Kommentar von Nadine Conti über Mitbestimmung in Krankenhausfragen: Arroganz der Landesregierung
Nun haben die Bürger*innen des Heidekreises also doch für das Modell gestimmt, das ihre Kreispolitiker*innen favorisiert haben. Zwei Jahre lang wurde darum gestritten, weil die Bewohner*innen des Nordkreises Angst hatten, abgehängt zu werden durch den neuen Standort. Deshalb haben sie das Bürgerbegehren durchgedrückt – gegen erheblichen Widerstand aus der Politik, die vor allem um die Fördergelder des Landes fürchtete.
Krankenhausplanung ist ein ebenso komplexes wie verfahrenes Geschäft. Man braucht für moderne, leistungsfähige Krankenhäuser eine gewisse Größe – sonst lassen sich Fachabteilungen nicht refinanzieren und hochqualifiziertes Personal schwer anlocken. Auf der anderen Seite haben Bürger*innen ein berechtigtes Interesse an einer wohnortnahen Versorgung und fühlen sich in riesigen, anonymen Klinikkomplexen schnell verloren – vor allem wenn sie nur noch am Wochenende Besuch bekommen.
Und die heilsame Wirkung dieser letztgenannten Faktoren gehört natürlich zu den Dingen, die in unserem verkorksten Gesundheitssystem genauso chronisch vernachlässigt werden wie vernünftige Personalschlüssel in der Pflege und alles, was mit tragfähigen Arzt-Patienten-Beziehungen zu tun hat. Zu so entmündigten Patient*innen passt die Arroganz, die aus der Argumentation der Landesregierung spricht: Von emotionalen Debatten und Tragweiten, die Bürger*innen vor Ort nicht durchschauen, ist da die Rede.
Das ist vor allem drollig, wenn man sich den Umkehrschluss mal vor Augen führt: Bei gewählten Politiker*innen ist das also ganz anders? Die durchdringen mühelos den Irrsinn des deutschen Gesundheitswesens und sind nie in Versuchung, Politik für ihren Wahlkreis zu betreiben?
Wer solche Debatten je erlebt hat, wird daran ein paar Zweifel hegen. Niemand gibt gern etwas her. Die wenigsten Menschen schreien bei Veränderungen Hurra. Es ist der Job von Politiker*innen Entscheidungen gründlich zu diskutieren und zu begründen – genau dazu zwingt sie ein Bürgerentscheid. Das hat der Heidekreis gerade bewiesen.
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