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Dritte Pandemiewelle in DeutschlandAstraZeneca wird wieder verimpft

Wegen stark steigender Infektionszahlen wächst der Druck, Lockerungen zurückzunehmen. Arztpraxen könnten früher eingebunden werden.

Vorbild: BaWü-Ministerpräsident Kretschmann wurde am Freitag mit dem AstraZeneca-Vakzin geimpft Foto: Marijan Murat/dpa

Berlin taz | Wie ernst die Lage derzeit ist, war daran zu sehen, wen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu seinem Freitagsauftritt in die Bundespressekonferenz mitgebracht hatte: den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, den angesichts seiner fachlichen Expertise viele derzeit lieber in Spahns Amt sehen würden. „Ich schätze seine Analysen“, sagte der Minister. Und auch Lauterbachs Auftreten machte deutlich, wie bedrohlich er die Situation sieht. Er verzichtete auf explizite Kritik an Spahn und betonte stattdessen: „Die Pandemiebewältigung ist keine Gelegenheit für Parteipolitik.“

Dabei gab es zumindest eine gute Nachricht zu verkünden: Die Impfungen mit dem Impfstoff von AstraZeneca, die Anfang der Woche wegen des Auftretens von gefährlichen Sinusvenenthrombosen gestoppt worden waren, gehen weiter. Die Europäische Arzneimittelbehörde hatte am Donnerstagabend ihre Position erneuert, dass der Nutzen des Impfstoffs weitaus höher sei als das Risiko. Sowohl Spahn als auch Lauterbach begrüßten diese Entscheidung ausdrücklich.

Lauterbach widersprach zudem der Befürchtung, dass das Risiko für jüngere Frauen besonders hoch sei. Dass ein Großteil der Thrombosen in dieser Gruppe aufgetreten sei, könne auch daran liegen, dass der AstraZeneca-Impfstoff vor allem dort eingesetzt wurde. Zunächst war er nur für Menschen unter 65 aus der höchsten Prioritätsgruppe benutzt worden – darunter waren viele weibliche Pflegekräfte.

Die Impfkampagne kann damit fast wie geplant weitergehen und in den nächsten Wochen an Tempo zulegen: Von zuletzt rund 1,5 Millionen soll die Zahl der wöchentlichen Impfungen auf rund 3 Millio­nen Anfang April und auf 5,4 Mil­lio­nen Ende April steigen. Das geht aus dem Beschlussentwurf für den Impfgipfel hervor, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Mi­nis­ter­prä­si­den­t*in­nen am Freitagnachmittag per Videokonferenz zusammenkamen.

Dort sollte auch entschieden werden, ab wann in Arztpraxen geimpft wird. Dem Entwurf zufolge könnte das auf die Woche nach Ostern vorgezogen werden, zunächst allerdings nur mit etwa 20 Impfungen pro Praxis und Woche. An der bisherigen Impfreihenfolge soll dabei weitgehend festgehalten werden.

Infektionen steigen exponentiell an

Deutlich schlechtere Neuigkeiten als beim Impfen gibt es bei der Entwicklung der Infektionszahlen: Mit im Wochenmittel rund 12.000 ist die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen innerhalb einer Woche um 33 Prozent gestiegen. „Das ist ganz deutlich exponentiell“, sagte der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts, Lars Schaade. Die Beschleunigung des Anstiegs gehe vor allem darauf zurück, dass die stärker ansteckende Mutation B.1.1.7 inzwischen für drei Viertel aller Infektionen verantwortlich sei.

Die Einführung der kostenlosen Schnelltests spiele beim Anstieg dagegen keine große Rolle. „Es ist gut möglich, dass wir vor Ostern eine ähnliche Lage haben wie vor Weihnachten“, warnte Schaade. Damals wurden über 25.000 Neuinfektionen pro Tag registriert. Auch auf den Intensivstationen steigt die Zahl der Covid-19-Patient*innen wieder.

Angesichts dieser Lage plädierte Lauterbach für die Rücknahme der bisherigen Lockerungen, und zwar möglichst kurzfristig. „Je früher man reagiert, desto kürzer wird der Lockdown“, sagte er. Auch Spahn äußerte die Erwartung, dass beim nächsten Bund-Länder-Gipfel am Montag Lockerungen zurückgenommen werden: „Alle Prognosen sagen uns, die Zahlen müssen runter.“ In Hamburg wurde bereits gehandelt: Nachdem der Inzidenzwert dort über 100 gestiegen ist, müssen Einzelhandel und Museen wieder schließen, Schulen und Kitas bleiben aber geöffnet.

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2 Kommentare

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  • Statistik ist als Instrument ewas für globalere Betrachtungen, für Stichproben, Kohorten, Populationen, den Impflingen als Einzelpersonen eher abstrakt erscheinende Kategorien, zumal sie die Einordnungen von Signifikanzniveaus und Bias i.d.R. nicht wissenschaftlich qualifiziert im Detail nachvollziehen können. Die Aussagen aus Berlin spiegeln das wider, Einzelbeobachtungen und - Schicksale sind nach Abwägung Teil der Empfehlung zum Prozedere. Eine präliminäre, diffizile Risikostratifizierung mit Maß, denn niemand kennt das "Rauschen" der inapparenten Fälle unerwünschter Wirkungen. Zwei Möglichkeiten dazu: Der Zusammenhang wird nicht entdeckt, weil die Meldungen zum Verdacht unterbleiben, aus verschiedenen Gründen. Zu Beginn der Pandemie berichtete mir ein hausärztlich tätiger Kollege, es seien ihm vermehrt Fälle von Herpes zoster, dt. Gürtelrose, und Myokarditis, dt. Herzmuskelentzündung, aufgefallen, damals gab es noch keine Impfstoffe gegen Covid-19. Unbedingter Rat: Meldung des Verdachtsfalles an das RKI. Die zweite Möglichkeit: Unterschwellige Verläufe von Ereignissen, die nur bei sehr genauer Betrachtung identifiziert werden können. M.E. ist die flächendeckende Mitwirkung der Hausärzt:innen im Setting der Impfstrategie wegen der Kernkompetenz vor Ort und in der persönlichen Betreuung die abzuleitende Schlussfolgerung. Das schließt den Hausärzt:innenbesuch daheim unbedingt als Option in allen Phasen ein. Dann brauchen die wissenschaftlich tätigen Patholog:innen nicht am Ende ihre Kompetenz zu Morbidität und Mortalität im Retrospektrogramm einzubringen.

  • Also. Vorgezogene Osterferien fuer alle auch alle nicht essentiellen Büro und Fabrikgemeinschaften. Großfamilientreffen dann im Sommer wieder oder wenn Oma endlich geimpft ist.