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taz-Autor:innen und die WahlNur einmal linke Politik erleben

Unser Autor weiß, was Rot-Grün sozialpolitisch anrichten kann. Er stimmt deshalb für den Bruch: Die Linkspartei. Trotz Sahra Wagenknecht.

Janine Wissler bei ihrer Rede als Spitzenkandidatin, Bundesparteitag am 20.Juni Foto: Political-Moments/imago

Es gibt Schlimmeres, als in Berlin zu wählen. NRW zum Beispiel. Würde ich in NRW leben, würde ich vermutlich „Geh scheißen, Sahra“ einmal quer über den Zettel schreiben.

Ich wähle die Linke. Das ist kein euphorischer Akt, sondern das einzig Vernünftige. Ich bin weit eher arm als reich, ich bin Pfleger. Ich traue weder Grünen noch der SPD auch nur einen Meter. Ich bin alt genug, um zu wissen, was Rot-Grün sozialpolitisch anrichten kann, und ich lebe in einem Wahlbezirk, für den unter anderem Stephan von Dassel verantwortlich ist, der offensichtlich den ganzen Tag nichts Besseres zu tun hat, als Geflüchtete und Wohnungslose zu drangsalieren.

Ich habe nicht vergessen, wie nachsichtig Scholz bei CumEx war und welche Orgie der Polizeigewalt er beim G20-Gipfel in Hamburg zu verantworten hatte. Brechmittel bei Inhaftierten, trotz Todesfolge konsequenzlos? Ich halte Grüne und SPD für Parteien, die an der Basis sicher vernünftige und gute Leute haben, und am Ende kriegst du trotzdem solche Rechtsausleger wie Franziska Giffey oder Winfried Kretschmann.

Auftritt Wagenknecht. Ich gehöre nicht zu denen, die sagen, dass die Hufeisenschädel zwar ein Ärgernis seien, aber eben nur ein marginales. Dafür sind es zu viele in zu relevanten Positionen. Lafontaine, Andrej Hunko, Dieter Dehm. Wenn ich in meinem Leben nur einen Protestsong schreibe, dann gegen Dieter Dehm. Das Beste, was ich über ihn sagen kann, ist, dass sein Name sich fein reimt.

taz-Serie Meine Wahl

Wen wählen eigentlich die Leute, die für die taz arbeiten? In unserer Serie berichten Au­to­r:in­nen und Redakteure über ihre ganz persönlichen Überlegungen zur Bundestagswahl am 26. September.

Antisemitismus, Nationalismus, Rassismus und Querfronterei sind reale und tiefe Probleme in der Linken und der Linkspartei. So real, dass sie sich vom neurechten „Cancel Culture“-Geschwätz haben einfangen lassen und Themen wie Nazinetzwerke in der Polizei auch deswegen fast keine Rolle spielen im Wahlkampf. Die Linken könnten das zum Thema machen, aber Nazis in der Exekutive sind eben nicht so wichtig wie vegan lebende Studierende.

Hey Fred! Genug gerantet. Warum dann trotzdem die Linke? Erstens springen da gute Leute rum, die ich im Bundestag brauche. Ich finde, was Petra Pau im NSU-Ausschuss geleistet hat, sehr gut, ich mag die schroffe Überzeugung, die Janine Wissler zeigt, und ich habe in Berlin gesehen, dass die Lin­ken­po­li­ti­ke­r*in­nen in Regierungsverantwortung mehr leisten und integrer sind als ihre rot-grünen Genoss*innen.

Und, zweitens, zurück auf Bundesebene: Es gibt nur eine Partei, mit der man ein linkes Bündnis an die Macht wählt. Scholz hätte gern lieber eine große Koalition, Baerbock ist für alles offen, auch für Lindner und was alles hinter dem steht: nein. Nicht mit mir.

Ich will einmal eine linke Politik erleben in Deutschland. Ich weiß, hier macht man normalerweise alles halbgar. So, dass es keine Konsequenz hat. Ich denke aber, dass das eine Zeit ist, die Inkonsequenz nicht verzeihen wird. Deswegen will ich den Bruch und eine linke Politik. Und das gibt es nur mit der Linken.

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23 Kommentare

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  • Wer was gewinnen will, muss erstmal ein Los kaufen; wer eine linke Politik will, muss erstmal eine linke Partei wählen.

