Boom der Fahrradzeitschriften: Mehr Platz auf Straßen und im Regal
Mit jeder weiteren Fahrradspur kommt die nächste zugehörige Zeitschrift auf den Markt. Anders als bei Zeitungen blüht hier das Geschäft.
It’s Stadtradeln-Time. Auch dieses Jahr kurbeln 2.172 Kommunen für ein gutes Klima mit. In vielen Städten und Gemeinden läuft Stadtradeln jetzt gerade. Andere zählten bereits im Frühjahr oder Sommer für jeweils drei Wochen ihre geradelten Kilometer. Und wie viele Fahrten sich bequem, umweltschonend und gesundheitsfördernd mit dem Veloziped machen lassen.
„Schließlich ist Fahrrad überall, jedeR kennt es, hat es und spricht drüber“, sagt die Mitbewohnerin. Deshalb gibt es ja auch Fahrradzeitschriften zuhauf. Der Zeitschriftenmarkt funktioniert ja anders als die Tagespresse. Die bläst seit Jahren Trübsal, weil alles immer schlimmer wird. Bei den Zeitschriften ist dagegen Leben in der Bude. Hunderte neue Titel erscheinen jedes Jahr, dafür machen ungefähr genauso viele die Grätsche.
Der Trend geht klar in Richtung individuelle Nische. Für das Mountainbike-Segment bedeutet dies, dass es sich immer weiter (kl)einteilt. Gravelbikes sind gerade der heiße Scheiß. Dafür gibt es Karl., das Magazin für Urban Bike Lifestyle. Oder Fahrstil, das Radkulturmagazin. Dazu kommt jetzt noch eine Seuche namens E-Bike mit gefühlt auch ein paar Dutzend eigenen Titeln. Ich schreibe für das Fachblatt „Zugverspätung“ gerade den Aufmacher „E-Bike-Gruppen in Funktionskleidung, die sich im Einstieg verkannten“.
In Leipzig ist gerade die neue Ausgabe von We ride Leipzig (WRL) erschienen. Das passt zu Stadtradeln und zur Bundestagswahl. Denn das seit drei Jahren bestehende Projekt ist seit Beginn ausnehmend politisch. Die 2020er Corona-Ausgabe war dem Thema Tempolimit gewidmet.
Radwege statt Parkplätze
Die aktuelle „Heiß auf Abkühlung“ fragt „Klimanotstand – wie weiter?“ Hinter WRL steht dann auch kein großer Verlag, der nach dem alten Gruner+Jahr-Motto „Expand your brand“ haufenweise MeeToo-Produkte in den Markt kübelt. WRL ist dagegen nach eigener Erinnerung eine waschechte „Schnapsidee“ von Leipziger Fahrradenthusiast*innen mit dem Blick fürs Wesentliche. Zum Projekt gehören eine komplette Community, Blogs usw.
Denn Fahrrad braucht Platz. Im Zeitschriftenregal, in unseren Köpfen und auf der Straße. Also mehr Fahrradspuren und Pop-up-Radwege statt immer breitere Parkplätze für immer breiter werdende Autos. „Wir brauchen Fahrrad- statt Autoparkplätze vor der Tür“, fordert die Mitbewohnerin.
Schließlich will sie ihren Fuhrpark mit 4 eigenen Rädern plus 2 Rollern, 3 Rutschautos, 2 Laufrädern und 1 Trettraktor ihrer Kinder nutzen. WRL kann in der nächsten Ausgabe am Leipziger Ring statt vier Autospuren ja mal zwei Radspuren und eine für Kinderwagen und Tretautos vorschlagen.