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EU will Farbstoff E171 verbietenJahrzehntelang im Essen

Der Farbstoff E171 steckt in Backwaren, Suppen oder Süßigkeiten. Nun will die EU-Kommission ihn verbieten, weil er möglicherweise das Erbgut schädigt.

Wenn's weißer werden soll: Titandioxid Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin taz | Die EU-Kommission will wegen möglicher Krebsrisiken den Lebensmittelfarbstoff Titandioxid verbieten, der seit Jahrzehnten etwa in konventionellen Backwaren steckt. Das hat Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides mitgeteilt, kurz nachdem die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) feststellte, „dass Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen werden kann.“ Verbraucherschützer fordern schon seit Jahren, den auf Etiketten E171 genannten Weißmacher nicht mehr in Nahrungsmitteln zu verwenden.

Die wichtigsten Lebensmittelkategorien, die zur Aufnahme von E171 beitragen, sind laut Efsa feine Backwaren, Suppen, Brühen, Soßen, Salate, herzhafter Brotaufstrich und verarbeitete Nüsse. Auch in Kaugummi und Süßigkeiten wie Lollis findet sich der Stoff. Die Efsa fand in einer einschlägigen Datenbank mehr als 13.000 Lebensmittelprodukte mit E171 im Zutatenverzeichnis, wenn auch seit 2016 mit fallender Tendenz. Die Verbraucherorganisation Foodwatch ermittelte den Stoff zum Beispiel in Zuckerstreuseln und Backmischungen.

Doch nun urteilte die Efsa, es sei „auf der Grundlage der neuen Daten und weiterentwickelten Methoden“ nicht auszuschließen, dass Titandioxid das Erbgut schädigen könne. Zwar nehme der Organismus nur wenige Titandioxidpartikel aus der Nahrung auf, „sie können sich jedoch im Körper ansammeln.“ Deshalb lasse sich „keine sichere Menge für die tägliche Aufnahme von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff festlegen.“

Noch 2016 machte die Efsa in einem Gutachten zu der Substanz keine Bedenken geltend. Doch seitdem seien tausende Studien verfügbar geworden – „einschließlich neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und Daten zu Nanopartikeln.“ Titandioxid enthalte bis zu 50 Prozent solcher Teilchen, die weniger als 100 Nanometer groß sind. Deshalb können sie besonders leicht in Zellen eindringen.

In Bioprodukten untersagt

Bioverbände, Verbraucher- und Umweltschützer warnen schon lange, dass zu wenig über die möglichen Auswirkungen von Nanomaterialien auf Menschen und die Natur bekannt sei. Der Ökoverband Demeter schließt Nano bereits seit 2009/2010 aus, später folgen Naturland und Bioland. Die Öko-Verordnung untersagt E171 in Bio-Produkten. Frankreich verbietet den Stoff in Lebensmitteln seit 2020. Doch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner zögerte. Erst jetzt plädierte auch die CDU-Politikerin dafür, die Zulassung für Lebensmittel EU-weit zurückzunehmen.

Die Ministerin habe versagt, kritisierte Renate Künast, ernährungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Solange noch Forschungslücken bestünden, brauche es im Sinne des vorsorgenden Gesundheitsschutzes nationale Regelungen und Verbote.

„Titandioxid hat für die Ver­brau­che­r*in­nen keinen Nutzen, sondern dient nur dazu, Produkte weißer und glänzender zu machen“, teilte Foodwatch mit. Der Stoff sei kein Einzelfall – auch die umstrittenen Azo-Farbstoffe und selbst aluminiumhaltige Stoffe seien nach wie vor erlaubt. Die EU-Kommission müsse auch „alle umstrittenen Farbstoffe“ verbieten.

Lebensmittelverband lenkt ein

VertreterInnen der Lebensmittelindustrie hatten zum Beispiel das Verbot in Frankreich als „wissenschaftlich nicht haltbar“ angegriffen. Nun erklärte der Lebensmittelverband Deutschland, die Sicherheit der Produkte sei „oberstes Gebot“. Die Branche werde einer Entscheidung der EU „unmittelbar entsprechen“.

Titandioxid kann auch in anderen Produkten enthalten sein, etwa in Zahnpasta und Waschmittel. Um diese Waren ging es bei der Efsa-Prüfung nicht. Für eine weitere Produktgruppe, etwa für Farben, Lacke oder Mörtel, hatte die EU-Kommission 2019 erklärt, dass es für Titandioxid in Pulverform künftig einen Warnhinweis geben sollte. Dabei ging es um mögliche Krebsrisiken durch das Einatmen von Pulver.

