EU will Farbstoff E171 verbieten: Jahrzehntelang im Essen
Der Farbstoff E171 steckt in Backwaren, Suppen oder Süßigkeiten. Nun will die EU-Kommission ihn verbieten, weil er möglicherweise das Erbgut schädigt.
Die wichtigsten Lebensmittelkategorien, die zur Aufnahme von E171 beitragen, sind laut Efsa feine Backwaren, Suppen, Brühen, Soßen, Salate, herzhafter Brotaufstrich und verarbeitete Nüsse. Auch in Kaugummi und Süßigkeiten wie Lollis findet sich der Stoff. Die Efsa fand in einer einschlägigen Datenbank mehr als 13.000 Lebensmittelprodukte mit E171 im Zutatenverzeichnis, wenn auch seit 2016 mit fallender Tendenz. Die Verbraucherorganisation Foodwatch ermittelte den Stoff zum Beispiel in Zuckerstreuseln und Backmischungen.
Doch nun urteilte die Efsa, es sei „auf der Grundlage der neuen Daten und weiterentwickelten Methoden“ nicht auszuschließen, dass Titandioxid das Erbgut schädigen könne. Zwar nehme der Organismus nur wenige Titandioxidpartikel aus der Nahrung auf, „sie können sich jedoch im Körper ansammeln.“ Deshalb lasse sich „keine sichere Menge für die tägliche Aufnahme von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff festlegen.“
Noch 2016 machte die Efsa in einem Gutachten zu der Substanz keine Bedenken geltend. Doch seitdem seien tausende Studien verfügbar geworden – „einschließlich neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und Daten zu Nanopartikeln.“ Titandioxid enthalte bis zu 50 Prozent solcher Teilchen, die weniger als 100 Nanometer groß sind. Deshalb können sie besonders leicht in Zellen eindringen.
In Bioprodukten untersagt
Bioverbände, Verbraucher- und Umweltschützer warnen schon lange, dass zu wenig über die möglichen Auswirkungen von Nanomaterialien auf Menschen und die Natur bekannt sei. Der Ökoverband Demeter schließt Nano bereits seit 2009/2010 aus, später folgen Naturland und Bioland. Die Öko-Verordnung untersagt E171 in Bio-Produkten. Frankreich verbietet den Stoff in Lebensmitteln seit 2020. Doch Bundesernährungsministerin Julia Klöckner zögerte. Erst jetzt plädierte auch die CDU-Politikerin dafür, die Zulassung für Lebensmittel EU-weit zurückzunehmen.
Die Ministerin habe versagt, kritisierte Renate Künast, ernährungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Solange noch Forschungslücken bestünden, brauche es im Sinne des vorsorgenden Gesundheitsschutzes nationale Regelungen und Verbote.
„Titandioxid hat für die Verbraucher*innen keinen Nutzen, sondern dient nur dazu, Produkte weißer und glänzender zu machen“, teilte Foodwatch mit. Der Stoff sei kein Einzelfall – auch die umstrittenen Azo-Farbstoffe und selbst aluminiumhaltige Stoffe seien nach wie vor erlaubt. Die EU-Kommission müsse auch „alle umstrittenen Farbstoffe“ verbieten.
Lebensmittelverband lenkt ein
VertreterInnen der Lebensmittelindustrie hatten zum Beispiel das Verbot in Frankreich als „wissenschaftlich nicht haltbar“ angegriffen. Nun erklärte der Lebensmittelverband Deutschland, die Sicherheit der Produkte sei „oberstes Gebot“. Die Branche werde einer Entscheidung der EU „unmittelbar entsprechen“.
Titandioxid kann auch in anderen Produkten enthalten sein, etwa in Zahnpasta und Waschmittel. Um diese Waren ging es bei der Efsa-Prüfung nicht. Für eine weitere Produktgruppe, etwa für Farben, Lacke oder Mörtel, hatte die EU-Kommission 2019 erklärt, dass es für Titandioxid in Pulverform künftig einen Warnhinweis geben sollte. Dabei ging es um mögliche Krebsrisiken durch das Einatmen von Pulver.
Korrekturhinweis: Wir haben am 17.05.21 den Satz „Deshalb können sie besonders leicht Zellwände durchdringen“ durch „Deshalb können sie besonders leicht in Zellen eindringen“ ersetzt. Gemeint waren menschliche Zellen, die keine Zellwände haben.
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