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Mehr Transparenz bei LobbyistenLobbyregister kommt

Die große Koalition einigt sich doch noch auf ein Lobbyregister. Allerdings kommt es wegen der Union nur in abgespeckter Form.

Ein Lobbyregister soll mehr Transparenz schaffen, welche Lobbyisten im Bundestag verkehren Foto: Herbert Knosowski/ap

Berlin taz/afp | Es dürften die Vorwürfe gegen den Fraktionsvizechef der Union, den CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein, gewesen sein, die der Sache zuletzt noch einmal einen Schub verliehen haben. Nach monatelangem Ringen haben sich die Fraktionen von CDU/CSU und SPD auf die Einführung eines Lobbyregisters geeinigt. Die Pflicht zur Registrierung soll für Lobbyarbeit bei Bundestagsabgeordneten, Fraktionen und Bundesregierung gelten, wie beide Seiten bestätigten. Das Ziel: Die Arbeit von Lobbyisten transparenter zu machen.

Diese müssen sich demnach vor Kontaktaufnahme künftig in ein Register eintragen und Angaben zu ihrem Arbeit- oder Auftraggeber, zur Anzahl der Beschäftigten und zu finanziellen Aufwendungen machen. In Ministerien sollen Treffen bis hinunter zum Unterabteilungsleiter einen Eintrag in das Register nötig machen. Das Lobbyregister soll digital beim Bundestag geführt werden und öffentlich einsehbar sein. Bei Verstößen droht demnach ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Ein sogenannter „exekutiver Fußabdruck“, also eine Nachverfolgung, wie und wo Lobbyisten versuchen, auf die Erarbeitung einzelner Gesetze Einfluss zu nehmen, ist in der Einigung nicht vorgesehen. Dieser Punkt war zwischen Union und SPD umstritten, die Union hatte blockiert. Das Lobbyregister, das nun noch im März vom Bundestag verabschiedet werden könnte, ist demnach ein klassischer Kompromiss. Die Union wollte ursprünglich in den Ministerien nur Kontakte zu Ministern und Staatssekretären durch das Register abdecken.

Obwohl sich die SPD beim exekutiven Fußabdruck nicht durchsetzen konnte, zeigt sie sich mit der Koalitionseinigung zur Einführung eines Lobbyregisters zufrieden. „Wir sind hartnäckig geblieben, das hat sich ausgezahlt“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Es sei ein „guter Tag für mehr Transparenz“.

Deutlich mehr gewünscht

„Mit der Einigung machen wir einen riesigen Schritt hin zu mehr Transparenz, dabei wird die Gesetzgebungsarbeit nicht mit unnötiger Bürokratie belastet“, so Patrick Schnieder, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag.

„Ob nach dem Fall Amthor oder jetzt mitten in der Masken-Affäre: Wenn es Druck und Kritik gibt in Sachen dubioser Einflussnahme, Lobbyismus und mangelnder Transparenz, ist die Koalition schnell dabei, Veränderungen anzukündigen“, kritisierte dagegen Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen. „Dass die SPD jetzt inmitten eines Skandals innerhalb der Union beim legislativen Fußabdruck einknickt, ist unverständlich. Damit unterhöhlt man doch die eigentliche Intention eines Lobbyregisters“, sagte Haßelmann der taz.

„Es ist gut, dass sich nach den zähen Verhandlungen und zahlreichen Lobbyskandalen nun endlich eine Einigung beim Lobbyregister abzeichnet, das ist lange überfällig und ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz“, sagte Timo Lange vom Verein Lobbycontrol der taz. Er betont aber auch, dass sein Verein sich „deutlich mehr gewünscht“ hätte. „Insbesondere, dass der exekutive Fußabdruck nun auf die lange Bank geschoben wird, ist enttäuschend.“

Auch die Organisataion abgeordnetenwatch.de ist alles andere als zufrieden. Der zuständige Mitarbeiter Roman Ebener sprach von einem „mehr als enttäuschenden Kompromiss“, nur um das Thema vor der Wahl aus der Welt zu schaffen. „So werden wir schon beim nächsten Lobbyskandal die gleichen Debatten führen.“

Am Fall Nüßlein hätte ein Lobbyregister allerdings wenig geändert. Gegen ihn wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken ermittelt. Laut Nüßleins Anwalt hält sein Mandant die Vorwürfe für nicht begründet.

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6 Kommentare

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  • & nochens - en detail - 🤑 - www.abgeordnetenwatch.de/

    “ …Union und SPD wollten mit diesem eiligen Entschluss wohl einer Aktuellen Stunde zuvorkommen, die die Opposition für Freitag anberaumt hat. Anlass ist der Korruptionsverdacht gegen den CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein wegen eines dubiosen Maskendeals. So war es schon im vergangenen Jahr: Erst die Amthor-Affäre setzte das Lobbyregister auf die Tagesordnung.