Korrekturhinweis: Wir haben am 17.05.21 den Satz „Deshalb können sie besonders leicht Zellwände durchdringen“ durch „Deshalb können sie besonders leicht in Zellen eindringen“ ersetzt. Gemeint waren menschliche Zellen, die keine Zellwände haben.

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8 Kommentare

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  • Wer verdient daran und wer hat danach einen Schaden? Wirtschaftlichen meine ich natürlich. Wo kommt der Stoff her, wie und wo wird er verarbeitet, wer verkauft ihn? Wer sind die Lqbbyisten,welche Politker unterstützen das Verbot des Verbots?



    Fragen über Fragen und wer antwortet?

  • "Nun erklärte der Lebensmittelverband Deutschland, die Sicherheit der Produkte sei „oberstes Gebot“."

    Guter, schlechter Witz!



    "Profitmaximierung über alles" ist das oberste Gebot, wie bei jedem profitorientierten Unternehmen im Kapitalismus.

  • Wer hier schon mit Modifikationen des Titandioxid protzen will, der solle es dann doch bitte komplett tun. Rutil, Brookit und Anatas lauten die drei verschiedenen Modifikationen des kristallisierten Titandioxids. Rutil und Anatas kristallisieren im tetragonalen Kristallsystem, während die Hochtemperaturform Brookit im Rhombischen Kristallsystem kristallisiert. Was bringt das nun für die Fragestellung? Wegen des Schweratoms Titan besitzen diese Minerale eine hoche Lichtbrechung und zugleich Doppelbrechung, sofern sie durchsichtig sind.

    Sehr lustig auch das "krebserregende" Anatas in Verbindung mit UV-Licht. Da würde ich einmal empfehlen die Fachliteratur genauer zu studieren und zu begreifen, was ein photokatalytischer Effekt ist. Ansonsten bitte sich nicht wichtig zu tun mit Halb- und Viertelwissen.

    Last but not least. Ich frage mich ernsthaft, wie also Titandioxid im menschlichen Organismus aufgenommen werden soll. Wer im Labor versucht das in Lösung zu bringen, der weiß schon, dass dazu heiße Schwefelsäure oder die Allzweckwaffe des Laboranten der Kaliumhydrogensulfat-Aufschluss nötig ist. Alles im menschlichen Körper vorhanden?

    Das einzige, was tatsächlich diskussionswürdig ist, ist eine mögliche Lungengängigkeit von Feinstpartikeln. Jedoch haben Experten bereits vor dem EU-Verfahren das Risiko einer solchen Inkorporation mit dem allgemeiner Feinstäube verglichen.

    Auch residuale Kenntnisse der Naturwissenschaften sind schädlich wie die komplette Ignoranz der Politiker, die stolz darauf sind Physik und Chemie in der Schule abgewählt zu haben. Sie sollten auch schleunigst abgewählt werden.

  • Ich habe die Vermutung bei der ganzen Diskussion um Titandioxid werden zwei Dinge komplett durcheinandergeworfen. TiO2 kommt in zwei Modifikationen vor: Das harmlose Rutil, was auch in Lebensmitteln, Kosmetika, Sonnencreme, Farbstoffen, ... verwendet wird und das in Zusammenhang mit UV-Licht krebserregende Anatas. Natürlich kann man bei einem harmlosen Stoff nicht automatisch davon ausgehen, dass das auch für dessen Nanopartikel gilt, aber bei Rutil ist das eigentlich ganz gut untersucht, dass die unbedenklich sein sollten, da sie so inert sind (reaktionsträge) und daher einfach unverändert ausgeschieden werden.

  • RS
    Ria Sauter

    Hoffentlich verschwinden diese Entscheidungsträger der CDU/CSU mal im Nirgendwo.



    Ob es dann besser wird?



    Sehr zu empfehlen zu den Skandalen und Verflechtungen der CDU



    "Die Anstalt"

    • @Ria Sauter:

      ähm ... ist die EU nicht CDU dominiert und somit Entscheidungsträger des Verbots?

      Wollen Sie Titanoxid also nicht verboten haben? 🤣

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Was ist mit Sonnencreme? Auch Bio?

    utopia.de/ratgeber...lichtschutzfaktor/

  • Titandioxid wird zu einem ganz erheblichen Anteil in Kosmetika verwendet - allen voran in Sonnenöl und -creme.