Höhere Preise bei der Deutschen Bahn: Strafe für Stammkunden
Klimaschutz und höhere Ticketpreise widersprechen sich, sagt Verbraucherschützer Klaus Müller. Die neue Bundesregierung solle die Anhebung stoppen.
BERLIN taz | Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, fordert von der kommenden Bundesregierung, die von der Deutschen Bahn angekündigten Preiserhöhungen rückgängig zu machen. „Klimaschutz und Preiserhöhungen beim Bahnfahren widersprechen sich“, kritisiert Müller, der von 2000 bis 2005 grüner Umweltminister in Schleswig-Holstein gewesen ist. Mit der Preiserhöhung würden ausgerechnet die treuesten Kund:innen bestraft. „Das muss eine Klimaregierung ändern“, fordert er. Die Erhöhungen bremsten die Mobilitätswende aus.
Die Deutsche Bahn hat angekündigt, die Preise im Fernverkehr zum 12. Dezember anzuheben. Die reguläre Fahrkarte kostet künftig 2,9 Prozent mehr. Das Gleiche gilt für Streckenzeitkarten, also Abos. Auch die Preisanhebung der Bahncards, die ebenfalls um 2,9 Prozent teurer werden, trifft die Stammkund:innen. Für die Bahncard 50, mit der der Preis für Fahrkarten um die Hälfte sinkt, sind bereits heute 229 Euro fällig.
Der „Super Sparpreis“ und der „Sparpreis“ werden nicht angehoben. Von diesen Angeboten gibt es aber sehr wenige, spontan Reisende können sie überhaupt nicht buchen. Unverändert bleibt auch der Preis für eine Reservierung in der 2. Klasse, der bei 4 Euro liegt. Das mit eingerechnet, kommt die Deutsche Bahn auf eine durchschnittliche Erhöhung von 1,9 Prozent. Eine Fahrt im Fernverkehr koste auch nach der Preiserhöhung etwa so viel wie im Jahr 2012, sagt ein Sprecher. Das liegt vor allem an der Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 7 Prozent, die seit 2020 gilt. In der Coronakrise hat die Bahn massenhaft Kund:innen verloren. Zurzeit liegt die Auslastung der Fernzüge nach Angaben des Sprechers bei 40 Prozent.
Der Staat steckt unter anderem im Zuge des Klimapakets viele Milliarden Euro in die Bahn. Auf den Vorwurf, dass die Preiserhöhungen den Klimaschutz aushebeln, geht die Bahn nicht ein. „Wir haben – wie alle Unternehmen – steigende Kosten auszugleichen“, sagt der Sprecher dazu nur. Fahrgäste profitierten von umfangreichen Verbesserungen, etwa mehr besonders schnellen Verbindungen.
Leser*innenkommentare
meerwind7
Es bringt wenig, über 2,9% zu lamentieren. Das ganze Preissystem der DB gehört umgekrempelt.
Sinnvoll wäre die Abschaffung der Bahncard50, die vor allem Gelegenheitsnutzern nichts nutzt, bei gleichzeitiger Halbierung der Flexpreise. Dazu Sparpreise nach Auslastungsgrad der Züge, günstig bei geringer Auslastung, aber weitgehend unabhängig vom Buchungszeitpunkt.
meerwind7
Falsch:
"Der 'Super Sparpreis' und der 'Sparpreis' werden nicht angehoben. Von diesen Angeboten gibt es aber sehr wenige, spontan Reisende können sie überhaupt nicht buchen."
Man kann z.B. jetzt ein Supersparpreisticket für den ICE bekommen, der in 15 Minuten aus Berlin nach Leipzig abfährt. Ist das noch nicht spontan genug? Allerdings sind das damit auch nur 12,5% Preisreduktion, 39,90 € als Supersparpreis gegenüber 45,60 € im Flexpreis 2. Klasse. Nachteil: Kein Nahverkehr enthalten, und bei verpasster Abfahrt gilt das Ticket nicht im nächsten Zug.