  • Ich sach's mal so: Wer linke Politik will, darf nicht ständig nur taktisch wählen und sich hinterher dann beschweren, dass er keine linke Politik bekommen hat.

  • Danke auch von mir!

  • "und ich habe in Berlin gesehen, dass die Lin­ken­po­li­ti­ke­r*in­nen in Regierungsverantwortung mehr leisten und integrer sind als ihre rot-grünen Genoss*innen."

    Ist damit gemeint, dass der Neubau von Wohnungen in Berlin erstmals 2020 um 14% absackte www.tagesspiegel.d...jahr/27197100.html und der Neubau von Sozialwohnungen einen starken Rückgang verzeichnet? www.tagesspiegel.d...melt/24478758.html

  • klingt richtig gut

  • Der Autor irrt doppelt:



    1. Wer am 26. September links wählt, wird sich am Ende nur schwarz ärgern.



    2. Wer, wenn nicht Sahra stünde für einigermaßen seriöse linke Politik? (Kurzum: Ich wünschte, ich KÖNNTE sie wählen)

  • Danke.

  • Nach der Wahl wird es sehr wahrscheinlich auf eine Dreier-Koalition hinauslaufen. Eine stabile Regierung wird es aber weder mit einer Ampel noch mit Jamaika geben, denn da ist immer ein Koalitionspartner mit im Spiel, der beim Klimaschutz und bei Wirtschafts- und Sozialpolitik allzu viele Kröten schlucken muss. SPD+Grüne+Linke scheint mir die aussichtsreichste Konstellation für eine Regierung zu sein, die vier Jahre durchhält. Und dafür muss man vor allen Dingen eines tun: links wählen. Zumal Merz und Lindner nun wirklich nicht zuzutrauen ist, mit den Problemen unserer Zeit fertigzuwerden. Gerade die nicht.

    • @zmx52:

      Also wenn wir nur nach der Stabilität der Dreierkonstellation gehen, dann dürfte Rot-Schwarz-Gelb die mit Abstand stabilste sein. Die haben eine relativ große Überschneidung was die Außenpolitik angeht, auch wenn die linken Teile der SPD immer wieder von Verschärfung der Rüstungsexporte sprechen, aber am Ende des Tages aber eben bei Rheinmetall, KMW oder Lürssen Industriefacharbeiter, die die SPD als Kernklientel begreift. Und wenn es hart auf hart kommt, drücken Teile der SPD auch Waffenexporte an Saudi-Arabien durch, fragen Sie mal Manuela Schwesig.

      Auch innenpolitisch sehe ich da keine größeren Probleme, die Union hat schon seit Jahren die praktische Politik eingestellt, bis auf dumme Vorschläge der CSU und verwaltet den Laden praktisch nur und auch für die FDP sehe ich da keinen harten Ausschlussgründe. Die SPD fordert ja nicht einen Mindestlohn auf Genfer Niveau, CHF 23.14, sonder von 12,00 EUR, das wird die FDP ihren BWL Justussen schon vermitteln können.

      Dann ändert sich hier nur praktisch nichts...

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Ja, nach all dem womit wir uns im Namen der Klimakrise abgefunden haben: Das ist ein starkes, richtiges Plädoyer.



    In der Tat gilt ja nicht nur für Olaf Scholz, das man hier aus Panik mal wieder den Bock zum Gärtner machen will.



    Die permanente Abgrenzung der Grünen von der Linkspartei durch fast alle grünen Politiker nervt und man fragt sich dann immer, warum wohl eine Kolition mit der FDP oder gar CDU besser sein sollte ...

    • @05867 (Profil gelöscht):

      Die Grünen sind doch seit Jahrzehnten keine linke Partei mehr. Sie haben vielleicht noch so ein Image bei einigen. Aber wirklich "regierungsfähig" auf Bundesebene sind sie doch erst geworden,nachdem die Realos den Laden übernommen haben. Die Berliner Grünen bzw. ALer,waren schon immer am weitesten links von allen Landesverbänden ,insbesondere in Kreuzberg. Aber das heißt nicht das die Kreuzberger in Berlin oder die Berliner in Deutschland den grünen Ton angeben.

  • Was soll ich sagen?

    Vielleicht gehe ich ja doch wählen. Und entscheide mich im Wesentlichen aus denselben Gründen wie der Autor für die Linke.

