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Altersvorsorge von FrauenLangsam bewegt sich was

In der letzten Folge ihrer Kolumne denkt unsere Autorin über ihre Altersvorsorge nach. Das hat auch eine politische Dimension.

Die Fragen bleiben: Wie ­gehen wir mit dem eigenen Geld um? Foto: Alexander Limbach/imago images

V or längerer Zeit habe ich auf meine To-do-Liste geschrieben: Altersvorsorge organisieren. Das habe ich an dieser Stelle schon mal erzählt, in der ersten Folge dieser Kolumne vor einem Jahr. Mittlerweile konnte ich den Punkt, zumindest fürs Erste, von der Liste streichen. Ich war bei einem Versicherungsvertreter und habe mit der Verbraucherzentrale telefoniert. Das kostet Geld, ist aber sehr zu empfehlen, weil man dort eine unabhängige Beratung bekommt, die ein Versicherungsvertreter nicht bietet, weil er ja verkaufen will.

Ich habe nun einen ETF-Sparplan. Jeden Monat investiere ich in einen börsengehandelten Indexfonds. Das klingt kompliziert, wenn man sich damit nicht auskennt (wie ich vor einem Jahr), ist aber die Form der Geldanlage, die mir die Verbraucherzentrale empfohlen hat und die einem gerade diverse Finanzratgeber nahelegen.

Ich habe das auch geschafft, weil ich mich mit einer Freundin zusammengetan habe. Wir haben gemeinsam recherchiert, uns ausgetauscht, motiviert und kontrolliert, dass wir es durchziehen. Für mich ist das meine Geld-Erfolgsgeschichte von 2020. Auch für viele andere sind ein paar gute Dinge passiert, wenn man mit feministischer Brille auf die Wirtschaft schaut. Von den Menschen, die im vergangenen Jahr gegründet haben, waren deutlich mehr weiblich als im Vorjahr und es gibt mehr Frauen in Führungspositionen, vor allem in sehr hohen.

Es bewegt sich langsam etwas und wir können etwas mitbewegen, wenn wir uns mit Geld und Wirtschaft auseinandersetzen.

Das hier ist die letzte Folge von „Sie zahlt“ und deshalb muss es nochmal gesagt sein: Auch wenn es selten Spaß macht, ist Geld in unserer Welt leider zu wichtig. Zu wichtig, um zu sagen: Zu anstrengend, sich damit ernsthaft zu beschäftigen. Vor allem als Frau. Auch wenn es viel Zeit raubt, zu verstehen, was ein ETF-Sparplan ist und wie man an einen kommt, sollten wir darüber eine weitere Sache nicht vergessen: die politische Dimension.

Wir leben in einer sehr unfairen Welt, auch daran habe ich immer wieder erinnert: Es gibt immer noch den Gender Pay Gap, und zu viele Frauen werden weiterhin ausgebeutet, ob als Erntehelferinnen, in der Pflege, der Bekleidungsindustrie oder als Care-Arbeiterinnen im eigenen Haushalt.

Irgendwie haben wir uns daran gewöhnt, neu ist nichts davon. Trotzdem können wir es niemals akzeptieren. Auch wenn diese Kolumne nun endet, die Fragen bleiben: Wie ­gehen wir mit dem eigenen Geld um? Wie wollen wir arbeiten? Wie schaffen wir mehr ökonomische Gerechtigkeit?

Dabei sollten wir nie nur auf die Frauen in Führungspositionen schauen, sondern auch an die denken, die nicht mehr mit Kopftuch zur Arbeit kommen können oder weiterhin ausgebeutet werden. Seid solidarisch. Teilt miteinander. Sprecht, verhandelt und streitet.

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Susan Djahangard
Susan Djahangard arbeitet von Hamburg aus als freie Journalistin. Für die taz schreibt sie vor allem die Kolumne "Sie zahlt" über Feminismus, Geld und Wirtschaft.
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5 Kommentare

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  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    ETF-Fonds beteiligen einen anteilig an dem ingesamt wachsenden Aktienmarkt - solange er eben wächst.

    Die werden empfohlen, weil hinterher niemand schuld ist, wenn das Geld weg ist - dann war's halt so und es hat alle irgendwie getroffen. Aber die individuelle Alterssicherung ist dann trotzdem weg.

    Ich halte von Aktien generell nichts, weil an den Börsenplätzen mittlerweile bis zu 70% der Handelsvolumens im Hochgeschwindigkeitshandel stattfindet. Der wird durch Algorithmen gesteuert und niemand kann/darf diese überprüfen. Man kann annehmen, dass sie eher für Kurssteigerung optimiert sind - die werden, wenn der Outcome vermutlich neutral ist, immer eine Strategie einschlagen, die die Kapitalisierung insgesamt heben hilft.

    Das ist der eigentliche Grund, denke ich, warum Aktien nahezu unabhängig von den Rahmenbedingungen permanent mehr wert werden.

    Die Frage ist allerdings, wie lange das funktioniert und ob aus dem Stottern der Maschine - das man schon mehrfach vernommen hat - auch ein kompletter Stillstand werden kann.

    Wir bräuchten dringend Beteiligungsmodelle, die von den Börsenplätzen unabhängig gezielte Investition etwa in Zukunftstechnologien ermöglichen. Raus aus der Kohle, rein in Batterietechnologien oder Bahntechnik...

    Deswegen sehe ich in einem ETF-Sparplan keine Gleichheit zwischen Mann und Frau, sondern nur eine Gleichmacherei in der kapitalistischen Ausbeutung.

  • Aha!? Über Aktien Besitzerin von Unternehmen werden und damit an der Ausbeutung des Kapitalismus partizipieren. Ist das gerecht?

    • @TazTiz:

      Aha! Über den Kauf von Produkten von Unternehmen den Kapitalismus stärken und es sich dabei auch noch selbtsgerecht einrichten.



      Schaun se sich mal in Ihrer Wohnung um, Ihren Kühschrank, auf / in den PC oder TV, Handy, ihren Medienkonsum, Kino, Auto, Fahrrad.... echt jetzt! Hamse alles nicht oder mit eigenen Ressourcen selbst gebaut? Dann Gratulation!

      • @Tom Farmer:

        Naja, Kaufen ist das neue Sein.

        Ich denke lediglich, dass der Besitz von Aktien letztlich jede antikapitalistische Kritik an Profit, Gewinn und Ausbeutung ausschließt, bei bloßem Konsum ist das nicht ganz so eindeutig.

  • Gratulation zur Entscheidung mit dem selbstbestimmten Geldumgang!



    Habe meine Tochter in den letzten 12 MOnaten auch dazu gekriegt sich des Themas anzunehmen, assistierend, war aber dabei "erfolgreich".



    Alles was Sie hier schreiben zum Thema politische Dimension und Gerechtigkeit: Ja, so ist das! Übrigens: Auch die Wissenschaft hat herausgearbeitet dass ein selbstständiger Umgang mit Geldangelegenheiten extrem wichtig ist für das Selbstbewusstsein und unabhängig macht vom "stärkeren" Geschlecht (stand in der Spektrum - Psycholgie irgendwann im Frühjahr).