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Der Literaturhauschef und das Gender-*Fester Glaube

Alexander Diehl
Essay von Alexander Diehl

Save our German: Eine ganze Seite überließ die „F.A.Z.“ dafür jetzt Hamburgs Literaturhauschef Rainer Moritz.

Stern*­chen des Anstoßes: geschlechtersensible Anrede „Kolleg*innen“ Foto: Sebastian Gollnow/dpa

E igentlich ist die Sache ganz einfach: Wenn eine Sache den Menschen übers Tierreich erhebt, nicht zuletzt in seinen eigenen Augen, dann ist das die Sprache. Was könnte mehr Kultur sein – im Unterschied zur Natur – als Zeichensysteme und die Art und Weise, wie sie mit Bedeutung gefüllt werden?

Ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn wenn Verlass ist auf etwas, dann darauf, dass Menschen, die der Veränderung eher nicht so zugewandt sind, fest daran glauben, dass sie sich natürlich entwickele, die Sprache. Auch das im Unterschied zu etwas, nämlich diesem menschengemachten Genderunfug, also dem dreisten Wunsch aller Nichtmänner, auch abgebildet zu werden in den Worten, statt bloß „mitgemeint“ in der angeblich neutralen männlichen Form.

„Unumstößliches Regelwerk“

„Veränderungen wie diese rufen immer wieder scharfe Kritik hervor. Denn in Sprach­angelegenheiten regiert der feste Glauben an ein unumstößliches Regelwerk, das keine Aufweichung dulde. Konservatismus findet hier sein ureigenes Revier.“ Was klingt, als käme es aus einer Kampfschrift der nicht ganz jungen feministischen Sprachwissenschaft, stand am Montag in der – solcher Grillen maximal unverdächtigen – Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Eine ganze Seite hatte man Rainer Moritz überlassen, Leiter des Hamburger Literaturhauses, für seine Überlegungen zur sprachlichen Gleichberechtigung. Nicht im bestens beleumundeten Feuilleton allerdings sinnierte der studierte Germanist da aber übers Gendersternchen, sondern im Politik-Ressort.

Und wer immer den Gastbeitrag betreut hatte: Ihn oder – weniger wahrscheinlich – sie trieb Politisches um. Anmoderiert ist der Text, als müsste unser schönes freies Deutsch verteidigt werden gegen die Genderdiktatur: Vom „Wunsch, Sprache zu lenken und Kultur zu ‚säubern‘“ ist da prominent die Rede. Auch wenn er am Ende bei längst zum Gemeinplatz Geronnenen ankommt, von der leicht angegrabbelten Rede über die „linksidentitären Kreise“ bis zur echte Meis­ter­den­ke­r*in­nen­schaft ausweisenden „Unfähigkeit, Ambivalenz auszuhalten (Svenja Flaßpöhler)“: Moritz' Gedankengang ist an Nuancen reicher, als die F.A.Z. es ihren Lesenden offenbar glaubte zumuten zu können – die Verkaufe ist wohliger Kulturkampf-Grusel für die Frühstückstische (nicht nur) im saturierten Taunus.

Die Ideologie – der anderen

Schreckliches Unrecht freilich ist dem Mann damit auch nicht angetan worden: Immer wieder hat Moritz in der Vergangenheit angeschrieben und -diskutiert gegen ideologisches Überregulieren der Sprache, geriet aber auch gern mal gehörig ins Schwimmen dabei – die „unsichtbare Hand“, die er auch jetzt wieder bei offenbar weniger problematischen Formen des Sprachwandels am Werk sah: Sie ist ja eine Metapher; mithin etwas, mit dem Moritz sich auskennt.

Das absichtsvolle, das Lenken, das Ringen um Repräsentation und Deutungshoheit: All das weiß er, Pardon, natürlich nur bei anderen zu erkennen, kaum mal bei sich selbst. Aber Projektion, wie sie da jetzt wieder am Werk gewesen sein wird, beim Hamburger Autor und dem Frankfurter Redakteur, die ist ja auch gar nicht Teil der Germanistik.