Ich denke, etwa die Hälfte der Fahrgäste im Fernverkehr ist mit Spar- oder Supersparpreisen unterwegs, jedenfalls außerhalb der Pendler-Fahrtzeiten.
Ob die Sparpreise oder Supersparpreise angehoben werden oder nicht, gibt die Bahn nicht vorher bekannt. Das ergibt sich vielmehr erst im Laufe der Zeit je Buchungsstand. Ich gehe davon aus, dass im kommenden Jahr in der Regel höherpreisige Sparpreise angeboten werden - bei vergleichbarer Vorbuchungsfrist und vergleichbaren Fahrten und Wochentagen - als dieses Jahr, da sich die Corona-Delle allmählich schließt. Das kann man höchstens versuchen, im Nachhinein aus den Geschäftsberichten abzuleiten.
Zutreffend ist lediglich, dass die DB die niedrigste Preisstufe der Spar- oder Supersparpreise nicht geändert hat. Welcher Anteil der Fahrten zu diesem Preis verkauft wird, ist unbestimmt.
ToFlo
Wollte am Wochende mit meiner Frau in den Bergen wandern. Mit dem Auto sind es pro Strecke 60 km einfache Farht und dauert eine Stunde. Macht insgesamt 16,20 Euro. Auto steht da, muss leider eines haben, weswegen ich die allgemeinen Betriebskosten nicht mitrechne.
Mit der Bahn dauert eine Strecke 2 Stunden und hin und zurück kostet es 31,70 für 2 Personen, also uns beide.
So einfach ist die wirtschaftliche, zeitliche und bequemliche Betrachtung, die uns dann eben doch davon abhält uns klimatisch besser zu verhalten.
Wäre es nur 25% teurer als mit dem vor der Tür stehendem Auto hätte ich aus klimatischen Gründen die längere Fahrtzeit und die zeiltich geringere Flexibilität wie auch die komplizierteren letzten Kilometer in Kauf genommen, aber so spricht leider zu viel gegen die Bahn.
Einfach zum Bahnhof und ganz normal ein Ticket ohne Angebot im Angebotsdschungel der DB am Automaten kaufen ist einfach unbezahlbar, leider. In anderen Ländern gibt es weniger Angebote, dafür häufig günstigere Normalpreise.
tomás zerolo
@ALWIN3012
Was die Alternative ist? Mal die offenen und verdeckten Subventionen, die in den motorisierten Individualverkehr fliessen in die Bahn zu stecken.
Die Bahn attraktiver zu machen, das führt zum einen über stabile, zum anderen über verständliche Preisgestaltung (anstatt der SuperDuperSparPreis-Lotterie, die wir derzeit haben).
Das ist unerlässlich dafür, dass mehr Menschen von Auto auf Bahn umsteigen, und das ist eine Investition in die Zukunft.
86548 (Profil gelöscht)
Gast
Wer regelmäßig Bahn fährt, hat genug Geld. Da lässt sich eine kleine Preiserhöhung locker verkraften.
Richard Meier
Die Bahn kann da wohl wenig dafür. Wenn muss die Politik für fairere Preise zwischen Bahn und IV sorgen, etwa durch niedrigere Preise für Bahncard oder Zeitkarten und dann entsprechende Zuschüsse.
Ruediger
Ich gehöre zu denjenigen, die kein Auto haben und alle weiteren Strecken per Bahn erledigen. Nein, ich fühle mich nicht "bestraft", weil ich einmal im Jahr ein paar Mark fünfzig mehr für die Bahncard zahle. Natürlich kostet der Betrieb der Bahn Geld, und das muss zumindest teilweiser über Tickets, Bahncards etc. erwirtschaftet werden.
Man muss auch bedenken, dass die Bahn vor Corona schon am Kapazitätslimit war. Eigentlich müssen erstmal im großen Stil neue Züge gekauft und neue, schnelle Verbindungsstrecken zwischen den Metropolen gebaut werden. Das führt dann auch zu mehr Komfort und Pünktlichkeit. Das ist mir als "Stammkunde" wichtiger, als ein möglichst billiger Preis. Wer billig und ökologisch reisen will, nutzt Flixbus oder Blabla.
