, müsste nach diesem Schlusssatz der Beitrag erst richtig beginnen. Nämlich mit Vorschlägen, wie wir als Deutsche WIRKSAM gegen die Grausamkeiten an der polnisch-belarussischen Grenze angehen können.
Etwa in Polen und Belarus intervenieren? Um Gottes Willen! Polen und Belarus wären sofort wieder einer Meinung: „Die Nazis kommen!“.
Oder sämtliche Flüchtlinge, die Lukaschenko nach Belarus holt, direkt nach D. überführen? Das würde Lukaschenko ermutigen, verstärkt damit fortzufahren. Das kann’s auch nicht sein.
Was also tun, Herr Schulz?
An der polnischen Grenze wird scharf geschossen. Warum ist das keine Überraschung?
hier kann mensch eine polnische soligruppen unterstützen: en.ocalenie.org.pl...-group-of-refugees
Die Hisbollah-Miliz bestätigt den Tod ihres langjährigen Anführers Nasrallah. Israel rechnet mit einer Vergeltungsaktion durch die Terrormiliz.
Grenzregion zu Belrarus: Unsere Toten
Vier Geflüchtete sind an der Grenze zwischen Polen und Belarus gestorben. Die geringe Beachtung zeigt: Wir haben uns an die Grausamkeiten gewöhnt.
20. September, Gedenken in Warschau: eine Kerze für die Geflüchteten, die an der belarusischen Grenze starben Foto: Piotr Lapinski/NurPhoto/imago-images
Wir leben ihn, den Traum von Sebastian Kurz. „Es ist nachvollziehbar, dass viele Politiker Angst vor hässlichen Bildern bei der Grenzsicherung haben“, sagte der österreichische Bundeskanzler 2016 gegenüber der Welt. Das schönste Gesicht des radikalisierten Rechtskonservatismus machte auch klar, dass Angst nicht von Brutalität abhalten sollte: „Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen.“
Wir werden uns an die Grausamkeit an den Grenzen der EU gewöhnen, das war die Botschaft. Dieses „Wir“ lässt sich wohl als jene weißen Menschen definieren, denen es ganz gut geht in der EU. Ich zähle dazu. Wir haben Brutalitäten aller Art geschehen lassen.
In dieser Woche sind vier Menschen an der Grenze zwischen Belarus und Polen gestorben – darunter eine Irakerin. Die Frau war mit ihrem Mann und ihren drei Kindern bereits auf polnischer Seite angekommen. Die Familie wollte ihre Sachen in einem Dorf trocknen und sich aufwärmen. Polnische Grenzschützer jagten sie wieder Richtung Belarus, hinaus in die Kälte. Die Frau soll dabei gefallen sein, oder sie wurde gestoßen. Sie starb. Ihr Mann und ihre Kinder haben das gesehen. Die Reaktion in den deutschen Medien auf diesen Tod war mau, die in Politik und Öffentlichkeit auch.
Vielleicht, das wäre die für „uns“ freundliche Erklärung, lag das daran, dass es dieses Mal keine hässlichen Bilder gab. Polen hat über die Woiwodschaften an der belarussischen Grenze seit Anfang September einen Ausnahmezustand verhängt. Journalist:innen können von dort nur eingeschränkt berichten und dürfen in einigen Regionen gar nicht arbeiten.
Vielleicht haben „wir“ uns aber auch wirklich verändert, seitdem im August 2015 71 tote Menschen in einem Lastwagen in Österreich gefunden wurden, seit der Körper des zweijährigen Alan Kurdi im September 2015 an der türkischen Küste angespült wurde. Seitdem europäische Behörden Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken lassen. Vielleicht kommt so eine innere Kälte mit der Zeit, wenn Grausamkeit wieder und wieder passiert und die Ohnmacht in ihrem Angesicht unerträglich wird. Es sind dennoch unsere Toten, auch die irakische Frau und die drei anderen Geflüchteten an der Grenze zu Belarus.
Unnütze Tränen sind keine Option. Wenn wir innerlich schon kühl werden, können wir kühl berichterstatten, protestieren, Geld geben, und am Sonntag wählen. Tun wir, was möglich ist, damit Politiker:innen wieder Angst kriegen vor dieser Art der Grenzsicherung.
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Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Kommentar von
Daniel Schulz
Reportage und Recherche
Redakteur im Ressort Reportage und Recherche. Autor von "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin 2022) und "Ich höre keine Sirenen mehr. Krieg und Alltag in der Ukraine" (Siedler 2023). Reporterpreis 2018, Theodor-Wolff-Preis 2019, Auszeichnung zum Team des Jahres 2019 zusammen mit den besten Kolleg:innen der Welt für die Recherchen zum Hannibal-Komplex.
Themen
Notizen aus Belarus
Mehr Geschichten über das Leben in Belarus: In der Kolumne „Notizen aus Belarus“ berichten Janka Belarus und Olga Deksnis über stürmische Zeiten – auf Deutsch und auf Russisch.