RKI passt Zahlen an: Die Impfquote könnte höher liegen
Eine Umfrage des Robert-Koch-Instituts ergibt, dass deutlich mehr Menschen eine erste Corona-Impfung erhalten haben als die offiziellen Zahlen sagen.
Berlin taz | Um bessere Informationen zur tatsächlichen Zahl der Corona-Impfungen zu erhalten, will das Robert-Koch-Institut (RKI) weitere Umfragen durchführen. So sei im frühen Herbst eine Erhebung unter 3.000 Bürger:innen zu Impfbereitschaft und Akzeptanz geplant. Mit dieser Ankündigung ergänzte das RKI am Donnerstag einen eigenen Bericht, demzufolge bereits mehr Bürger:innen eine erste Impfung erhalten haben könnten als bisher bekannt.
Gernot Marx, der Chef des Intensivmedizin-Verbands (Divi), forderte eine zusätzliche, repräsentative Befragung der Bevölkerung. „Verlässliche Zahlen sind die Basis für die Akzeptanz der Coronamaßnahmen“, sagte Marx. Das Robert-Koch-Institut und das Bundesgesundheitsministerium müssten „jetzt alles Notwendige für die Präzisierung der Impfzahlen veranlassen“.
Brandenburgs grüne Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher unterstützt Marx’ Vorschlag. Es werde seit Längerem vermutet, dass die bisherigen, offiziellen Zahlen nicht korrekt seien, so die Ärztin. Nicht alle Impfungen würden vollständig gemeldet. Ein Sprecher von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte dagegen, zusätzliche Erhebungen seien nicht geplant.
Das „Covid-19 Impfquoten-Monitoring in Deutschland“ (Covimo) des RKI förderte an diesem Mittwoch erstaunliche Zahlen zutage. Laut dieser repräsentativen Umfrage unter 1.005 Erwachsenen hatten bis Mitte Juli bereits 79 Prozent der 18- bis 59-Jährigen ihre erste Impfung gegen Corona erhalten. Im Digitalen Impfquoten-Monitoring (DIM) des RKI betrug der Wert dagegen nur 59 Prozent.
J&J macht Quote
Die niedrigere Zahl im DIM könnte dadurch zustande kommen, dass Impfungen mit dem Vakzin von Johnson & Johnson teilweise nicht als Erst-, sondern nur als Zweitimpfungen gezählt werden. Bei diesem Impfstoff ist lediglich eine Dosis nötig. Eine weitere Ursache mag darin liegen, dass nicht alle Betriebsärzte ihre Impfungen an das DIM melden. Andererseits könnten die 79 Prozent der Covimo-Befragung zu hoch ausgefallen sein, weil sich darin eher die Angaben von Befürworter:innen der Impfung spiegeln. Abgebrochene und unvollständige Interviews mit Skeptiker:innen mögen dazu führen, dass deren Anteil unterschätzt werde.
Das RKI nimmt deshalb an, die Wahrheit liege zwischen den beiden Werten und betrage etwa 66 Prozent der 18- bis 59-Jährigen. Also um einige Prozent höher, als die aktuellen DIM-Zahlen des RKI sagen. Am Donnerstag gab das Bundesgesundheitsministerium die Quote der Erstimpfungen mit knapp 63 Prozent an, die der Zweitimpfungen mit 56 Prozent. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, sagte, die Differenz sei kein Grund, die Impfquoten in Zweifel zu ziehen. „Wir unterschätzen womöglich die Zahl der Erstgeimpften etwas, aber wir sprechen hier über wenige Prozentpunkte.“