piwik no script img

Tschechiens Politstar Dominik FreriVorwurf der Vergewaltigung

Der junge, aufstrebende Politiker Freri soll mehrere Frauen beleidigt und sexuell missbraucht haben. Immer mehr Betroffene berichten.

Sein Verhalten soll an der Fakultät ein offenes Geheimnis gewesen sein: Dominik Feri Foto: Katerina Sulova/imago

Prag taz | Vor wenigen Tagen noch war Dominik Feri in Hochform. Noch keine 25 Jahre alt, mit einem Juraabschluss der Prager Karlsuniversität in der Tasche und über 1 Million Followern auf Ins­ta­gram galt Feri als Influencer für die politikmüde Jugend des Landes: witzig, charismatisch, intelligent.

Ein nordböhmischer Patriot mit afrikanischen Wurzeln, gesamteuropäischem Ausblick und einer Vorliebe für mährische Weinfeste, etablierte sich Feri schon früh als moderner Hoffnungsträger und Star sozialer Netzwerke. Sein sorgsam gepflegtes Image als pfeiferauchender Dandy in Tweed und sein unübersehbarer Afro sind seine Markenzeichen.

Dank seiner Reichweite hatte Feri schon bei den Wahlen 2017 Unvorstellbares geschafft: Für die TOP 09, eine Partei, die nicht richtig weiß, ob sie konservativ, liberal oder progressiv ist, hatte er vom hintersten Listenplatz aus dank Präferenzstimmen ein Mandat im Abgeordnetenhaus errungen. Schon drei Jahre zuvor war Feri im Kurort Teplice mit knapp 18 Jahren zum jüngsten Kommunalpolitiker des Landes geworden.

Kaum in der großen Politik in Prag angekommen, nahm ihn sofort kein anderer als „der Fürst“ unter seine Fittiche: Karl Schwarzenberg, graue Eminenz der TOP 09 und Hüter dessen, was die Tschechen das „Erbe Václav Havels“ nennen, ohne es allerdings zu definieren, machte den damals 21-jährigen Nachwuchspolitiker zu seinem Berater, gleichzeitig wurde er zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden seiner Partei gewählt.

Vorwurf der Vergewaltigung

Auch in diesem Wahlkampf sollte Feri die Stimmen junger Wähler abgreifen. Vergangene Woche stellte er seine Kampagne „Mam hlas“ (Ich habe eine Stimme) vor, mit der er über Podcasts und soziale Netzwerke Jungwähler an die Wahlurnen bringen sollte. „Wir gehören zum Westen“, so der Slogan, mit dem die TOP 09 zusammen in einer Wahlkoalition mit der konservativen Bürgerpartei ODS und den Christdemokraten die Regierung von Andrej Babis zum Teufel jagen wollen.

Feris Höhenflug kam nun zu einem abrupten Absturz. Gleich zwei Medien, die Tageszeitung Denik N und das linke Webportal Alarm, hatten berichtet, wie Feri mit Frauen umgeht. Insgesamt acht junge Frauen, Abiturientinnen, vor denen er Seminare über politische Partizipation gehalten hatte, und Studentinnen an der Jura­fakultät, soll er demnach beleidigt und sexuell missbraucht haben. In zwei Fällen steht ein klarer Vergewaltigungsvorwurf im Raum, bewiesen ist bislang noch nichts.

Die Lügen und Manipulationen werde er gerichtlich ausfechten, erklärte Feri, und trat von allen gegenwärtigen und zukünftigen Ämtern zurück. Inzwischen melden sich immer mehr junge Frauen und auch ehemalige Kommilitonen, die bezeugen, dass Feris Sexualverhalten ein offenes Geheimnis an der Jura­fakultät war.

Mentor Schwarzenberg hat sich derweil schon eingeschaltet: Es sei doch völlig normal, dass man mit 25 auf junge Frauen stehe, wehrte der die Anschuldigungen ab. Man gehört also zum Westen. Fragt sich nur, in welchem Jahrhundert.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • In vielen Unternehmen soll bei jedem Kundenkontakt auch ein (Verkaufs-)Angebot gemacht werden. Ich weiß natürlich nicht wie aufdringlich Herr Feri vorgegangen ist, ich höre jetzt zum erste hiervon, aber der letzte Satz dieses Artikel erstaunt mich dann doch.

    Denn er suggeriert, dass man im privaten noch nicht einmal ein Angebot machen darf. Dies erscheint mir nicht richtig. Man sollte schon ein Angebot machen dürfen aber jeder hat auch das Recht ein solches abzulehnen und dann muss halt auch gut sein.

  • "Es sei doch völlig normal, dass man mit 25 auf junge Frauen stehe,..." Ähh, ja, das mag ja zutreffen und ist völlig in Ordnung, legitim, normal, nachvollziehbar etc. Aber was hat das mit den Vergewaltigungsvorwürfen zutun? Es erklärt seine sexuelle Präferenz aber das darf doch alles andere nicht entschuldigen. Da hat sein Mentor doch wohl etwas mißverstanden, nicht wahr?