    Im Hintergrund scheint auch der aufziehende Wahlkampf eine Rolle zu spielen. Offensichtlich wollen die Koaltionsfraktionen das leidge Thema rechtzeitig aus dem Weg räumen - freilich ohne die Probleme bei der Regulierung von Lobbyismus ernsthaft anzugehen.

    Das Ergebnis ist ein Lobbyregister, das weit hinter europäischen Standards zurückbleibt und Lobbyaktivitäten zum größten Teil im Verborgenen belässt. Wir fordern ein Umdenken: Erste Priorität sollte es sein, Korruption so weit wie möglich zu erschweren. Effektive Lobbykontrolle und das Zurückdrängen von Interessenkonflikten tragen hierzu maßgeblich bei. Dieses Denken ist im Bundestag offensichtlich noch nicht angekommen.…“

    Verbot von Lobbyjobs durch Abgeordnete: Laut Grundgesetz soll bei Abgeordneten das Mandat im Mittelpunkt stehen. Doch einige Angeordnete nutzen ihre Stellung stattdessen für Lobby-Tätigkeiten gegenüber der Bundesregierung und verhelfen Unternehmen so einen exklusiven Zugang zur Politik. Mit dieser Doppelrolle muss Schluss sein: Lobbyjobs in der Wirtschaft müssen verboten werden.



    Offenlegung sämtlicher Lobbykontakte: Im Groko-Lobbyregister muss kein einziger Lobbykontakt offengelegt werden. Wer sich wann, mit wem, zu welchem Thema trifft, erfährt die Öffentlichkeit nicht. Das GroKo-Lobbyregister ist also nicht viel mehr als eine Namensliste - und die enthält auch noch zahlreiche Ausnahmen.



    Offenlegung der Beteiligungen von Lobbyist:innen an Gesetzen: In einer Demokratie muss nachvollziehbar sein, wie Gesetzte zustande kommen und wer darauf Einfluss nimmt.…ff

    • @Lowandorder:

      ff & Rest =>

      “… Wir fordern deshalb, dass veröffentlicht werden müssen, welche Interessensvertreter sich im Gesetzgebungsprozess eingebracht haben. Zudem sollte sichtbar sein, welche Abschnitte von Gesetzen von Dritten übernommen wurden.“

      Soweit mal - Immer gern! Nicht …griins!

  • RS
    Ria Sauter

    Was ist das für eine absurde Überschrift?



    Was hier auf den Weg gebracht wird, ist kein Lobbyregister. Es ist Augenwischerei, Veräppelung und sollte auch so benannt werden!

    • @Ria Sauter:

      Liggers - Aber. Aber.

      So benannt? Yes - anschließe mich. But.



      Benannt? Mach Bosse.



      Doch nicht in der Schwatz-Green Hyperpiper-Hauspostille. Wollnichwoll!



      Die machens doch nicht sich selbst die Preise kaputt.

      kurz - Brief&Siegel.



      Daßmer dort noch “den Druck der Straße - 🛑 “ - erLesen werden.



      Im “Linken Portal“ - 😂 - di taz - 👹 -

      Rein tonn katolsch warrn •

  • Na Servus

    Liggers. Allet für die Galerie •

    “ Auch die Organisataion abgeordnetenwatch.de ist alles andere als zufrieden. Der zuständige Mitarbeiter Roman Ebener sprach von einem „mehr als enttäuschenden Kompromiss“, nur um das Thema vor der Wahl aus der Welt zu schaffen. „So werden wir schon beim nächsten Lobbyskandal die gleichen Debatten führen.“ “ Indeed.

    Bin da dabei & …anschließe mich. Have a look =>



    www.abgeordnetenwatch.de/



    & btw & entre nous -



    (Wennse Schwierigkeiten haben mit SchuheAusziehn?! - 🤫 -



    Da wird Sie geholfen - 😱 - !;)

  • Vielleicht ist es ja zu viel zu erwarten, daß Politiker ihre Pfründe freiwillig aufgeben.

    Frau Klöckner und Herr Scheuer, um nur zwei zu nennen, werden weiterhin Wege finden sich mit Industrievertretern abzusprechen. Man kann ja nicht alle Politiker 24 Stunden unter Überwachung stellen.

    Ob sich Leute auf der Parkbank, im restaurant oder im Budestag trefen ist unerheblich. Auch der schriftliche Austausch läßt sich digital und diskret regeln.