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Antisemitismusstreit um FacebookpostLinke will Genossen loswerden

Der Vorstand der niedersächsischen Linken will den Kreisvorsitzenden Lars Büttner aus der Partei werfen. Anlass ist sein Post zu Antisemitismus.

Luftballon der Linken Foto: imago

Berlin taz | Die Linke in Niedersachsen will den Vorsitzenden des Kreisverbandes Osnabrück-Land, Lars Büttner, aus der Partei werfen. „Wir planen ein Ausschlussverfahren einzuleiten“, sagte der Geschäftsführer des Landesverbandes Christoph Podstawa auf Anfrage der taz. „Aber die Hürden dafür sind extrem hoch.“

Anlass ist ein umstrittener Post zu Antisemitismus auf der Facebook-Seite des Kreisverbandes. Darin stellt Büttner die Behauptung auf: „Wir haben Antisemitismus importiert“. Im Hintergrund sind die Minarette einer Moschee zu sehen. „Mit der faktischen Zuwanderung aus islamischen Ländern wurden auch die kulturellen Prägungen aus diesen Ländern importiert“, heißt es in dem Beitrag. Deutschland müsse alles dafür tun, dass jüdisches Leben in Deutschland sicher ist. „Zugewanderte, die das nicht akzeptieren wollen, haben hier keinen Platz und müssen wieder gehen.“

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Der Beitrag ist eine Reaktion auf die antiisraelischen Demonstrationen am Wochenende, auf denen propalästinensische Teil­neh­me­r:in­nen antisemitische Parolen skandiert und zur Zerstörung Israels aufgerufen hatten. Büttner sagte der taz, er verstehe den Beitrag als Weckruf, da viele Linke muslimischen Antisemitismus tabuisierten.

Der am Montag veröffentlichte Beitrag sorgte innerhalb der Linken für Empörung und Kritik. Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, sagte der taz, sie halte den Beitrag für rassistisch. Wie damit umgegangen werde, sei nun aber Sache der Landespartei. Die in Hamburg geborene Politikerin ist Mitglied des Landesverbandes Niedersachsen und selbst Muslima.

Zweites Ausschlussverfahren in zwei Jahren

Der Vorstand der niedersächsischen Linken distanzierte sich umgehend von dem Post. „Er entspricht in keiner Weise unserer Parteiprogrammatik“, heißt es auf Twitter. Die Linke Niedersachsen stehe gegen jede Form von Rassismus, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus.

Man habe Lars Büttner gebeten den Post zu löschen, so Podstawa. Darauf habe er jedoch nicht reagiert. „Lars Büttner verstößt mit dem Beitrag gegen grundsätzliche Prinzipien der Linken und gegen das Programm. Und das nicht zum ersten Mal.“ Insofern sehe er gute Chancen für einen Erfolg des Ausschlussverfahrens.

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Es wäre in der Tat das zweite Ausschlussverfahren gegen Büttner. Bereits Anfang 2019 wollte der damalige Vorsitzende der Landesschiedskommission ihn und einen weiteren Genossen, den damaligen Vorsitzenden des Kreisverbandes, aus der Linken werfen. Anlass war der bruchlose Wechsel einer ehemaligen AfD-Politikerin, der Abgeordneten Tanja Bojani, aus der AfD-Fraktion in die Kreistagsfraktion der Linken im Jahr 2018. Inzwischen ist diese wieder Mitglied der AfD-Fraktion, wie die Neue Osnabrücker Zeitung Mitte Mai berichtete.

Auch Büttner blieb der Linken erhalten. Die Bundesschiedskommission der Linkspartei, an die sich Büttner gewandt hatte, kassierte den Beschluss der Landesebene.

Attacke auf Landesvorsitzende

Der Kreisvorstand Osnabrück-Land, der sich am Mittwochabend traf, stellt sich im aktuellen Streit hinter Büttner. Mit drei zu eins Stimmen sprach man ihm das Vertrauen aus. In einer am Abend veröffentlichten Presseerklärung geht der Kreisverband zum Gegenangriff über. „Mit großem Entsetzen müssen wir feststellen, dass Teile der Linken vor dem Antisemitismus aus islamisch geprägten Kulturkreisen die Augen verschließen wollen.“ Das geforderte Parteiausschlussverfahren sei gegenstandslos, man distanziere sich ausdrücklich von der Landesvorsitzenden Heidi Reichinnek.

Niklas Debbrecht, der als Einziger im Vorstand gegen die Solidaritätsadresse stimmte, veröffentlichte seinerseits eine Erklärung, getragen von den Basisorganisationen Melle und Georgsmarienhütte/Hasbergen und der Linksjugend. Antisemitismus mit Islamfeindlichkeit zu bekämpfen stelle keine Lösung da, sondern verschärfe den Konflikt noch weiter, heißt es darin.

Beide Seiten des Vorstands berufen sich dabei auf die gleiche Instanz, nämlich Gregor Gysi. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion hatte am Mittwoch im Bundestag eingeräumt, es gebe auch ein Problem mit islamischem Antisemitismus in Deutschland. Büttner veröffentlichte das Zitat in einem weiteren Facebookpost.