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Alexander Diehl
Redakteur taz nord
Wollte irgendwann Geisteswissenschaftler werden, ließ mich aber vom Journalismus ablenken. Volontär bei der taz hamburg, später auch mal stv. Redaktionsleiter der taz nord. Seit Anfang 2017 Redakteur gerne -- aber nicht nur -- für Kulturelles i.w.S.
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12 Kommentare

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  • Ich bin hier etwas zu spät, aber vielleicht liest es doch noch jemand und möglicherweise ist das auch für die TAZ-Redaktion interessant (wobei ich davon ausgehe, dass Sie das schon kennen):

    Entgendern nach Phettberg.

    Es gibt ein schönes youtube-Video dazu. Kurz zusammengefasst geht es darum, die "lästige" Gendersternchenform durch ein y zu ersetzen. Aus dem/der Journalist*in wird dann das Journalisty. Liest sich flüssig, nimmt den ganzen besorgten Bürgern den Wind aus den Segeln und klingt darüber hinaus auch noch niedlich.

  • Schade. Schade. Schade.

    Start:



    “ Als es auf mein Germanistikexamen zuging, versuchte ich dem Kauderwelsch der modernen Linguistik zu entkommen und flüchtete mich auf das weniger einsturzgefährdete Terrain der historischen Sprachwissenschaft. Zu meinen Prüfungsschwerpunkten wurden folglich Themen, die meine Kommilitonen eher mit einem müden Lächeln quittierten: „Die Geschichte der deutschen Rechtschreibung“ und „Das System der starken Verben“. Bereut habe ich diese Entscheidung nie, und manche Erkenntnisse aus diesen Prüfungsvorbereitungen haben sich mir tief eingegraben.

    Warum zum Beispiel werden aus starken Verben irgendwann schwache? Warum geht „buk“ in den sprachhistorischen Tiefen verloren und wird zu „backte“? Und warum scheint es nicht abwegig, dass der Satz „Gestern scheinte die Sonne“ bald nicht mehr als gänzlich falsch erachtet werden dürfte? Die Antwort ist die: Ohne dass ihnen das in der Regel bewusst wäre, gehen die Sprecher einer Gemeinschaft den Weg des geringsten Widerstands. Sie tun das, was am einfachsten ist.



    Beim Präteritum die „te“-Endung zu benutzen ist ökonomischer, als einen Vokalwechsel (schwimmen – schwamm) vorzunehmen. Bezahlschranke!

    So wird’s mir immer verborgen bleiben.



    Wie es zu - schwimmte - kam - bei Winnie-the-Puh & Ruh - Übers. Harry Rowohlt - 🤫 -

    kurz - Wozu zu den Gender*** greifen!



    Liegt das Gute doch so nah. But.



    Die Hochreckübungen - weil sonst grad nichts von Belang ansteht - erheitern jedesmal. Vor allem.



    Wenn Scribenten Scribenten Scribenten nennen - wa. Zum Schwachwerden - 🤪



    Mit Schreiberlingen - geht’s auch. Gelle.

  • 'Nele Pollatschek, die sich als „Schriftsteller“ bezeichnet, äußerte Kritik an der Strategie der Sichtbarmachung des Geschlechtes im Deutschen und bezeichnet Gendern als „sexistisch“. Denn diese würde das Geschlecht des Bezeichneten permanent hervorheben und es zur wichtigsten Informationskategorie machen. Bei der Bezeichnung von Personen finde so außerdem eine Fokussierung auf die biologischen Geschlechtsmerkmale statt, die allein schon deshalb in den Fokus gerieten, um die korrekte Form zu finden.

    Pollatschek lehnt dies ab und schreibt: „Der Weg zu Gleichheit ist Gleichheit. Wer will, dass Männer und Frauen gleich behandelt werden, der muss sie gleich behandeln und das heißt, sie gleich zu benennen.“ Sie verweist auf die Situation in Großbritannien, in der man sich auch von feministischer Seite konsequent für das generische Maskulinum entschied und versuchte, es generischer zu gebrauchen, anstatt Geschlechterunterschiede hervorzuheben.

