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Kurzlebige Corona-Regel in Berlin2G bringt R2G durcheinander

Bert Schulz
Kommentar von Bert Schulz

Die Koalition blamiert sich bei der jüngsten Coronaregel. Deswegen ist sie aber noch lange nicht die „Chaostruppe“, die manche Zeitung herbeischrieb.

Ihre Last Minute-Vorlage verwirrte die Senator*innen: Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) Foto: dpa

E igentlich war es ein einfaches Detail: Sollen Kinder unter zwölf Jahren, die sich bekanntlich bisher nicht gegen Corona impfen lassen können, auch weiterhin zusammen mit ihren Eltern ins Stadion, ins Kino oder ins Restaurant gehen können, falls deren Betreiber sich für eine 2G-Coronaregelung entscheiden? Offenbar war aber selbst ein Satz wie der vorherige schon zu verworren für die linken und grünen Senator*innen, die vom Wahlkampf, giffeyschen Eskapaden und verspäteten Vorlagen aus der Gesundheitsverwaltung erschöpft am Dienstag einer Regelung eben nicht widersprachen, die genau das vorsah: 2G ohne Ausnahmen.

Das jedoch widersprach allen vorherigen Ankündigungen aus den beiden Parteien. So hatte die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch im taz Talk noch am Montagabend explizit ausgeschlossen, dass Kinder, die schon besonders stark unter den Folgen der Pandemie zu leiden hatten, noch einmal benachteiligt werden dürften. Entsprechend groß war der Shitstorm in den sozialen Medien, der am Mittwochmorgen die Senatsmitglieder wachrüttelte.

Am Ende stand ein rot-rot-grüner Rekord: Die Regelung wurde nach nur 24 Stunden wieder kassiert. Ab Samstag gilt nun: Entscheidet sich ein Restaurant, Kino, etc. für die Option, nur Geimpfte und Genesene einzulassen, dürften – getestete – Kinder bis 12 trotzdem mit.

Dieses bizarre politische Schauspiel in der Hochphase des Wahlkampfs lieferte zugleich die perfekte Vorlage für eine Gesamtbilanz von Rot-Rot-Grün. Alle Fans von morgendlichen Newslettern sahen sich in der auch sonst täglich dargereichten Beschreibung der Koalition als zerstrittener Chaotentruppe bestätigt. Für das konservative Lager war es schlicht ein handwerklicher Fehler von vielen. Und in der linken Blase fragte man sich, wieso R2G mit dieser aktuell gar nicht drängenden 2G-Regelung wieder mal Angriffsfläche für den politischen Gegner bot.

Dass die Koalition bisweilen ein zerstrittenes Bild abgab in den letzten fünf Jahren, lag nicht nur an politischen Differenzen, die zwar vorhanden waren und sind (sonst wäre es ja keine Koalition, sondern eine zwangsverheiratete Einheitspartei). Aber oftmals lagen diese Differenzen nur im Detail.

Ausgeprägter Kampf um Details

Der Kampf um diese Details wurde nicht nur konsequent ausgetragen, sondern immer wieder sehr früh publik über einen der vielen neuen Kanäle. Normale Verhandlungen, die zum Alltagsgeschäft der Politik gehören, wurden so zum – von den Medien besser zu verkaufenden – Streit. Doch ganz ehrlich: Wenn diese Koalition so zerstritten gewesen wäre wie von vielen behauptet, wie hätte sie die beträchtliche Masse von fast 200 Gesetzen in dieser Legislatur verabschieden können?

Im Falle von 2G war die frühe Intervention via Social Media indes hilfreich; sonst wäre die Korrektur nicht derart schnell erfolgt. Und von Streit spricht in diesem Fall auch niemand, schließlich wurde der Fehler einmütig auf Wunsch von SPD, Grünen und Linken korrigiert.

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3 Kommentare

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  • Eine Impfpflicht ab 50 Jahre oder sowas wäre vermutlich am sinnvollsten gewesen, aber dafür ist es mittlerweile auch zu spät. Außerdem hat man es groß und breit ausgeschlossen.

    Die Menschen haben jetzt ein jahr damit verbracht zu lernen, wie gefährlich Sars-CoV2 ist (wobei medial auch meist eher die obere Spanne des Alarmpotentials bedient wurde).

    Die Erkenntnis, dass Sars-CoV2 mittlerweile dann eben doch von der gesellschaftlichen Gefahr her "nur noch ne Grippe" ist (natürlich nicht von Anfang an war und auch für den einzelnen Ü50-Ungeimpften jetzt nicht ist), kommt da nicht von heute auf morgen.

    Das gilt ja nicht nur für die Politik, sondern auch immer noch für viele Bürger.

  • Ich bin mal gespannt, wie lange diese Phase der nachlaufenden Übertreibung (die ganz zwanglos Chaos bedeutet, das ist ja nicht nur in Berlin so) noch dauert...

    Zu Beginn der Pandemie (noch vor dem Lockdown) musste man den Leuten erklären, dass da etwas kommt, was eine merklich größere Gefahr als eine Grippewelle darstellt. Ein Sportverein in der näheren Umgebung hatte im März 2020 ziemliche Anfeindungen zu ertragen als eine festliche Freizeitveranstaltung abgesagt wurde, während in Stadien noch ganz normal Fußballspiele stattfanden.

    Die Menschen mussten lernen, dass das Gefahrfenpotential ungleich größer wurde, so groß wie zumindst seit vielen Jahrzehnten nicht mehr.

    Jetzt ist die Gefahr einer Intensivüberlastung vorüber, die 4. Welle steigt nicht mehr weiter an, sondern flacht derzeit sogar von selbst wieder ab. Die angegebene KH-Belegung ist bei nichtmal 30% der Werte nach Ostern. Ein signifikanter Teil davon ist offensichtlich nichtmal wegen Corona dort, sondern es wurde lediglich beim Routinetest das Virus nachgewiesen.

    www.welt.de/politi...lschen-Zahlen.html

    Wieso gibt es noch Einschränkungen des Lebens? Weil vor der Wahl niemand mehr etwas ändern möchte? Weil wir uns überhaupt erstmal wieder daran gewöhnen müssen rauszugehen und zu leben? Irgendwo da liegen im Moment die Gründe.

    • @Co-Bold:

      Wieso?

      Ich habe den Eindruck, der Druck wird künstlich hochgehalten, um eine sinnvolle Debatte auf nach der Wahl zu verschieben.

      Es haben halt zu viele Beteiligte zu viele Fehler gemacht.

      Wirklich verhältnismäßig erscheinen die aktuellen Regeln mir auch nicht mehr. Entweder man beschließt eine ehrliche Impfpflicht oder jeder Impfgegner bekommt wieder das Recht, seine Gesundheit zu ruinieren.

      Rauchen bleibt ja auch weiterhin erlaubt.