Gysi nannte in seiner Rede aber auch den Nahost-Konflikt als Treiber, bezeichnete die aktuellen Zwangsräumungen palästinensischer Familien als Provokation Benjamin Netanjahus und forderte Deutschland auf, eine Vermittlungsrolle zu übernehmen.

Der Parteivorstand der Linken hatte in einem Beschluss am Wochenende das Existenzrecht Israels betont. Man trete jeder Form des Antisemitismus kompromisslos entgegen, ob dem Verbrennen von israelischen Fahnen, dem Werfen von Steinen gegen Synagogen, Hass in den sozialen Medien oder Gewaltdrohungen gegen jüdische Mit­bür­ge­r:in­nen.

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9 Kommentare

 / 
  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    als weitere Info, ohne Kommentar - Neue OZ 21.05.2021:



    Überschrift und subtitle: "Kreisverband seht zu Büttner; Jüdische Gemeinde: 'Büttner hat nicht unrecht.' " [....] "Der Linken-Vorstand besteht derzeit aus fünf Personen. Mit drei zu eins Stimmen habe dieser nun beschlossen, hinter dem viel kritisierten Facebook-Beitrag seines Vorsitzenden Lars Büttner zu stehen und Kritik sowie Anfeindungen zurückzuweisen [....].."

  • "The uncomfortable truth about BLM, Malcolm X and anti-Semitism"

    Es ist an der Zeit, daß auch die BLM-Bewegung ihre eigene Verstrickung in den Anti-Semitismus aufarbeitet, der den amerikanischen 'Anti-Rassismus seit Malcolm X - und ganz im Aim Gegensatz zur Haltung M.L. King (!) - begleitet:

    "During the Los Angeles riots over the killing of George Floyd, Jewish shops were destroyed, synagogues were sprayed with ‘free Palestine’ graffiti, and a statue of a Swedish diplomat who had saved Hungarian Jews from the Nazis was defaced with anti-Semitic slogans."

    "In France, a Black Lives Matter rally descended into cries of ‘dirty Jews’, echoing the anti-Semitic chants that filled the same streets during the Dreyfus affair a century ago. Shortly afterwards, the #Jewishprivilege Twitter hashtag sought to lump Jews together with the forces of oppression – until it was subverted by Jews posting accounts of the persecution suffered by their families. Jewish privilege indeed."

    Die Tochter von Malcolm X.:

    "Sadly, her father had often associated the ‘people in power’ with Jews. Throughout his life, he attacked what he called ‘Zionist-Dollarism’, deplored Israel and cast Jews as a race of white oppressors."

    www.spectator.co.u...-x-for-inspiration

  • Die Linke hat richtig gemacht. Punkt..



    Er war schon im 2018 in einer AfD-Äffäre gewickelt.



    Damals, als demokratisch, wurde er nicht von der Partei ausgeschloßen.



    Ihm wurde weitere Chance gegeben.

    Leider hat er das anders entschieden, nochmals die Chance vertan..



    Na ja, was erwartet man dann...

  • "Antisemitismus nach Deutschland importieren" könnte "Eulen nach Athen tragen" als Redewendung ablösen.

  • Jo. Zerstreitet, beschuldigt und cancelt euch doch alle. Mit einander reden, Mißverständnisse ausräumen war gestern. Vielleicht schafft ihrs ja im Herbst den Stress im Bundestag zu vermeiden. Wenn die SPD ein Trauerspiel ist, was ist dann eigentlich die Linke?

  • Sicher - es gab und gibt gewiss keinen Bedarf an Antisemitismus mehr in Deutschland, aber könnte es nicht vielleicht doch sein, dass ungewollt zusätzlicher Antisemitismus „importiert“ worden ist? In manchen Ländern ist Antisemitusmus ja sozusagen Hauptfach in den Schulen. Darüber wird man nicht einfach so hinwegsehen können - gerade, wenn man ein angstfreies jüdisches Leben in Deutschland sicherstellen möchte. Probleme verschwinden nicht einfach dadurch, dass man sie krampfhaft verschweigt - im Gegenteil.

  • Bravo, Linke, raus mit den Rotlackierten!

    Herr Büttner leugnet die Vergangenheit, in welcher Deutschland via Vasall "Vichy-Regime" antisemitische Politik bis in Teile der französische Kolonien durchsetzen konnte, auch in arabischen! Der Antisemitismus, das Original, wurde von DEUTSCHLAND exportiert! Und lebt da, wohin er exportiert wurde, teilweise noch heute.

    • @Uwe Kulick:

      sorry, aber nee



      Wir haben alle damals in der Schule gelernt, dass Antisemitismus= Nazis,



      Nazis=böse, deshalb Antisemitismus=böse.



      Aber das ist zu kurz gegriffen: Antisemitismus ist älter, viel älter als Nationalsozialismus.



      Nur ein Beispiel: Alhambra-Edikt, Spanien - 1492

    • @Uwe Kulick:

      man könnte sagen "lustige Sichtweise, die Sie da haben", wenn es nicht so traurig wär.

      Und der Antisemitismus in der arabischen Welt vor den Nazis, den lassen Sie kulanterweise mal weg?