    Pollatschek vergleicht die Situation mit einem Henne-Ei-Problem: „Sind die Berufsbezeichnungen inhärent männlich und brauchen daher eine parallele weibliche Form, oder sind sie inhärent generisch und wirken nur deswegen männlich, weil sie historisch nur von Männern ausgeführt werden durften?“'

    de.wikipedia.org/w...enus-Sexus-Debatte

    • @Weber:

      Da hat sie sehr schlüssig und den Regeln der Logik folgend argumentiert. Diese gelten in dieser sexistischen Debatte aber nicht. Man kann also genau so gut beginnen mit Tauben Schach zu spielen.

    • @Weber:

      Fragen Sie mich nicht wer, aber da gab es schon Untersuchungen zum generischen Maskulinum, die gezeigt haben, dass sich fast alle einen Mann vorstellen, wenn man im generischen Maskulinum spricht. Sogar, wenn zum Beispiel von einer Berufssparte gesprochen wird, die weiblich dominiert ist. Die Aufgabe war eine Person zu zeichnen, die im generischen Maskulinum beschrieben wurde. Also ja, das Geschlecht anzugeben ist wichtig, um alle, die sich nicht als männlich identifizieren oder angesprochen fühlen nicht aus versehen unsichtbar zu machen. Leider herrscht unterbewusst immer noch die Annahme vor, dass nur Männer Großartiges zustande bringen können. Die Überaschung, wenn eine Frau etwas großartiges geschafft hat oder wichtig ist, ist immer noch sehr ausgeprägt. Das merke ich bei mir selbst auch noch häufig. Zuletzt war es bei einem Rätsel auf Englisch. Einer Sprache, der man sonst nachsagt nicht so ge-gendered zu sein wie andere Sprachen: "A father and his child fall victim to a car crash. The father dies immediately. The child is rushed to the hospital. There the doctor says: "I can't do this. This is my child". Ich habe viel zu langer darüber nachdenken müssen, ganz ehrlich zugegeben.

    • @Weber:

      "Bei der Bezeichnung von Personen finde so außerdem eine Fokussierung auf die biologischen Geschlechtsmerkmale statt"



      Da ist Frau Pollatschek offenbar schlecht informiert, Gender bezieht sich in Abgrenzung zu Sex eben nicht auf das biologische, sonder auf das soziale Geschlecht.

      • @Ingo Bernable:

        Diese Unterscheidung wird aber von einer intellektuellen Minderheit auf den Rest kaum überspringen.

        Ein weiterer, m.E. beachtenswerter Punkt, den Nele Pollatschek macht, ist hier noch nicht genannt worden: wenn man der Logik des "Sichtbarmachens" folgt, dann wird Gendern logischerweise zur Diskriminierung derer, die ihre Identität nicht primär durch Geschlecht (oder Gender) definieren, denn das Hervorheben des einen zieht zwangsläufig das Unsichtbarmachen des anderen nach sich.

        Als in einer binationalen Partnerschaft lebender Mensch kommt noch das Problem der Komplexität und entsprechend Lernbarkeit unserer Sprache hinzu.

        Natürlich dürfen wir uns als Gesellschaft dafür entscheiden, unsere Sprache "umzubauen". Nur darf das nicht aus einem Elfenbeinturm gegen den Willen der Mehrheit geschehen. Einige Kommentaren sprechen bereits von einer neuen Klassenkluft zwischen der intellektuellen "Elite", die den Rest miss- und manchmal sogar verachtet.

        Aus meiner Sicht ist es das und nicht die "Angst vor Veränderung", was für den meisten Widerstand sorgt. Die Menschen "zu ihrem Glück zwingen" zu wollen, sollte eigentlich ausgedient haben.

        • @mbert:

          "dann wird Gendern logischerweise zur Diskriminierung derer, die ihre Identität nicht primär durch Geschlecht (oder Gender) definieren, denn das Hervorheben des einen zieht zwangsläufig das Unsichtbarmachen des anderen nach sich."



          Interessanter Punkt. Aber wohin führt er? Müsste man demnach nicht umgekehrt den Versuch unternehmen Alternativen für all jene Sprachkonstrukte zu schaffen die genau das auch bei einem nicht-gendersensiblen Sprachgebrauch tun, also "der/die", "Herr/Frau", geschlechtsspezifische Berufsbezeichnungen, etc. Und wäre auch damit das Problem des unsichtbar machens des Nicht-Benannten noch immer nicht behoben weil Sprache ja nur deshalb funktioniert weil der Signifikant das Signifikat gegen andere Signifikate abgrenzt, die Benennung eines Dings also implizit immer auch die Nicht-Benennung aller anderen Dinge in sich trägt.



