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Verfahren gegen dozierenden PolizistenZu viel geklaut

Ein Kriminalbeamter dozierte an der Fachhochschule Altenholz und schrieb von seinen Studierenden ab. Nun hat ihn die Polizei abgezogen.

Diese Notizen dann vielleicht besser nicht dem Prof vorlegen: Po­li­zis­t:in­nen in Ausbildung Foto: Lino Mirgeler/dpa

Bremen taz | Nur wenige Tage nachdem die taz über den Plagiatsverdacht gegen einen Dozenten an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung (FHVD) in Altenholz berichtet hat, ist der betroffene Mann von der Dozentenliste der Fachhochschule gestrichen worden. Da es sich um den Fachbereich Polizei der Fachhochschule handelte, ist die Polizei Schleswig-Holstein direkt zuständig. Deren Pressestelle hat bestätigt, dass es ein laufendes dienstrechtliches Verfahren gibt. Die Abordnung des Kriminalbeamten an die Fachhochschule ließ sich offenbar unbürokratisch widerrufen.

Was das Fass zum Überlaufen brachte, war offenbar der Hinweis der taz auf ein zweites Plagiat. In einem ersten Fall – im vergangenen Jahr – hatte die Fachhochschule noch versucht, ihren Dozenten zu decken.

Eine studierende Kriminalkommissarin hatte damals Teile ihrer Hausarbeit in der Zeitschrift der Kieler Gewerkschaft der Polizei (GdP), Die Kriminalpolizei, unter dem Autorennamen ihres Betreuers Oliver Hintz entdeckt. Als sie ihn daraufhin anrief, soll er lediglich „herablassend und abfällig“ reagiert haben, wie er später auch selbst einräumen musste. Die Studentin ging daraufhin zum Dekan des Fachbereichs Polizei. Doch anstatt sie zu unterstützen, ließ der sie zu einem „Moderationsgespräch“ antreten.

Die Studentin wandte sich an eine Juristin der GdP, die ihr empfahl, eine Entschuldigung zu verlangen und eine Spende über 2.500 Euro an den Hilfs- und Unterstützungsfonds der Gewerkschaft. Unter diesen Umständen war dann auch die Studierende bereit, die Sache vertraulich zu halten. Hintz zahlte diese Summe aber nicht, woraufhin die GdP-Vertreterin den Fall in der März-2021-Ausgabe von Die Kriminalpolizei öffentlich machte – auch mit dem Hinweis, dass der betroffene Dozent in dem Gespräch behauptet hatte, es sei „an anderen Hochschulen gang und gäbe“, dass Dozenten und Dozentinnen die Arbeiten ihrer Studierenden unter ihrem Namen veröffentlichten.

Anstatt die Studentin zu unterstützen, ließ der Dekan sie zum Moderations­gespräch antreten

Seitens des Fachbereichs gab es vorerst keine Konsequenzen, es wurde etwa auch versäumt, andere Studierende aus aktuellem Anlass auf ihre Urheberrechte hinzuweisen.

Wie gering das Schuldbewusstsein des Dozenten war, der immerhin die Polizeianwärter in Ethik unterrichtete, wird auch daran deutlich, dass er im Februar 2021 in einer anderen Fachzeitschrift, der Kriminalistik, einen Aufsatz unter dem Titel „Der Tatort als Psychogramm des Täters?“ veröffentlichte. Auffällig daran ist: Einer seiner Studierenden hatte eine Bachelor-Arbeit unter dem Titel „Der Tatort als Psychogramm des Täters“ verfasst.

Die Bibliothek der Fachhochschule verwies, als die taz die Bachelor-Arbeit zum Vergleich ausleihen wollte, weiter an die Polizei Schleswig-Holstein. Und die sperrte die Arbeit daraufhin mit dem Argument, sie enthalte vertrauliche Inhalte: „Verschlusssache“. Wenige Tage später war der Dozent dann aus dem Lehrendenverzeichnis verschwunden – mindestens ein Hinweis darauf, dass auch der zweite Plagiatsverdacht von der Polizei für zutreffend gehalten wird.

Die Pressestelle der Fernuni Hagen teilte inzwischen mit, dass Herr Hintz sein Promotionsvorhaben an der dortigen Lehranstalt auf eigenen Wunsch vorzeitig beendet habe.

Die Fachhochschule Altenholz versucht derweil noch immer, denn Fall totzuschweigen. Im Unterschied etwa zu Niedersachsen, wo die Polizisten-Ausbildung an einer polizeilichen „Akademie“ stattfindet, hält die Polizei im Land Schleswig-Holstein große Stücke darauf, dass die Ausbildung an einer ordentlichen Fachhochschule stattfindet, an der folglich auch wissenschaftliche Standards gelten sollen.

Der Fall Hintz zeigt, dass dies nicht allen Dozenten, die von der Polizei dorthin abgeordnet werden, hinreichend klar ist. Und das scheint der Polizei in Schleswig-Holstein immerhin ausgesprochen peinlich zu sein.

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1 Kommentar

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  • Es ist leider etwas realitätsverschiebend, wenn man die Polizei bei etwas besonders hervorhebt, obwohl dasselbe in diversen anderen Bereichen zumindest nicht unüblich ist.