piwik no script img

Geschichte der JeckesJeckes-Museum in Israel gerettet

Deutschland beteiligt sich mit 1 Million Euro an dem Erhalt des Museums für Flüchtlinge vor den Nazis. Es wird in Haifa beheimatet sein.

Plakate und persönliche Dinge deutscher Juden im Jeckes-Museum im nordisraelischen Tefen Foto: Stefanie Järkel/dpa

Ein wichtiges Kapitel deutsch-israelischer Geschichte wird aller Voraussicht nach langfristig erhalten bleiben. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte am Mittwoch mit, dass sich Deutschland mit 1 Millionen Euro an der zukünftigen Finanzierung des Museums über die deutschen Juden in Israel beteiligen wird. Damit ist der Umzug der von der endgültigen Schließung bedrohten Institution in neue Räumlichkeiten gesichert.

Das Museum der deutschen Juden im nordisraelischen Tefen musste im vergangenen Jahr geschlossen werden, weil sich der bisherige Sponsor zurückgezogen hatte. Der Träger, die Vereinigung von Israelis mitteleuropäischer Herkunft, die vor allem Altersheime für die heute hochbetagten Einwanderer ins damalige Palästina aus den 1930er Jahren betreibt, sah sich nicht zu einer Finanzierung in der Lage und suchte in Deutschland nach Unterstützung.

Plakate, alte Bücher, Fotografien, persönliche Dinge, ja, ein ganzes, sehr kleines Heim, aufgebaut im Innern des Umzugscontainers aus Deutschland – das gab es bis vor Kurzem in dem Museum zu sehen. Es sind Erinnerungen an die Zeit der Emigration vor den Nationalsozialisten und des Neuanfangs unter schwierigsten Bedingungen in einem für die Neuankömmlinge unwirtlichen Land. Hinzu kommt ein Archiv mit den schriftlichen Hinterlassenschaften einer ganzen Generation. Dies alles drohte in unzugänglichen Magazinen zu verschwinden.

Der Verein der Jeckes, wie die Immigranten aus Deutschland in Israel genannt werden, zeigte sich über die Hilfe des Auswärtigen Amts hoch erfreut. „Wir sind optimistisch und glauben, dass dieser Betrag den Umzug des Jeckes-Museums an die Universität Haifa nachhaltig unterstützt“, heißt es in einer Erklärung. Schon im Vorjahr hatte das Auswärtige Amt 200.000 Euro zugesagt. Dennoch stand die Zukunft der Institution zuletzt auf tönernen Füßen.

Weitere Partner nötig

Das Haifa Center for German and European Studies unterstützt einen Neubeginn am dortigen Hecht-Museum und der Universität. Der Direktor des Haifa Centers, Stefan Ihrig, begrüßte die Berliner Entscheidung gegenüber der taz mit „großer Freude“. Man sei nun optimistisch, weitere Partner zu finden, um das Museum auf Dauer zu finanzieren. Museum und Archiv seien „wunderbare Angebote an die deutsche und israelische Öffentlichkeit und Wissenschaft“. Der Austauschdienst DAAD hat bereits die Finanzierung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters zugesagt.

Nach Angaben des Haifa Centers verschlingen Umzug und Umbaumaßnahmen rund 1,3 Millionen Euro. Für die jährlichen Betriebskosten in Höhe von rund 270.000 Euro wird noch Unterstützung benötigt, um ein Fortbestehen der Institution auf Dauer zu sichern. Deshalb würden weitere Sponsoren dringend gesucht.

Die Spende des Auswärtigen Amts erreicht das Jeckes-Museum in letzter Minute. Bereits zum Ende des Monats muss der Auszug aus den bisherigen Räumlichkeiten in Tefen erfolgen. Mit einer Wiedereröffnung in Haifa ist wegen der notwendigen Umbauarbeiten erst im Jahr 2023 zu rechnen.

Museum und Archiv dokumentieren den Beitrag der etwa 80.000 bis 90.000 deutschsprachigen Juden, die in den 1930er Jahren vor dem Naziregime nach Palästina geflohen waren, für den Aufbau der israelischen Gesellschaft. Die Jeckes galten lange als wenig geachtete Einwanderergruppe, auch, weil sie die Sprache des Feindes nutzten. Tatsächlich trugen sie ganz wesentlich zur Modernisierung Israels bei. Zugleich hielten viele der Jeckes nach dem Zweiten Weltkrieg ihre alten Verbindungen mit Deutschland aufrecht. Das mache sie, so schreibt das Auswärtige Amt, „zu wichtigen Brückenbauern zwischen Israel und Deutschland“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen