Antisemitismusstreit um Facebookpost: Linke will Genossen loswerden
Der Vorstand der niedersächsischen Linken will den Kreisvorsitzenden Lars Büttner aus der Partei werfen. Anlass ist sein Post zu Antisemitismus.
Anlass ist ein umstrittener Post zu Antisemitismus auf der Facebook-Seite des Kreisverbandes. Darin stellt Büttner die Behauptung auf: „Wir haben Antisemitismus importiert“. Im Hintergrund sind die Minarette einer Moschee zu sehen. „Mit der faktischen Zuwanderung aus islamischen Ländern wurden auch die kulturellen Prägungen aus diesen Ländern importiert“, heißt es in dem Beitrag. Deutschland müsse alles dafür tun, dass jüdisches Leben in Deutschland sicher ist. „Zugewanderte, die das nicht akzeptieren wollen, haben hier keinen Platz und müssen wieder gehen.“
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Der Beitrag ist eine Reaktion auf die antiisraelischen Demonstrationen am Wochenende, auf denen propalästinensische Teilnehmer:innen antisemitische Parolen skandiert und zur Zerstörung Israels aufgerufen hatten. Büttner sagte der taz, er verstehe den Beitrag als Weckruf, da viele Linke muslimischen Antisemitismus tabuisierten.
Der am Montag veröffentlichte Beitrag sorgte innerhalb der Linken für Empörung und Kritik. Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, sagte der taz, sie halte den Beitrag für rassistisch. Wie damit umgegangen werde, sei nun aber Sache der Landespartei. Die in Hamburg geborene Politikerin ist Mitglied des Landesverbandes Niedersachsen und selbst Muslima.
Zweites Ausschlussverfahren in zwei Jahren
Der Vorstand der niedersächsischen Linken distanzierte sich umgehend von dem Post. „Er entspricht in keiner Weise unserer Parteiprogrammatik“, heißt es auf Twitter. Die Linke Niedersachsen stehe gegen jede Form von Rassismus, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus.
Man habe Lars Büttner gebeten den Post zu löschen, so Podstawa. Darauf habe er jedoch nicht reagiert. „Lars Büttner verstößt mit dem Beitrag gegen grundsätzliche Prinzipien der Linken und gegen das Programm. Und das nicht zum ersten Mal.“ Insofern sehe er gute Chancen für einen Erfolg des Ausschlussverfahrens.
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Es wäre in der Tat das zweite Ausschlussverfahren gegen Büttner. Bereits Anfang 2019 wollte der damalige Vorsitzende der Landesschiedskommission ihn und einen weiteren Genossen, den damaligen Vorsitzenden des Kreisverbandes, aus der Linken werfen. Anlass war der bruchlose Wechsel einer ehemaligen AfD-Politikerin, der Abgeordneten Tanja Bojani, aus der AfD-Fraktion in die Kreistagsfraktion der Linken im Jahr 2018. Inzwischen ist diese wieder Mitglied der AfD-Fraktion, wie die Neue Osnabrücker Zeitung Mitte Mai berichtete.
Auch Büttner blieb der Linken erhalten. Die Bundesschiedskommission der Linkspartei, an die sich Büttner gewandt hatte, kassierte den Beschluss der Landesebene.
Attacke auf Landesvorsitzende
Der Kreisvorstand Osnabrück-Land, der sich am Mittwochabend traf, stellt sich im aktuellen Streit hinter Büttner. Mit drei zu eins Stimmen sprach man ihm das Vertrauen aus. In einer am Abend veröffentlichten Presseerklärung geht der Kreisverband zum Gegenangriff über. „Mit großem Entsetzen müssen wir feststellen, dass Teile der Linken vor dem Antisemitismus aus islamisch geprägten Kulturkreisen die Augen verschließen wollen.“ Das geforderte Parteiausschlussverfahren sei gegenstandslos, man distanziere sich ausdrücklich von der Landesvorsitzenden Heidi Reichinnek.
Niklas Debbrecht, der als Einziger im Vorstand gegen die Solidaritätsadresse stimmte, veröffentlichte seinerseits eine Erklärung, getragen von den Basisorganisationen Melle und Georgsmarienhütte/Hasbergen und der Linksjugend. Antisemitismus mit Islamfeindlichkeit zu bekämpfen stelle keine Lösung da, sondern verschärfe den Konflikt noch weiter, heißt es darin.
Beide Seiten des Vorstands berufen sich dabei auf die gleiche Instanz, nämlich Gregor Gysi. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion hatte am Mittwoch im Bundestag eingeräumt, es gebe auch ein Problem mit islamischem Antisemitismus in Deutschland. Büttner veröffentlichte das Zitat in einem weiteren Facebookpost.
Gysi nannte in seiner Rede aber auch den Nahost-Konflikt als Treiber, bezeichnete die aktuellen Zwangsräumungen palästinensischer Familien als Provokation Benjamin Netanjahus und forderte Deutschland auf, eine Vermittlungsrolle zu übernehmen.
Der Parteivorstand der Linken hatte in einem Beschluss am Wochenende das Existenzrecht Israels betont. Man trete jeder Form des Antisemitismus kompromisslos entgegen, ob dem Verbrennen von israelischen Fahnen, dem Werfen von Steinen gegen Synagogen, Hass in den sozialen Medien oder Gewaltdrohungen gegen jüdische Mitbürger:innen.
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