Antiqueere Gewalt in Berlin: Erstmals meldeten auch Heteras
L-Support meldet mehr Fälle von Lesbenfeindlichkeit als in den Jahren zuvor. Das Projekt vermutet ein Dunkelfeld von 90 Prozent.
Die meisten Fälle betreffen Beleidigungen, aber auch körperliche Angriffe wurden gemeldet. L-Support geht von einem Dunkelfeld von 90 Prozent aus. „Das liegt daran, dass viele Frauen, die Gewalt bagatellisieren. Sie sagen: Dass war nur ein blöder Spruch.“ L-Support ermutigt, bei ihnen auch antiqueere Beleidigungen zu melden, weil es ernsthafte Gewalttaten sind, die die Betroffenen im Alltag verfolgen. Die meisten von ihnen finden dort statt, wo queeres Leben besonders sichtbar ist: auf dem Weg zum Dyke*-Marsch oder am Rande des Christopher Street Days.
L-Support e.V. wurde 2015 gegründet, um Gewaltbetroffenen professionell zu helfen. Gewaltbetroffene, die lesbisch, bi, nicht-binär und/oder queer sind, können auf der Homepage und telefonisch Vorfälle von Gewalt melden. Neben der statistischen Erfassung von Gewalt unterstützt L-Support Betroffene von Gewalt telefonisch und im persönlichen Gespräch.
Im vergangenen Jahr wurden erstmals Vorfälle gemeldet, bei denen hetero Frauen lesbenfeindliche Gewalt erlebten. Also Fälle, in denen Täter:innen fälschlicherweise davon ausgingen, dass die betroffenen Frauen queer oder lesbisch sind. Nicht alle Fälle, die bei L-Support gemeldet werden, werden auch der Polizei gemeldet. Im Jahr 2020 waren es von den 33 bei L-Support gemeldeten Fällen 11, die auch polizeilich erfasst wurden.
Die Fallzahlen aus dem Jahr 2020 veröffentlicht der Verein anlässlich des Tags der lesbischen Sichtbarkeit am 26. April. Laut Projektleiterin Sabine Beck ist die fehlende Sichtbarkeit Teil des Problems: „Es muss geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in den Medien, in der Politik und in der Bildung stärker repräsentiert werden, um Vorurteilen entgegenzuwirken.“ Dazu brauche es bessere Sicherheitskonzepte für den öffentlichen Raum, wie beispielsweise Schulungen von Sicherheitspersonal.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!