17900 (Profil gelöscht)
Gast
Meiner Meinung nach gehört die gesamte Führungsriege bei der Bahn ausgetauscht. Die haben einfach immer noch nicht verstanden.
Auch die Fahrt als Ungeimpfter ist nach wie vor möglich. Bei 2G könnte das ja 5% Umsatzeinbussen bewirken.
Aleluja
Im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern ist die DB viel zu teuer! Sogar Schweiz ist günstiger!!! Es liegt wohl am Geschäftsmodell und Lobbyismus, denn die DB verdient ja ihre Brötchen am wenigsten mit dem Bahnverkehr , sondern durch die außerordentlich rentablere LKW Parks round Europe, die sicher nicht mit dem ÖkoStrom fahren:-)))!!!
Alwin3012
Ob nun 1,9%, oder 2,9%, der Anstieg ist moderat.
Der Beißrefex einiger sobald das Wort Preiserhöhung fällt ist lächerlich.
Kosten steigen, auch für die Bahn, Lohnkosten, Energiekosten, Ersatzteilkosten.
Schaue ich mir die Preisentwicklung für Elektrik oder Elektronikkomponenten an sind Steuerungen von 20% im Vergleich zu Vor Coronazeiten drin.
Was wäre die Alternative? Sparen? Wo? An den Bahnhöfen? Den Zügen? Am Personal?
Verglichen mit den Preisanstieg bei Kraftstoffen ist der Anstieg der Bahn gering.
Für viele ist die Bahn keine alternative zum Auto weil sie schlicht nicht da fährt wo die Leute hin wollen.
Mein Landkreis wird von der ICE Strecke München-Berlin durchschnitten, Fahrzeit 4h30min. Um mit öffentlichen Verkehrsmitteln von einem Ende der LK zum anderen zu kommen bedarf es 2h45min.
Die täglichen Wege, Arbeit und Einkaufen funktionieren hier nur mit dem PKW, ein S-Bahn Konzept das die FDP ausgearbeitet hat wurde leider nicht umgesetzt weil man gar nicht über S-bahen im ländlichen Raum reden will, stattdessen möchte man das kein Bürger weiter als 500 Meter zu einen Bushaltestelle laufen muss, was gerade in alten Orten schon and den zu schmalen Straßen scheitert.
Das Klimaschutzargument verfängt nicht. Die Bahn muss attraktiv sein, das kann sie nur mit guten Personal, guten Zügen, und gutem Service.
Pfanni
@Alwin3012 Ihr Kommentar sagt alles, ich kann mir einen eigenen sparen. Danke!
Robert Boyland
@Alwin3012 Ja ja, wir hören diese Geschichte jedes Mal. Und jedes Mal wirden die Preise erhöht.
Glauben Sie , dass Alle so glücklich wi Sie ist und bekommen Gehaltserhöhung wie die Inflationsrate?
Nicht zu sprechen von den Milliarden die Bahn verbrennt / verbrennt hat. Das letzte Beispiel ist Stuttgart 21 Projekt.
Šarru-kīnu
@Alwin3012 Ich zahle knapp 300€ für eine Monatskarte bei der DB auf einer 100km Strecke. Mit so einer Preisgestaltung wird es schwer als echte Alternative zum Auto. Mir tut es allerdings nicht weh. Vielen Passagieren die sich kein Auto leisten können, geht es aber sicher anders.
meerwind7
@Šarru-kīnu Wenn Sie z.B. an 200 Tagen im Jahr je 2*100 km zurücklegen, kommen Sie mit 12*300 € /40.000 km auf einen recht güstigen Fahrpreis von 9 Cent/km. Sie können flexibel jeden Zug nutzen, und machen das meistens zur Hauptverkehrszeit.
Die Einzelfahrten im Fernverkehr kommen deutlich teurer, bei kurzfristiger Buchung bzw. Flexibilität auch in den Schwachlastzeiten und - abschnitten. Gegen die dortige Preiserhöhung richtet sich die Kritik.