    • @Jim Hawkins:

      Wenn ich micht täusche, haben Sie vor einiger Zeit geschrieben, wieder in einem kleineren Ort in BaWü zu wohnen. Wenn Sie da Linke wählen, die holen da ja immer so 2-3%, dann regen Sie damit auf jeden Fall die konservativen Nachbarn auf ;-)

      "8 Stimmen Linkspartei, da war doch wieder dieser rote Hausbesetzer, der früher in Berlin war dabei." :-)

    • @Jim Hawkins:

      Auf jeden Fall wählen gehen!!



      Und bloss keine Splitterpartei (die Linkspartei zähle ich ausdrücklich nicht dazu!) und so die Stimme unter der 5-Prozent-Hürde versenken.



      Ein solches Verhalten stützt die Strategie der sog. asymmetrischen Demobilisierung, die Frau Merkel leider so erfolgreich anwenden konnte. Die CDU-Anhänger gehen nämlich fast alle wählen...

    • @Jim Hawkins:

      Das sollten Sie unbedingt!

  • Akkurat zusammengefasst:

    "Es gibt Schlimmeres, als in Berlin zu wählen. NRW zum Beispiel. Würde ich in NRW leben, würde ich vermutlich „Geh scheißen, Sahra“ einmal quer über den Zettel schreiben."

    Mache ich natürlich nicht, obwohl die NRW-Linke tatsächlich mit der Nominierung von Sahra Wagenknecht die Entscheidung getroffen hat.

    Ich wähle dann eben anders.

    Geflüchtete gegen Niedrigverdiendende ausspielen? Haben wir nicht vergessen, Sahra!

    • @hoax:

      PS:



      Das ist MEINE Ansicht! Ich weiß nicht ob Frau Wagenknecht auch genau so argumentiert. Mein Aufhänger ist ist jedenfalls "Geflüchtete gegen Niedrigverdiendende ausspielen",nicht "Sahra".

    • @hoax:

      "Geflüchtete gegen Niedrigverdiendende ausspielen? Haben wir nicht vergessen, Sahra!"



      Da ist aber nicht die Wagenknecht für verantwortlich,das Politik und Wirtschaft ihre Reserve an potentiellen Billiglohnarbeitern aufstocken. Osteuropa ist halt mittlerweile zu teuer,deswegen weicht man auf andere Regionen aus.



      Das steckt zumindest bei Wirtschaftsvertretern und deren Politikern hinter deren Fachkräftemangel- und Diversitätsgefasel. Man sollte schon schauen vor wessen Karren man sich am Ende spannen läßt!

  • Es möge ein Traum bleiben. Mir gefällt das Menschenbild der Linken nicht. Über allem liegt das erstickende Netz der Hilflosig- und Bedürftigkeit. Die Linken haben keinen Respekt vor meiner Eigenständigkeit. Alles wird paternalisiert - für mich ein Albtraum, und das obwohl ich zu den Wenigverdienern gehöre. Man muss das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Ein "Bruch" reicht mir durch die Grünen. Dann sehen wir weiter.

  • Die einzig sinnvolle Wahl wenn man Veränderung will!

    • @dilka:

      Dem kann ich nur zustimmen. Sehr gut zusammengefasst, der Artikel. Auch wenn ich selbst nicht mit allen Einstellungen von Frau Wagenknecht übereinstimme, so finde ich allerdings, dass sie in vielem recht hat, was sie an Strömungen in der Linken kritisiert. Und der Umgang mit der Kritik hat die Linke für mich beinahe in der Wählbarkeit disqualifiziert...aber wie so oft, mangels Alternativen.....

    • @dilka:

      Veränderung kann ziemlich scheiße sein. Im politischen Kontext ist es das Null-Wort schlechthin.

  • Zitat: "Unser Autor weiß, was, Rot-Grün sozialpolitisch anrichten kann."

    Da bin ich absolut bei Ihnen und trotzdem kann ich als Kind von Republikflüchtlingen nicht die Linke wählen. Gut gemeint ist allzu oft eben nicht gut gemacht!

    Ich bin allerdings auch nicht der Meinung, dass für alle Probleme die Gesellschaft insgesamt zuständig ist und schon gar nicht, dass die Politik jedes Problem effizient regeln kann.