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Konflikt um die Super LeagueDrohung für Fortgeschrittene

Die Uefa arbeitet seit Jahren an ihrer eigenen Entmachtung. Eine Super League kann sie wohl kaum verhindern.

Bald nicht mehr viel wert? Uefa-Chef Aleksander Ceferin mit dem Champions-League-Pokal Foto: Poolfoto UCL/imago

D ie moralische Brandmarkung erfolgte sofort. „Ein zynisches Projekt“ hat die Uefa, der europäische Fußballverband, in einer ersten Stellungnahme die geplante Gründung einer Super League genannt. Sie basiere auf dem Einzelinteresse weniger Klubs. Naiv wäre es allerdings zu glauben, es ginge in dieser Auseinandersetzung um einen Kampf zwischen den Guten und den Bösen.

Die Uefa hat schon 1992 die Grundlagen für ein Geschäftsmodell gelegt, das die Einzelinteressen der Großklubs über das Streben nach einem ausgeglichenen Wettbewerbs stellte. Denn diese hatten damals, allen voran Silvio Berlusconi, der Besitzer des AC Mailand, mit der Gründung einer Super League gedroht, sollte der Europacup der Landesmeister nicht reformiert werden.

Die Uefa konnte das verhindern: Der Kompromiss war die Gründung der Champions League. Eine Geldmaschine war geschaffen worden, deren Knöpfe die Uefa immer nur unter der Bedingung bedienen durfte, dass sie die Interessen der immer reicher und mächtiger werdenden Großklubs dabei berücksichtigte. Die ewige Drohung der Gründung einer Super League erhöhte stets die Reformbereitschaft der Uefa und die Profitmargen der erfolgreichen Klubs. Gewinner Olympique Marseille nahm im Premierenjahr 3,5 Millionen Euro ein, Bayern München zuletzt 135 Millionen.

Die radikale Kapitalisierung des Fußballs hat das Gefälle zwischen den europäischen Eliteklubs und den nationalen Durchschnittsvereinen sowie die Langeweile in etlichen Ligen groß werden lassen. Die Zuspitzung auf die eine europäische Spitzenliga droht die nationale Ligen zu kannibalisieren.

Übernahme der Geldmaschine

Es ist ein ungleicher Machtkampf. Die Uefa, die in der Vergangenheit immer mehr den Wünschen der Großklubs nachgegeben und an der eigenen Entmachtung mitgearbeitet hat, kann sich nun nicht mehr glaubhaft als Gegenspieler für ein anderes Modell präsentieren. Mit den Plänen für die reformierte Champions League, die am Montag verabschiedet worden sind, zeigt sich der europäische Verband sogar erstmals dazu bereit, die Qualifikation für den Wettbewerb nicht mehr allein an aktuelle sportliche Leistungen zu knüpfen. Den großen Vereinen soll so mehr Planungssicherheit zugesichert werden.

Die Super-League-Aspiranten möchten aber noch mehr. Großer Streitpunkt war zuletzt der Zugriff der Klubs auf die Vermarktung des Wettbewerbs. Nun wollen die Vereine an die Knöpfe der Geldmaschine.

Dass die Uefa nun angesichts der Super-League-Pläne Solidarität und Zusammenhalt beschwört, kann man für so zynisch halten wie die Bekundungen der Super-League-Gründer, in Pandemiezeiten mit dem Vorantreiben ihres Projekts auch nachhaltiges und solidarisches Wirtschaften im europäischen Fußball fördern zu wollen.

Der Uefa bleibt nicht viel mehr, als sich die Pläne der Super-League-Initiatoren in großen Teilen zu eigen zu machen oder sich in eine aussichtslose Konfrontation zu begeben. Die Drohung, den Spielern der Super-League-Vereine eine Teilnahme an den nationalen Ligen und der Europameisterschaft zu verbieten, wirkt hohl.

Sollte es die Uefa nun tatsächlich auf eine Eskalation anlegen, wäre das unklug. Die Vereine sind in der stärkeren Position. Die Stars, welche die großen Turniere zum Glänzen und Strahlen bringen, stehen bei ihnen unter Vertrag. Und ohne sie wird jedes Großturnier sportlich wie wirtschaftlich entwertet.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.