          "Nur darf das nicht aus einem Elfenbeinturm gegen den Willen der Mehrheit geschehen."



          Mein Eindruck ist eigentlich nicht, dass da irgendwer zu irgendwas gezwungen wird, sondern dass in konservativen und rechten Kreisen von FAZ (s.o) bis ins AfD-Spektrum eine massive Empörung darüber besteht, dass es Menschen gibt die den Ideen "aus dem Elfenbeinturm" aufgeschlossen gegenüber stehen.

          • @Ingo Bernable:

            Ich denke, mit der Diskriminierung ist es halb so schlimm - ich schrieb ja auch schon "wenn man der Logik des Genderns folgt". Daraus folgt letztlich ein "wenn schon, denn schon", und es macht deutlich, dass die aktuell im Gebrauch befindlichen Versuche einer "gendergerechten Sprache" letztlich an den von ihr selbst aufgestellten Postulaten scheitert.

            Da scheint mir die "traditionelle Sprache" besser als ihr Ruf: in dem Moment, wo sich alle einig sind, dass Ärzte, Lehrer, Geiseln oder Autoritäten zunächst einmal Menschen beliebigen Geschlechts bezeichnen, muss sich niemand diskriminiert fühlen. Schließlich ist ja auch für die "neuen Formen" ein Umlernen und eine bewusste Entscheidung notwendig, *:_ auf eine bestimmte Art zu verstehen. Dann lieber einfach.

            Bezüglich des Drucks finde ich schon, dass der existiert. Während es in den 1990er Jahren (wo ich selber noch genderte) war es vor allem noch eine private Entscheidung (und wurde auch entsprechend locker genommen).

            Heute sieht es schon etwas anders aus: in der Lokalpolitik und öffentlichen Einrichtungen wird zunehmend Gendern Vorschrift. In den Medien (Print, Radio, TV) gehört das unterschwellige "Glaubensbekenntnis" immer mehr zum guten Ton und wird ganz offen dazu verwendet, "das Volk" an die "neue Sprache" zu gewöhnen. Der öffentliche Raum vermittelt die Botschaft: egal, ob Ihr es wollt oder nicht, das Gendern kommt.

            Ich finde das problematisch. Wir haben hier zunehmend einen Kulturkampf zwischen einer intellektuellen, gut vernetzten Elite, die für ihre Überzeugung alle Ressourcen mobilisiert, über die sie verfügt und einer Bevökerungsmehrheit, die nicht annähernd im selben Maße Zugang zu derartigen "Betriebsmitteln" hat und von der Minderheit mehr oder weniger drastisch die Botschaft hört: "wir wissen besser, was für Euch gut ist, und wir entscheiden das letztlich auch für Euch".

            Wo die Kräfte rechtsaußen angesprochen wurden: sind es nicht gerade Dinge wie das, die die Leute in die Arme derer treiben, die

            • @mbert:

              Aber woran machen sie fest, dass der Umstand, dass sich das Gendern zunehmend durchsetzt eben keine 'natürliche' Veränderung des Sprachgebrauchs ist, sondern etwas aufoktroyiert? Die Beobachtung, dass eine solche Veränderung in progressiveren Kreisen eher adaptiert wird als in konservativen ist ja eigentlich nur naheliegend.



              Vor Allem aber möchte ich mal ein sehr großes Fragezeichen an die Aufteilung von 'den Medien', 'den Intellektuellen' und 'den Eliten' einerseits und den 'einfachen Leuten' aus dem 'urwüchsigen Volk' andererseits und dem dazwischen imaginierten "Kulturkampf" machen. Nicht nur weil das eine Argumentationsfigur ist die sich bei alten wie neuen Rechten größter Beliebtheit erfreut, sondern vor Allem weil sie wenig Substanz hat. Die Medien/Journalist*innen sind mitnichten Eliten, finanziell sowieso nicht und ihre einstige Gatekeeper-Funktion für den öffentlichen Diskurs ist durch Internet und Social Media auch erheblich geschrumpft. Und der Vorwurf 'die Medien' hätten irgendeine spezifische Agenda ist angesichts einer Presselandschaft die das politische Spektrum von ganz links bis ganz rechts abdeckt auch wenig überzeugend. Ähnliches gilt für die 'intellektuellen Eliten'; in einer Gesellschaft in der mittlerweile mehr als die Hälfte eine Jahrgangs einen akademischen Abschluss erreicht, macht es wenig Sinn diese Gruppe als vom Rest der Gesellschaft separierten Zirkel der den Kontakt zu den 'normalen' Menschen und Verhältnissen verloren hätte zu konzeptionalisieren.



              Das wesentliche Problem dabei das Gendern zur Agenda einer kleinen, manipulativen Gruppe von 'Verschwörern' zu erklären ist, dass damit der Versuch so zu mehr Geschlechtergerechtigkeit zu kommen a priori delegitimiert wird. Deshalb würde ich es für klüger halten, stattdessen wie in anderen Themenfeldern auch von divergierenden, aber dennoch legitimen Strömungen auszugehen, so wie es zB ja auch Leute gibt die sich mehr Sozialstaat wünschen und andere die lieber weniger Steuern zahlen würden.

              • @Ingo Bernable:

                Die "Eliten" würde ich stets in Anführungszeichen setzen wollen (habe ich das oben nicht gemacht? War ein Versehen!). Aber trotz Internet gibt es dennoch eine Kluft zwischen denen, die immer gehört werden können, wenn sie es wollen und denen, für die das nicht gilt.

                Bitte nicht falsch verstehen: ich vermute keine "Agenda", vielmehr handelt es sich dabei in den Medien um individuelle Entscheidungen der Einzelnen. Aber das Ergebnis ist das selbe: das Milieu, aus dem heraus das kommt, ist das einer Minderheit.

                Das ist keine "Verschwörung". Aber dass ein erheblicher "Erziehungsdruck" geschaffen wird, ist kaum abzustreiten, und der wird von der Mehrheit, die nicht gendert und nicht gendern wird, negativ aufgenommen. Da kommt dann das eine und das andere zusammen (und "moralische Überlegenheit", mit der Kritik oft delegitimiert wird, macht es nicht besser).

                Eine natürliche Veränderung ist das nur in einem bestimmten Milieu. Außerhalb ist das ein zunehmend so wahrgenommener Druck und die schon erwähnten "Erziehungsversuche".

                Die Linguistin Ewa Trutkowski erklärte einmal, dass sie dem Gendern keine Langlebigkeit zutraue, da natürlicher Sprachwandel eigentlich immer zu einer Vereinfachung hin führe, während das beim Gendern genau umgekehrt sei. Das deckt sich mit meiner Erfahrung: bei uns wird munter zwischen zwei Sprachen hin und her gewechselt, gewählt wird fast immer die, in der sich das, was man gerade sagen will, besonders gut ausdrücken lässt.

                Die Sprache gehört allen, und die, die die Art, wie wir sprechen, in eine bestimmte Richtung ändern wollen, müssen sich letztlich der Sprachgemeinschaft als Ganzer stellen. Ohne offenen Diskurs geht es nicht, und - so ist es in einer Demokratie - wenn eine Seite für eine gewünschte Änderung die Mehrheit nicht überzeugen kann, "gewinnt" der Status Quo.

                Dieses Prinzip durch den Zugriff auf Institutionen aushebeln oder umgehen zu wollen, ist letztlich Machtmissbrauch und wird auch von vielen genau als solcher wahrgenommen.

            • @mbert:

              [Fortsetzung:]



              ... den Leuten sagen: "die da oben interessieren sich nicht für Euch". Die intellektuelle Linke entfernt sich hier immer mehr von der Basis. Und ohne die Bereitschaft, mit den weniger intellektuellen und den weniger linken einen Diskurs auf Augenhöhe zu führen (und ggf. auch zu akzeptieren, dass die eigenen Thesen nicht mehrheitsfähig sind), wird sich die Spaltung in der Gesellschaft vertiefen, was der Rechten eine sehr bequeme Rolle verschafft. Ich halte das für sehr gefährlich.